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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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stand an einem Ende des Tischs. Es duftete intensiv nach gewürztem Fleisch, Kohl und irgendetwas unbestimmt Russischem, das Knut nicht identifizieren konnte. Es erinnerte ihn entfernt an den Geruch eines in Schweinefett ausgebratenen Pfannkuchens – süßer Teig und Frittierfett. Er wandte sich ab und fürchtete einen Moment, dass die Übelkeit ihn übermannen könnte.
    Der Konsul breitete die Arme aus und hielt vor der Mahlzeit in einer Mischung aus Russisch und Norwegisch eine kleine Rede. Seiner Ansicht nach war der formelle Teil des Programms vorbei. Der Dolmetscher trippelte umher und schenkte Wodka in kleine Gläser. Am besten nicht alles auf einmal hinunterkippen , ermahnte sich Knut und legte mit dem Wodkaglas am Mund den Kopf in den Nacken. »Tirpitz«, sagte er.
    Der Dolmetscher und der Konsul lächelten begeistert und erwiderten den Toast. Knut bemerkte, dass beide immer wieder auf die Tür zum Vorzimmer schielten. Der Tisch war für vier Personen gedeckt. Offensichtlich sollte der Direktor der Zeche ebenfalls teilnehmen.
    Die Gläschen wurden erneut eingeschenkt. Der Konsul verfügte über einen unerschöpflichen Vorrat an pikanten und mehr oder weniger witzigen Anekdoten aus seiner Zeit auf Spitzbergen – über Ny-Ålesund und den Besuch wichtiger Persönlichkeiten in Barentsburg oder von eigenen Erlebnissen in Longyearbyen. Schließlich waren aber auch seine Möglichkeiten erschöpft.
    Knut nippte gedankenverloren an seinem zweiten Gläschen mit dem starken Schnaps und spürte, dass es ihm allmählich besser ging.
    Es war Zeit, zurück nach Longyearbyen zu fliegen. »Wann rechnen Sie mit der Ankunft des Hubschraubers? Haben Sie Funkkontakt mit dem Piloten?«
    Der Konsul verschwand ins Vorzimmer zu seiner Sekretärin. Nach ein paar Minuten kehrte er mit einem Stapel Papier in den Händen zurück. Seine Miene hatte etwas von ihrem teddybärhaft-jovialen Ausdruck verloren.
    Der Dolmetscher übersetzte die Antwort des Konsuls. »Unsere Funkstation in Heerodden hatte Kontakt mit Spitzbergen Radio«, sagte er. »Der Helikopter der Regierungsbevollmächtigten befindet sich noch immer in Nordostland. Es wird daher noch ein paar Stunden dauern, bevor Sie abgeholt werden können. Der Konsul schlägt vor, dass wir den Papierkram vor dem Essen erledigen. Außerdem warten wir noch auf Direktor de Rustin. Leider wird er durch geschäftliche Umstände aufgehalten.«
    Knut nahm die Papiere entgegen und setzte sich ans Ende des Konferenztischs. Der Konsul lächelte und reichte ihm einen Kugelschreiber. »Alle Details sind in Ordnung. Die Erläuterung eines Arbeitsunfalls. Wir haben bei den Formulierungen die norwegischen Bestimmungen beachtet. Die Kohlebergwerksvorschriften für Spitzbergen, nicht wahr?«
    Die Dokumente lagen in doppelter Ausführung vor ihm. Sie enthielten einen Obduktionsbericht auf Russisch, den man aber auch ins Norwegische übersetzt hatte. Knut las ihn sorgfältig, was nicht lange dauerte: Er war auffallend kurz.
    Der Verstorbene, Ivan Sergejewitsch Makanin, hatte gerade seinen dreiundfünfzigsten Geburtstag begangen. Er war als Steiger der Trust Arktikugol Grubenanlage in Barentsburg angestellt. Durch einen Unfall, der nicht weiter ausgeführt wurde, fiel er in einen Zementmischer, den er durch einen weiteren unglücklichen Zufall selbst in Gang gesetzt hatte. Als Todesursache wurde Tod durch Ertrinken in flüssigem Beton angegeben. Die Verletzungen an Knien, Knöcheln und Füßen hatte sich der Tote durch die spiralförmig am Boden der Maschine befestigten Messer zugezogen, die dazu dienten, die Sandmengen mit dem in den Behälter fließenden Wasser zu vermischen. Die Messer waren nicht sonderlich scharf, die Verletzungen resultierten eher daher, dass der Verstorbene versucht hatte, entgegen der Rotationsrichtung aus dem Behälter zu klettern. Am Ende hatte der Zement den Kopf erreicht, der Verstorbene erstickte. In dem Bericht stand nichts über die Verletzungen an den Händen.
    Und noch ein weiteres Dokument lag vor ihm, diesmal sogar in vierfacher Ausführung. Der kurze Text, russisch und norwegisch auf einer Seite, hielt fest, dass ein Vertreter der Regierungsbevollmächtigten auf Spitzbergen den Unfallort zusammen mit den offiziellen Behörden und der Leitung des Kohlebergwerks in Barentsburg inspiziert und er den Verstorbenen gesehen hätte. Außerdem sollte Knut mit seiner Unterschrift bestätigen, dass die Informationen im Obduktionsbericht des Arztes mit den Spuren am Unfallort und

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