In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
handfeste Beweise für den Quotenbetrug.«
»Über welchen Betrag reden wir eigentlich?« Nach zahlreichen Arbeitstreffen von Küstenwache und Regierungsbevollmächtigten kannte Anne Lise Isaksen das Problem der illegalen Fischerei in der Barentssee, doch auch für die anderen Teilnehmer der Besprechung konnte es sinnvoll sein, einen Einblick in den Umfang des Fischereibetrugs zu bekommen.
»Tja, das ist nicht so einfach auszurechnen, da alles illegal vor sich geht und der Fisch aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Kontinent geschmuggelt und dort an der Schwarzmarktbörse verkauft wird. Aber wenn wir von hunderten Millionen Kronen sprechen, liegen wir vermutlich nicht falsch. Momentan wird wahrscheinlich ebenso viel Fisch geschmuggelt, wie aufgrund der zwischen den Ländern vereinbarten Fangquoten legal umgesetzt wird. Wir müssen diese Praktiken unterbinden, sonst gibt es bald keinen Kabeljau mehr in der Barentssee.«
Tom Andreassen sah sich den Kommandeurkapitän an. Kapitän der Küstenwache ist doch eigentlich ein schöner Job , dachte er. Schiffe und Hubschrauber bei international wichtigen Operationen zu kommandieren, statt durch die Flure des Büros der Regierungsbevollmächtigten zu schlurfen und sich mit irgendeinem Fall von Rentier-Wilderei in der Tundra zu beschäftigen .
»Können wir bei dieser Operation irgendwie behilflich sein?«, fragte er.
Der Kommandeurkapitän wandte den Blick zur Karte. »Eigentlich nicht. Das Küstenwachtschiff ›Andenes‹ ist auf dem Weg zu dem Frachtschiff an der Bäreninsel, und das Küstenwachtschiff ›Senja‹ ist schon bald an der letzten angegebenen Position der Trawler nördlich von Spitzbergen. Wir haben zwei Helikopter an Bord jedes Schiffes, beide sind auch für Flüge bei Dunkelheit zugelassen. Selbstverständlich halten wir euch über die Entwicklung auf dem Laufenden … und wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Raum für unsere Besprechung nutzen durften.« Der Kapitän wirkte für einen Moment ein wenig verlegen. Er hatte sich eben etwas überlegen müssen, warum er die Regierungsbevollmächtigte um Hilfe bitten konnte … einfach aus Gründen der guten Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behörden.
An der Nordseite Spitzbergens war es zu dieser Jahreszeit dunkel und einsam. Der Kapitän des Trawlers »Arktos« war daher erleichtert, als er die Lichter der anderen Trawler sah. Er befahl langsame Fahrt in ihre Richtung, wollte sich aber gleichzeitig nicht allzu weit nach Norden auf das Eis zubewegen. Von Zeit zu Zeit hob er das Fernglas an die Augen und murmelte grimmig: »Was zum Henker … nein, was treibt dieser Idiot denn da?«
Die »Arktos« fischte mit dem Schleppnetz nur nach Kabeljau und fast ausschließlich in der Barentssee. Sie waren ausgerüstet, um auch nach Krabben zu fischen, aber der Kapitän wollte den Fang nicht mischen. Außerdem waren die Laderäume des Schiffs voll. Das Deck war aufgeräumt und seeklar. So weit nördlich glaubte der Kapitän nie dem Wetterbericht, er erwartete Sturm.
Die Zusammenarbeit zwischen den drei Trawlern wurde ausschließlich vom Gewinn diktiert. Die Kapitäne kannten und mochten sich nicht, und auch auf die Mannschaften hatte diese Haltung abgefärbt. Mit Ausnahme der Fahrt zu dem Frachtschiff waren sie Konkurrenten und blieben für sich.
Die Laderäume des kleinsten der drei Fischtrawler waren nicht voll. Der Kapitän der »Ishav« ärgerte sich, dass er östlich von Edgeøya den erfolgreichen Kabeljaufang abbrechen musste. Aber er konnte nichts dagegen unternehmen. Der Kapitän der »Arktos« hatte den Befehl, er bestimmte, wann der Fang überführt wurde. Und er hatte Recht – denn eigentlich war es fast zu spät, um zu dieser Jahreszeit noch durch die Hinlopenstraße zu laufen. Vermutlich war es die letzte illegale Lieferung in diesem Jahr. Im Augenblick lagen sie hier, vergeudeten Treibstoff und warteten aufeinander, überlegte der Kapitän des kleinsten Trawlers. Da konnte man doch auch die Krabbennetze auswerfen und noch einen kleinen zusätzlichen Fang einfahren.
»Hast du diesen Idioten gesehen!«, schimpfte der Kapitän der »Arktos« und verfolgte die Aktivitäten durch sein Fernglas. »Da, jetzt holen sie endlich das Netz ein.« Er ging auf den Steuermann zu und übernahm das Ruder. »Funk sie an. Das ist ihre letzte Chance. Entweder sie machen den Trawler seeklar und folgen uns, oder sie müssen allein zurechtkommen.«
Der Steuermann hatte das Funkgerät noch nicht in der Hand, als sie
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