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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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auf der rechten Wange sah man einen dunklen Fleck unter dem Auge. An jeder Hand hielt sie ein Kind. Die beiden, ein Mädchen und ein Junge von etwa vier und sechs Jahren – Cunrat konnte mangels Erfahrung nicht gut einschätzen, wie alt Kinder waren – schauten mit großen Augen zu ihm hoch.
    »Willst du wissen, wie es weitergeht?«, fragte Gretli.
    »Was?« Cunrat wusste nicht, was sie meinte.
    »Das schöne Gedicht! Meine Herrin, die Frau Tettikoverin, hat es mir vorgesagt. Was da steht, ist nur der Anfang. Wenn du möchtest, sage ich dir auch den Rest.«
    »Ja ja«, meinte er nur, denn er kannte sich nicht gut aus mit Gedichten, und sie interessierten ihn auch nicht besonders. Doch da sah Gretli ihm eindringlich in die Augen und sagte – nein, sie sang es fast, sodass plötzlich alle Umstehenden ihr zuhörten:
    »Dû bist mîn,
    ich bin dîn.
    Des solt dû gewis sîn.
    Dû bist beslozzen
    in mînem herzen;
    verlorn ist das sluzzelîn:
    dû muost ouch immer darinne sîn.«
    Cunrat verstand die Botschaft, er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, während die Kinder in die Hände klatschten.
    »Gretli, ich helf dir das Schlüsselin suchen!«, sagte eifrig das kleine Mädchen, und Cunrat musste lachen. Vor allen Leuten traute er sich nicht, Gretli zu umarmen, so strich er ihr ungeschickt mit der Hand über den Ärmel, um sie wenigstens ein klein bisschen zu berühren.
    »Gretli, wer ist der große Mann mit der großen Nase?«, fragte da der Junge.
    Gretli lachte, und Cunrat schnitt den Kindern eine Grimasse, dann sagte sie: »Das ist Cunrat, der Bäcker, der uns jeden Tag das gute Brot macht. Cunrat, das sind Hans und Anna Tettikover. Den kleinsten Tettikover, Fränzli, hast du ja schon kennengelernt. Den haben wir oben in der Wiege gelassen.«
    Cunrat musste lächelnd an die Christnacht denken, in der Franz Tettikover das Christkind bei den Franziskanern gewesen war, und er mit ihm Gretli wieder gefunden hatte. Er deutete eine Verbeugung vor den Kindern an, doch die schauten plötzlich abweisend.
    »Cunrat? Der Bäcker?«
    »Der dich zum Weinen gebracht hat?«, fragte der Junge. Er zog sein kleines Holzschwert aus dem Gürtel. »Soll ich ihn fordern, Gretli?« Und mutig wollte er sich auf Cunrat stürzen, dem er nicht einmal bis zum Hintern reichte. Doch Gretli hielt ihn lachend zurück.
    »Mach dir keine Sorgen, Hänsli, jetzt weine ich nicht mehr! Aber ich danke dir für deinen Kampfesmut!«
    Nicht ganz überzeugt steckte der Junge das Schwert wieder ein, und Cunrat sagte beschämt und ein wenig verlegen: »Keine Angst, Hänsli, sie wird nie mehr weinen. Ich werde sie ab jetzt beschützen.«
    Dann fiel ihm etwas ein.
    »Bitte, Gretli, sag mir doch, was dort bei den Monaten steht!«
    Sie gingen auf die andere Seite des Saales und schritten langsam die Reihe der Monate ab. Gretli las Cunrat, den Kindern, aber auch den anderen Knechten die Verse vor, die in geschwungenen Bändern die Medaillons begleiteten. Alle lauschten so andächtig, als ob sie in der Kirche wären.
    Der Jenner bin ich genant / Groß trunck sint mir wol bekant.
    Und wirklich sah man einen Mann, der aus einem Krug trank.
    Der Hornung haiß ich / Gestu nackent, es gereut dich.
    Da quietschten die Kinder los.
    »Gehst du nackend! Bei der Kälte! Hihihi!«
    Ich bins, gehaißen Merz / Den Pflug ich aufsterz.
    »Gretli, was heißt ›den Pflug aufsterz‹?«, wollte Anna wissen.
    »Das heißt, der Pflug wird aufgestellt, hergerichtet, damit man die Felder umpflügen kann.«
    Das kleine Mädchen schaute skeptisch, offenbar wusste es nicht, was ein Pflug war.
    Ich, Apprill, zu rechtem Zil / Die Weinreben beschneyden wil.
    Das Schneiden der Reben hingegen kannten die Kinder, denn auch Tettikover besaß einen Weinberg vor der Stadt, zu dem sie mit der Mutter schon hinausgefahren waren.
    Hie fahr ich her, stolzer May / Mit zartten Blümblein mancherlay.
    Ein junger Edelmann reichte einem vornehm gekleideten Mädchen einen Blumenstrauß.
    »Gretli, das bist du, und das bin ich!«, sagte der Junge, auf die beiden Personen zeigend.
    »Da hast du ja einen schönen Kavalier!«, scherzte Cunrat, was Hänsli mit einem zornigen Blick quittierte.
    Der Brachmond bin ich genant / Der Pflug mus in mein Hand.
    »Siehst du, Anna, jetzt ist der Bauer mit dem Pflug auf dem Acker!«
    Welche Ochs nu zihen wil / Dem wil ich geben Heus vil.
    »Zwei Ochsen!«, zeigte Hänsli an. »Und der hier zieht! Der bekommt viel Heu.«
    Nu wolauff in die Ährn / Die schneiden

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