In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
genommen und geweint, denn sie hatte den beiden bei ihrer Flucht geholfen. Dann hat sie mir geschildert, wie sehr Pina um mich getrauert und dass sie keinen Lebensmut mehr gehabt habe. Nur wegen Lucia sei sie fortgegangen, sonst hätte sie sich wohl noch hier in der Stadt das Leben genommen. Die gute Frau war voller Mitleid, und sie wusste, wohin die beiden gezogen waren, nämlich nach Pavia. Sie hat mich noch beschworen, der Deutsche – sie meinte Jakob Schwarz – dürfe nichts davon erfahren, dass sie den Frauen und mir geholfen habe, sonst sei sie ihres Lebens nicht mehr sicher. Da ich aufgrund meines Erlebnisses mit den Piraten wusste, zu welch teuflischen Taten mein Nachfolger fähig war, versprach ich ihr hoch und heilig, dass ich keinem Menschen ihre Komplizenschaft preisgeben würde. Dann bin ich mit dem Schiff nach Pavia gefahren. Dort erinnerte man sich an Pina, doch ich erfuhr nur, dass sie weiter gezogen war, mit dem fahrenden Volke, als Sängerin und …«
Mit zitternder Hand erhob er den Becher und trank ihn leer.
»Sie hatte eine wundervolle Stimme, meine Pina. Ich hab versucht, ihrer Spur zu folgen, und nach einigen Wochen hatte ich sie endlich gefunden.«
Er schenkte sich nach und trank gleich wieder leer.
»Auf einem Friedhof in Ferrara. Bei den Barfüßern. Die Brüder erzählten mir, dass die Frau am Fieber gestorben sei, und die Tochter ihr ganzes Geld dafür gegeben habe, dass sie ein anständiges Begräbnis und einen schönen Stein bekomme. Sie hatte in der Tat einen schönen Stein, meine Pina, wahrlich, einen schönen Stein.«
»Und Lucia?«
»Die Fratres haben mir berichtet, dass sie bei einem gutherzigen Mann untergekommen sei, der für sie sorgte. Als ich diesen nach ihr befragte, hat er gesagt, sie sei eben erst als Sängerin mit einer Gruppe von Fahrenden zum Konzil nach Costentz gezogen. Und hier habe ich dann erfahren müssen, dass sie gar nicht mehr bei den fahrenden Leuten ist, sondern in einem Frauenhaus arbeitet.«
Offenbar wusste Simon Ringlin nicht, dass Lucia nicht freiwillig dort gelandet war, sondern von dem gutherzigen Mann aus Ferrara an Rosshuser verkauft worden war. Doch Cunrat sah keine Notwendigkeit, ihn hierüber aufzuklären.
»Aber sagt mir, warum glaubt Ihr, dass sie hier in Gefahr sei? Warum wolltet Ihr Euch nicht zu erkennen geben?«
Nach kurzem Zögern sagte Ringlin: »Ich hatte dir ja gesagt, dass hinter dem Piratenüberfall jemand sehr Mächtiges stecken muss. Das hat nicht Jakob Schwarz allein bewerkstelligt. Du musst wissen, Cunrat, in der Ravensburger Gesellschaft gibt es seit einigen Jahren Streit. Schlimmen Streit. Ich war vom guten Joß Humpis eingestellt worden, aber dessen Gegenspieler, Frick Humpis, lässt nichts unversucht, um ihm zu schaden. Er ist ein böser Mensch, dieser Frick, nicht umsonst sind die Hunde auf seinem Wappenschild schwarz, so schwarz wie seine Seele. Jakob Schwarz ist sein Mann, nomen est omen, und er hat sogar einige Mitglieder der Familie Muntprat hier in Costentz auf seine Seite gebracht. Deshalb bin ich so auf der Hut und hab mich Lucia nicht gleich genähert. Man kann nie wissen, wer von Frick gekauft ist und wer nicht!«
Cunrat nickte, er verstand. Und er fragte sich, ob der Mörder, der die Tettingers umgebracht hatte, wohl etwas mit der Handelsgesellschaft zu tun hatte. Aber Tettinger hatte nie von Kontakten zu den Humpis oder Muntprat berichtet, und seine Schänke war auch keine gewesen, in der so hohe Herren verkehrt hätten. Allerdings stand das Wohnhaus der Muntprats ebenfalls am Oberen Markt, nicht weit von der Haue entfernt. Hatte Tettinger seine Nachbarn doch näher gekannt?
Da fuhr Ringlin fort: »Außerdem sind viele Mailänder hier beim Konzil. So wie ich damals zahlreiche geschäftliche und private Kontakte hatte, so wird wohl auch Jakob Schwarz sie haben. Und wenn einer von seinen Kumpanen Lucia wiedererkennt, dann wird seine Rache vielleicht auch sie treffen. Einer meiner ehemaligen Freunde ist ihr schon zum Opfer gefallen.«
»Hier in Costentz?«
»Ja, mein Lieber, auch du warst bei seiner Beerdigung. Ambrogio, der mit Ser Martino nach Costentz gekommen war.«
»Der Übersetzer!«
»Ja, der. Kanntest du ihn näher?«
Cunrat wurde verlegen, weil er daran denken musste, wie er Ambrogio auf dem Abort der Haue kennengelernt hatte.
»Nicht soo nah«, antwortete er nur. »Er war ein Freund von euch?«
»Ja, ein Freund. Ein feiner Mensch.«
»Warum glaubt Ihr, dass der Ravensburger an seinem Tod
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