In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Grieswärtel und seine Knechte liefen herbei, um dem gefallenen Ritter auf die Beine zu helfen, in der Annahme, dass er dies wegen des Schocks und der schweren Rüstung nicht allein schaffen würde.
Doch plötzlich standen die Knechte auf, und in ihren Gesichtern zeigte sich Entsetzen. Die Zuschauer konnten zunächst nicht verstehen, was auf dem Feld gesprochen wurde, aber dann lief der Grieswärtel zur Haupttribüne, um Bericht zu erstatten, und von dort verbreitete sich die Nachricht wie eine Welle rund um den Turnierplatz: »Er ist tot!«
»Oh, mein Gott, der König!«, flüsterte Giovanni.
*
Poggio Bracciolini an Niccolò Niccoli, am 20. März, dem Mittwoch vor Sankt Benedikt, im Jahre des Herrn 1415
Ich, Poggio, sende Dir, meinem Niccolò, einen entsetzten Gruß!
In den letzten Tagen wurde heftig gestritten darüber, wie das Konzil weitergehen solle, Johannes hat vorgeschlagen, die Kirchenversammlung nach Avignon zu verlegen, weil ihm Costentz zu klein, das hiesige Klima zu schlecht und die Turniere zu lärmig seien, doch es wurde entschieden, das Konzil in Costentz zu belassen. Dennoch waren viele Prälaten schon heimlich abgereist, weshalb der König zeitweise die Stadttore schließen ließ, was wiederum Johannes zu heftigem Protest veranlasste, und schließlich beschloss der Generalausschuss des Konzils auf Antrag von Kardinal Fillastre, in Nizza eine Zusammenkunft zum Rücktritt aller drei Päpste zu organisieren. Diese sollten sich jedoch durch Prokuratoren vertreten lassen, weil man fürchtete, ein direktes Zusammentreffen der drei Prätendenten würde womöglich ein schlimmes Ende nehmen. Johannes weigerte sich zunächst, Prokuratoren zu ernennen, er bestand darauf, persönlich nach Nizza zu reisen, aber nach vielen weiteren Diskussionen und Streitgesprächen zwischen Generalausschuss, Nationen, Kardinälen, König und Kurie hat er sich heute überraschend bereit erklärt, seine Vertreter für die Verhandlungen mit den Gegenpäpsten in Nizza zu ernennen. Die Konzilsversammlung reagierte sehr erfreut darauf, doch ich glaube, dass der alte Fuchs immer noch auf Flucht sinnt, ich traue ihm nicht. Im Augenblick sind wir päpstlichen Schreiber vor allem damit beschäftigt, die Eingaben von Adligen und Klerikern zu bearbeiten, die sich noch rasch ihre Privilegien und Pfründen sichern oder bestätigen lassen wollen, bevor Johannes endgültig abgesetzt wird. Wir stellen ihnen saftige Rechnungen aus, sodass die päpstliche Kasse gut gefüllt ist. An Freuden ist bei dieser Arbeit nicht viel geboten.
Daher sagte ich nicht nein, als Herzog Friedrich von Österreich, der Generalkapitän der päpstlichen Truppen, die ganze Kurie einlud, einem Turnier beizuwohnen, das er zusammen mit dem Schwager des Königs, Graf Friedrich von Cilli, am heutigen Mittwoch vor den Toren der Stadt ausgerichtet hat. Der Sieger des Gestechs sollte 50 goldene Ringe erhalten.
Um die zehnte Stunde begaben wir uns zum Turnierplatz vor der Stadt. Johannes blieb mit wenigen Wachen in der Pfalz zurück, er sagte, er sei krank, und ohnehin pflegt er eher am Tage zu schlafen als in der Nacht.
Es schien zunächst auch alles ganz angenehm zu werden, wir saßen in der ersten Reihe, den Blick auf die Stadt gerichtet, die von hier aus mit der hohen Mauer und den vielen Türmen recht stattlich wirkte, und die Sonne verwöhnte uns mit frühlingshafter Wärme. Doch das Turnier begann mit dem Buhurt, und wir mussten feststellen, dass dafür unser Platz nicht ideal war, denn noch bis vor Kurzem hatte es geregnet, und du kannst dir vorstellen, was die Hufe der über 100 Ritter mit dem Felde anstellten und wem die Brocken um die Ohren flogen.
Etwas erfreulicher war dann das Spiel, bei dem die Knappen um einen großen Ball kämpften, den sie zwischen zwei Stangen hindurchbefördern mussten. Mir schien fast, dass das einfache Volk sich dafür am meisten begeisterte, vielleicht ist dies ja ein Spiel mit Zukunft.
Und dann kam die Tjost. Ein Kämpferpaar um das andere ritt gegeneinander an, jeweils nur mit einer Lanze, damit alle angemeldeten Ritter die Möglichkeit hatten, sich zu messen. Es war ein durchaus fesselndes Spektakel, jedenfalls so lange, bis der burgundische Graf Guillaume de Vienne gegen den Herzog Friedrich von Österreich anritt. Der Burgunder schien der Stärkere zu sein, doch beim zweiten Lauf zog er plötzlich die Lanze nach oben und wurde von seinem Gegner ohne Schwierigkeiten aus dem Sattel gehoben. Die Zuschauer schüttelten
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