In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
den Kopf ob des ungeschickten Kampfverhaltens des Unterlegenen, doch dann verkündete der Grieswärtel, dass er tot sei. Du kannst dir die Bestürzung vorstellen, die uns alle ergriff, denn normalerweise geht die Tjost mit ein paar Beulen zu Ende, und es kommt höchstens im Anschluss manchmal zu tödlichen Kämpfen, wenn die Besiegten ihren Bezwingern den Sieg nicht gönnen wollen.
Da ich in der ersten Reihe saß, konnte ich nicht an mich halten und lief zu dem Verunglückten hin, um zu sehen, ob er wirklich tot sei und was seinen Tod verursacht hatte. Und als ich seinen Brustpanzer etwas anhob, sah ich es: In seiner Brust steckte nicht die Spitze einer Lanze, was auch unmöglich gewesen wäre, denn die Turnierlanzen tragen ja nur Krönchen, welche zerbrechen und sich eben nicht in die Rüstung bohren. Nein, in seiner Seite steckte unterhalb der Achsel, beim liegenden Körper durch den Panzer dem Blick verborgen, ein Armbrustbolzen. Der arme Guillaume von Vienne war nicht seinen mangelnden Kampfkünsten, sondern einem Mörder zum Opfer gefallen, und meine Bestürzung wuchs noch, als ich sah, welcher Art der Bolzen war, der ihn getötet hatte. Es war ein Drehbolzen, mit Kupferblättchen am Schaft, genau wie derjenige, der den Mörder des Polen getroffen hatte. Der Schuss musste von der Stadtmauer gekommen sein, denn das Geschoss steckte in der linken Seite des Toten, die er bei seinem Ritt der Stadt zugewandt hatte, und er muss von einem unglaublich guten Schützen abgegeben worden sein, denn ihn in vollem Laufe tödlich zu treffen, war ein wahres Kunststück.
Der städtische Vogt Hanns Hagen kam rasch hinzu und versuchte, mich und einige andere zu vertreiben, die den Toten näher betrachteten. Allerdings war ich wohl der Einzige unter ihnen, der die wahre Todesursache bemerkt hatte. Ich hatte indes keine Lust, mich schon wieder mit dem Vogt auseinanderzusetzen, und so hob ich, als er sich neben mich kniete, nur kurz den Brustpanzer des Toten an und fragte, ob er den Bolzen wiedererkenne, bevor ich ihn seiner Arbeit überließ. Er erbleichte unter seinen flachsfarbenen Haaren und gab mir zu verstehen, dass er begriffen hatte, bat mich aber, niemandem etwas davon zu sagen, dann schickte er mich fort und ließ den Toten rasch in den Unterstand tragen, während er mit lauter Stimme verkündete, den burgundischen Ritter habe wohl wegen der vielen Sonne der Schlag getroffen.
Der Sieg des Österreichers wurde nicht anerkannt, worauf dieser ein saures Gesicht zog und den Turnierplatz verließ. So oblag es Sigismunds Schwager Friedrich von Cilli, das Turnier für beendet zu erklären und die Zuschauer nach Hause zu schicken.
Mein Gott, Niccolò, was geht in dieser Stadt nur vor? Was für ein Dämon treibt hier sein Unwesen? Und warum wurde diesmal ein Burgunder getötet? Stecken die Franzosen dahinter? War es Rache für Louis von Orleans, den der Burgunderherzog Johann Ohnefurcht hat ermorden lassen? Aber warum hätte der gleiche Mörder denjenigen töten sollen, der den Polen vergiftet hat? Was für eine Absicht steckt dahinter? Die Menschen in der Stadt reden schon wieder vom Teufel …
*
Es war noch stockdunkel, als die Glocken vom Münster Sturm läuteten. Die Bäcker schreckten auf, verwirrt und verkatert, denn ihre Nacht war kurz gewesen.
Die Nachricht vom Tod des burgundischen Ritters hatte sich nach dem Turnier wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet, allerdings schaffte es Hanns Hagen tatsächlich, die Ursache seines Todes geheim zu halten. Die Menschen schenkten seiner Aussage offenbar Glauben, dass der Ritter am Schlagfluss gestorben war.
Auch Giovanni und Cunrat erfuhren bald, dass der Anschlag nicht Sigismund gegolten hatte.
»Richental hatte recht, diese Information war wirklich nicht viel wert!«, kommentierte Giovanni, während Cunrat nur die Schultern zuckte.
Um die Zeit des Ave-Läutens war das Turnier ohne Sieger für beendet erklärt worden, und sie gingen mit der Menschenmenge in die Stadt zurück. Die Venezianer schoben das Ofenkärrlin und den Wagen mit dem abgebauten Verkaufsstand zu ihrer Unterkunft, während Giovanni, Cunrat und Ringlin in der Haue nachschauen wollten, ob sich hier nicht die Knechte des Ritters von End aufhielten.
»Der Ritter geht gewiss noch mit zu den Muntprats, und die wohnen gleich neben der Haue , da wird er wohl seine Knechte in die Schänke schicken. Und wenn wir sie genügend betrunken machen, werden sie uns vielleicht verraten, wo dieses Schwein Lucia
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