In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
auch diesmal ein heimlicher Besuch, aber der hatte nicht vor Hanns Hagen Angst. Der hatte vor jemand anderem Angst! Habt ihr gesehen, wie er sich umgeschaut hat? So als ob er fürchtete, der heimliche Besucher könnte ihn beobachten!«
Nun sahen auch die drei sich um, ob sie jemanden entdeckten, der wie ein Mörder aussah. Doch da war niemand, es saßen nur die üblichen Wachen, Handwerker, Kaufleute und Herbergsgäste da, nicht Jakob Schwarz, kein anderer Mailänder und auch sonst niemand Verdächtiger.
Da öffnete sich die Tür, und Poggio Bracciolini trat in die Schänke. Er wusste, dass sie hier saßen, und kam nun rasch an ihren Tisch.
»Nun, Herr Poggio, was hat der König gesagt?«
Poggio machte eine saure Miene.
»Gar nichts hat er gesagt. Man hat mich nicht zu ihm vorgelassen, es waren lauter wichtigere Leute bei ihm. Stellt euch vor, Friedrich von Österreich ist auf dem Weg nach Costentz! Er soll morgen hier eintreffen. Sein Vetter, Herzog Ludwig von Baiern, hat ihn überredet, die Gefolgschaft von Johannes aufzugeben und sich dem König zu stellen.«
»Herzog Friedrich kommt nach Costentz?«, fragte Giovanni aufgeregt. »Er begibt sich zum König? Dann wird er ja vielleicht verurteilt, und der König kann sein Versprechen einlösen, sich danach um den Ritter von End zu kümmern!«
»Mach dir mal nicht zu viele Hoffnungen, mein Freund, Sigismund ist nicht gerade berühmt dafür, dass er seine Versprechen hält.«
»Dann habt Ihr den König nicht warnen können?«, wollte Cunrat wissen.
»Nein, er glaubt ja, der Mörder sei gerichtet! Und nun wird er auch noch den Auftraggeber in seine Hände bekommen. Wovor sollte man ihn da noch warnen? Seine Leibwachen haben mich nur ausgelacht, diese ungarischen Barbaren!«
»Also müssen wir ihn beschützen!«, sagte Cunrat mit großem Ernst.
Giovanni antwortete missmutig: »Wenn er seine Versprechen nicht hält, müssen wir gar nichts für ihn tun.«
»Wie sollten wir ihn denn beschützen?«, hielt auch Simon Ringlin resigniert dagegen. »Vor so einem Mörder!«
»Was wissen wir denn überhaupt von diesem Mörder?«, fragte Poggio nun.
»Er ist böse«, antwortete Cunrat sofort.
»Und schlau.«
»Ein guter Schütze.«
»Ein hervorragender Schütze!«
»Dann kann es aber nicht Jakob Schwarz sein«, meinte Simon Ringlin nachdenklich. »Der war immer ein lausiger Schütze.«
»Falls der Gabelmörder und der Armbrustschütze ein und dieselbe Person sein sollten, muss er ohnehin schon seit Beginn des Konzils in Costentz sein.«
»Das glaube ich nicht, dass der Tod der Tettingers und von Ambrogio mit den Anschlägen auf Sigismund zu tun hat«, meinte Giovanni.
»Aber möglich wäre es schon«, entgegnete Simon Ringlin. »Damals in Mailand, da war es ähnlich. Der Mörder hat den Tod seiner Opfer auf unterschiedlichste Art inszeniert. Der eine war unter einen Wagen gekommen, ein anderer von einem Pferd unter die Hufe genommen worden. Wieder ein anderer war von Räubern erstochen worden. Und der Herzog Giovanni Maria Visconti ist angeblich bei einem Handgemenge mit Ghibellinen ums Leben gekommen. Aber all diese Opfer hatten zwei kleine Wundmale irgendwo am Schädel. Mein Freund Antonio Lorenzini war zu dieser Zeit Stadtarzt, er hat die Toten untersucht. Zuerst dachte er an einen Fledermaus- oder Schlangenbiss, doch die Position der Wunden schien ihm dafür zu ungewöhnlich. So kam ihm schließlich der Gedanke, dass jemand mit einer kleinen Gabel Gift in die Wunden geträufelt und die Opfer auf diese Weise in Schlaf versetzt haben musste, sodass er in Ruhe ihren Tod in Szene setzen konnte.«
»Und hat man je herausgefunden, warum er all diese Menschen umgebracht hat?«, fragte Poggio.
»Nicht offiziell, aber mein Freund und ich haben vermutet, dass das Hauptziel des Mörders von Anfang an der Visconti war und die anderen ihm wohl irgendwie dabei in die Quere kamen. Es wurde viel geredet damals, wer dahinter steckte. Alles spricht dafür, dass der Auftraggeber der Bruder des toten Visconti war, der jetzige Herzog Filippo Maria. Das durfte man natürlich nicht laut sagen, aber der hat am meisten profitiert.«
»Und nun hat er seine Gesandten geschickt, damit der König ihm den Herzogstitel bestätigt.«
»Ja, und genau deshalb ist es unwahrscheinlich, dass er Sigismund umbringen lassen wollte. Mit den Anschlägen hier hat der Visconti gewiss nichts zu tun. Aber die ganze Situation erinnert mich an damals.«
»Vielleicht hat ein anderer denselben Mörder
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