In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
beauftragt.«
»Nur wer?«
Sie überlegten hin und her, wer hinter den Anschlägen stecken könnte, der Deutsche Orden, die Venezianer, die Burgunder, doch sie fanden keine schlüssige Antwort. Also bestellten sie noch einen Krug Wein bei Sebolt Schopper, dann sagte Cunrat: »Was ich immer noch nicht verstehe, wenn der Mörder den König umbringen wollte, wieso soll er die Tettingers getötet haben? Und Ambrogio?«
»Vielleicht wussten sie etwas über ihn.«
»Bei den späteren Opfern, dem Polen und seinem Mörder, und bei dem Burgunder, hat man aber keine Wundmale gefunden«, wandte auch Giovanni ein. »Vermutlich war es doch nicht der gleiche Täter.«
»Da hatte er sich eben andere Todesarten ausgedacht, Gift und Armbrustbolzen.« Poggio tendierte zu Ringlins Theorie. »Dafür braucht man niemanden vorher in Schlaf versetzen.«
Doch Giovanni blieb weiterhin skeptisch.
Schließlich stand Simon Ringlin auf, um seine weingefüllte Blase zu erleichtern. Er blieb lang weg, und nach einer Weile bemerkte Cunrat: »Wenn Herr Ringlin recht hat, dann ist er selber bestimmt auch in Gefahr, weil er so viel weiß!«
Erschrocken sahen ihn die anderen an, dann begriff er und lief los, Giovanni und Poggio hinterher. Doch es war zu spät. Als sie zum Abtritt kamen, lag Simon Ringlin leblos am Boden. Auf der Treppe hörte man jemanden nach oben weglaufen, und während Poggio sich um Ringlin kümmerte, packte Giovanni eine Fackel, die neben der Aborttür in einer Halterung steckte, dann hasteten er und Cunrat die Wendeltreppe hoch, dem Unbekannten hinterher. Sie hörten ihn im zweiten Stock den Korridor entlangrennen, eine Tür schlug zu, dann war Stille.
»Der geheime Raum!«, keuchte Giovanni und lief ebenfalls den dunklen Korridor entlang. Sie erreichten fast gleichzeitig die Tür zu dem Spukzimmer, rissen sie auf und standen in der Kammer, die im Fackelschein immer noch gleich aussah, wie sie sie in Erinnerung hatten: leer bis auf das Bett und den Schrank. Doch der Schrank stand offen, und diesmal war es auch nicht nötig, mit dem Kopf gegen das Brett in der Rückwand zu stoßen, hinter dem sie bei ihrem letzten Besuch die geheime Tür entdeckt hatten. Der Zugang war bereits frei. Doch die Tür selber war immer noch oder wieder verschlossen, jedenfalls gelang es ihnen nicht, sie zu öffnen, wie sehr sie auch dagegen schlugen und traten.
»Verflucht!«, schimpfte Giovanni. »Er muss hier durchgelaufen sein! Wie konnte er so schnell die Tür wieder verschließen?«
»Mit einem Schlüssel geht das ganz rasch«, erklärte ihm Cunrat, der seinem Freund Johann Tettinger einmal beim Abschließen der Schänkentür zugeschaut hatte. »Aber vielleicht holen wir ihn noch ein, wenn wir schnell runter laufen!«
»Ach was, der ist längst fort«, erwiderte Giovanni. »Von der Mauer aus kann er in alle Richtungen entkommen und irgendwo in der Stadt verschwinden.«
So kehrten sie unverrichteter Dinge nach unten zum Abort zurück. Dort stand Sebolt Schopper vor dem Eingang und schaute Poggio zu, wie er sich um Simon Ringlin kümmerte. Alle Gäste, die neugierig oder mit voller Blase zum Abort drängten, schickte er unter einem Vorwand in die Gaststube zurück. Offenbar wollte er nicht, dass sie mitbekamen, was sich an diesem heimlichen Ort abspielte.
»Lebt er noch?«, fragte Giovanni, und Sebolt Schopper nickte. »Er wird im Suff hingefallen sein und sich den Kopf angeschlagen haben. Da seht …«
Er leuchtete mit der Fackel an einen Mauervorsprung der seitlichen Wand, an dem tatsächlich so etwas wie Blut und Haare zu kleben schienen. Poggio zuckte die Schultern, er hatte mit einem weißen Schneuztuch das Blut von Ringlins Hinterkopf weggewischt und barg nun dessen Kopf auf seinem Schoß. Der Verletzte war nicht bei Sinnen, er hatte die Augen geschlossen, aber immerhin atmete er.
Als sie hinzutraten, hielt Cunrat sich unwillkürlich die Nase zu. »Riecht ihr den teuflischen Gestank?«, fragte er.
»Das ist ein Abort, Cunrat, da stinkt es immer«, antwortete Giovanni.
»Kommt, portiamolo via, wegbringen«, sagte Poggio.
»Zum Doktor?«, wollte Sebolt Schopper wissen.
»Ja, ja, zum Doktor.«
»Dann geht aber durch den Keller, nicht durch die Schankstube!«
Offenbar wollte der Wirt kein Aufsehen erregen. Er ging ihnen voraus die Kellertreppe hinab, Giovanni und Cunrat trugen den ohnmächtigen Simon Ringlin, und Poggio folgte ihnen mit einer Fackel. Als sie am Ende des Ganges angekommen waren, zog Schopper seinen
Weitere Kostenlose Bücher