In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
und auf die Kante des kleinen Tisches neben dem Ofen schmettern würde. »Bomm, bomm! Und die Leute glauben, er ist gefallen und hat sich angeschlagen den Kopf.«
Cunrat zuckte bei jedem »Bomm« zusammen, und Giovanni fragte: »Meister Ismael, wird er es überleben?«
»Das kann ich nicht sagen. Wir müssen ihm einfließen etwas gegen das Gift, und ich weiß nicht, ob der Schädel ist gebrochen.«
Als seine Tochter Hendlin schließlich ins Zimmer kam – ihre schwarzen Haare hatte sie zu einem langen Zopf geflochten – bekam Giovanni wieder große Augen, denn obwohl man ihr ansah, dass der Knecht auch sie aus dem Schlaf gerissen hatte, war sie doch außerordentlich liebreizend anzuschauen, in ihrem langen Mantel über dem Nachthemd und den weichen Filzpantoffeln an den Füßen.
Nachdem sie die Gäste höflich begrüßt hatte, erklärte ihr Meister Ismael auf Jiddisch, was geschehen war. Mit langen schmalen Händen streichelte sie sanft über Simon Ringlins Kopf. Der atmete stoßweise und auf seiner Stirn standen Schweißperlen, obwohl er gleichzeitig zitterte. Hendlin nahm sein Handgelenk, um den Herzschlag zu überprüfen.
»Wir wissen also nicht, was für ein Gift er hat bekommen. Das ist schlecht. Sein Herz schlägt sehr schwach. Wir müssen ihm auf jeden Fall eine Stärkung geben. Hol aus der Küche einen Becher mit Fleischbrühe!«, wies das Mädchen den Knecht an, der sofort loslief und gleich darauf mit dem Gewünschten wiederkam. Dann setzte sie sich auf die Bank und flößte dem Ohnmächtigen Schluck für Schluck die Brühe ein.
»Ich werde bereiten ihm einen Trank gegen Schlangengift«, erklärte das Mädchen. »Aber wenn es war anderes Gift …«
Cunrat musste an das Amulett von König Sigismund denken, das Gift im Essen anzeigte.
»Habt Ihr denn kein Gegengift?«, fragte er. »So ein Amulett, wie der König es besitzt? Wie ein großer Zahn?«
»Ach, Ihr meint eine Natternzunge!« Meister Ismael machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das ist alles Schmonzes! Aberglaube! Nein, hier braucht es andere Mittel, Theriak oder Ähnliches. Hendlin kann machen solche Sachen. Aber!«
Er sah die Drei streng an und hob einen Finger. Im Fackelschein erschien er Cunrat mit seinen wehenden Haaren und dem langen Bart wie Gottvater höchstpersönlich.
»Ihr dürft niemals, ich sage niemals! jemandem davon erzählen. Unter den Gojim sind viele dumme Menschen, die glauben an Teufel und Hexen. Wenn sie hören von solchen Dingen, Hendlin ist in Gefahr. Dann sie sagen, dass sie ist eine jüdische Hexe.«
Cunrat fühlte sich heftig betroffen von diesen Worten, und er beteuerte mit noch mehr Inbrunst als die anderen, dass er zu niemandem ein Wort davon sprechen werde.
Hendlin verschwand daraufhin, um den rettenden Trank für Simon Ringlin zu bereiten, während ihr Vater dem Verletzten den Schröpfkopf abnahm, das Blut abwusch, die Wunden mit einer Salbe bedeckte und Kopf und Arm mit Leinenbinden umwickelte.
»Ihr müsst ihn lassen hier, wir werden schauen, was mit ihm geschieht. Ich kann euch nicht versprechen, dass er wird ieberleben. Aber wir versuchen alles!«
Damit waren sie entlassen. Poggio bat seinerseits den Juden beim Abschied, niemandem von Simon Ringlin zu erzählen. Und seinen Freunden schärfte er dasselbe ein.
»Ringlin war offenbar auf der richtigen Spur. Der Gabelmörder und der Attentäter auf den König sind ein und dieselbe Person! Wenn wir Ringlin retten wollen, muss der Mörder glauben, dass er gestorben ist.«
Auf dem Weg zurück in ihre Unterkunft fing Cunrat an zu frieren. Er hatte bei ihrem eiligen Aufbruch seinen Mantel in der Schänke zurückgelassen. Also gingen sie noch einmal zurück in die Haue . Sebolt Schopper sah bei ihrem Eintreten neugierig auf und machte eine fragende Geste zu Giovanni. Der senkte den Blick und schüttelte traurig den Kopf. Schopper zuckte bedauernd die Schultern, er hatte verstanden, der Gestürzte hatte nicht überlebt.
Sie bemerkten nicht, dass ihr stummer Dialog mit Argusaugen und großer Genugtuung verfolgt wurde.
*
Poggio Bracciolini an Niccolò Niccoli, am 9. Mai, dem Tag des Heiligen Lukas, im Jahre des Herrn 1415
Mein lieber Niccolò,
Cicero ist auf dem Weg! Ich habe diesmal alles selber abgeschrieben, denn den großen Orator wollte ich nicht dem deutschen Schreiber überlassen, welcher mir in den letzten Monaten manchmal beim Kopieren von Texten geholfen hat, weil ich leider feststellen musste, dass er über die Maßen dumm ist und
Weitere Kostenlose Bücher