In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Schlüsselbund hervor und öffnete mit einem der beiden Schlüssel die Tür, die zum Oberen Markt hinausführte. Cunrat musste an jenen Tag im November denken, an dem man den toten Johann Tettinger gefunden hatte und diese Tür unverschlossen gewesen war.
Als das schwere Tor hinter ihnen wieder zugefallen war, sagte Poggio: »Zu Meister Ismael!«
»Dem Juden?«, fragte Cunrat.
»Ja, nur er kann Herrn Simon helfen.«
Sie mussten lange im Dunkeln vor dem Haus des jüdischen Arztes warten, bis ihnen der Knecht schlaftrunken die Tür öffnete, zunächst nur einen Spalt, aus Angst vor einem nächtlichen Überfall. Als er sie erkannte und sah, dass sie einen Verletzten bei sich hatten, öffnete er jedoch die Tür ganz und ließ sie eintreten. Gleichzeitig lief er los, um seinen Meister zu wecken. Der empfing sie in dem Gemach im ersten Stock, wo sie schon einmal mit ihm gesprochen hatten. Offenbar hatte er eilig einen Hausmantel über das Hemd geworfen, als er hörte, dass jemand verletzt war, und war von der Schlafkammer direkt in die Stube gekommen. Seine Haare standen in alle Richtungen und auch der lange Bart wirkte ein wenig zerzaust. Auf seiner Schulter saß das Eichhörnchen.
Er wies sie an, den Verletzten auf eine Bank zu legen, und schob ein Kissen unter dessen Kopf. Poggio erklärte ihm auf Latein, was geschehen war und wie sie Simon Ringlin gefunden hatten.
»Ist er auch vergiftet worden wie die anderen?«
»Das wissen wir nicht.«
Darauf führte der Arzt seine Nase an den Mund des Ohnmächtigen und schnupperte, schüttelte dann aber den Kopf.
»Kein besonderer Geruch, außer nach Wein.«
Dann untersuchte er Ringlin vorsichtig am ganzen Körper, bis er am rechten Arm schließlich gefunden hatte, wonach er Ausschau hielt: zwei kleine rötliche Löcher.
»Tatsächlich! Das gleiche Zeichen wie bei den anderen. Der Schlangenbiss! Schnell!«
Er wies den Knecht an, seine Tochter zu holen.
»Hendlin kennt sich nicht nur gut aus mit Gewürzen für den Wein, sondern auch mit Gift. Aber als Erstes wir missen mit einem Schröpfkopf saugen das Gift aus der Wunde.«
Der Arzt holte aus einem Schrank einen runden Schröpfkopf aus Glas und ein feines Messer.
»Halt fest!«
Giovanni fasste wie befohlen den Arm von Simon Ringlin, sodass Meister Ismael die Stelle mit dem Schlangenbiss aufschneiden konnte. Dann hielt er den Schröpfkopf über eine Kerzenflamme und setzte ihn anschließend auf die gebissene Stelle. Die Haut rundherum wurde angesaugt und das Glas füllte sich langsam mit Blut. Cunrat sah erstaunt zu, denn das Schröpfen kannte er zwar aus der Badstube, aber da war es nie blutig zugegangen. Für den Aderlass verwendete man dort Blutegel.
»So saugen wir hoffentlich das Gift heraus. Wenn es noch nicht zu spät ist! Aber es ist gut, dass der Schlangenbiss ist nur am Arm, da ist die Wirkung vielleicht nicht so stark wie am Kopf.«
»Kein Schlangenbiss, Meister Ismael!«, antwortete Giovanni. »Wir glauben, dass er es anders gemacht hat. Mit einer Gabel, einer kleinen Gabel mit zwei Zinken, die er in das Gift getaucht hat.«
»Eine Gobel?« Meister Ismael zog die Augenbrauen zusammen und überlegte. »Na, ich weiß nicht. Ob man damit so viel Gift bringen kann in den Körper, wenn man sie nur eintaucht? Allerdings es steht im Buch der Gifte von Gabir Ibn Hayyan, dass es ist der Speichel der Schlange, der mit dem Biss in die Wunde kommt, die Zähne sind nur benetzt davon. Vielleicht geht das ja auch mit einer Gobel. So habt ihr also das Rätsel gelest!«
Anerkennung klang in seinem letzten Satz mit, doch Giovanni berichtete ehrlicherweise, dass es Cunrat gewesen war, der die Idee mit der Gabel anstelle des Schlangenbisses gehabt hatte. Erstaunt sah der Jude den langen Bäcker an.
»Also bist du gar nicht so ein Nudnik, wie ich dachte!«
Cunrat fühlte sich geschmeichelt, auch wenn er nicht wusste, was ein Nudnik war.
»Aber dann muss es auch nicht sein Gift von einer Schlange, was er hat bekommen.« Meister Ismael wiegte seinen Kopf hin und her. »Mit einer Gobel man kann ihm geben jedes Gift! Das würde erklären, warum sein Atemgeruch hat mir nichts gesagt.«
Er erklärte den Besuchern, was seiner Meinung nach mit Simon Ringlin geschehen war.
»Seht Ihr, hier der Mörder hat also die Gobel gestochen in den Arm, dann ist der Mann wahrscheinlich ohnmächtig geworden, und so es war einfach zu nehmen seinen Kopf und zu schlagen gegen die Wand. So!« Er tat, als ob er Ringlins Kopf in der Hand hielte
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