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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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junge Lucia gefangen gehalten wurde, ausgeräuchert werden sollte. Dies ist auch geschehen, und Giovanni und Cunrat haben an der Expedition teilgenommen, doch das Vögelchen war bereits aus dem Käfig ausgeflogen, wenn auch nicht freiwillig, sondern wohl auf Geheiß eines Mailänders namens Jakob Schwarz, der die Entführte damals auch in das Kloster Münsterlingen gebracht hatte. So berichteten zumindest die beiden jungen Männer, welche direkt nach ihrer Rückkehr von der missglückten Fahrt zum Fest des Juden stießen.

    Als auch sie ihren – vor allem beim langen Cunrat wahrlich gewaltigen – Appetit gestillt hatten, bat uns Meister Ismael, mit ihm zu kommen. Zuerst führte er uns in eine kleine Kammer, in welcher der arme Simon Ringlin seine Tage zubringt. Er ist zwar wohl auf dem Wege der Besserung, muss aber immer noch das Bett hüten, zumal wir alle es für besser befinden, wenn er sich vorläufig verborgen hält, damit der Mörder ihn tot glaubt. Natürlich hat ihn die Nachricht, dass seine Tochter noch nicht befreit werden konnte, sehr erschüttert. Als wir ihn verlassen haben, wirkte er furchtbar niedergeschlagen, obwohl ich ihm und den Bäckern versprochen habe, dass wir am Fest des Heiligen Johannes bei König Sigismund vorstellig werden in dieser Sache.

    Doch nachdem wir unser barmherziges Werk des Krankenbesuches verrichtet hatten, führte uns der Jude nicht etwa zurück zum Fest, sondern in die im selben Hause gelegene Synagoge. Dort erwartete uns die besagte Schar von Rabbinern. Meister Ismael stellte sie uns der Reihe nach vor: Rabbi Seligman aus Ulm, Rabbi Lemlen aus Stein am Rhein, Rabbi Salomon Spira aus Überlingen, Rabbi Simlin aus Nürnberg, Rabbi Jesaia aus Schaffhusen, Rabbi Mardochai aus Ravensburg und zuletzt den blinden Rabbi Eleazar aus Zürich. Sie alle waren nach Costentz gekommen, um mit ihren Glaubensbrüdern das Fest der Freiheit zu feiern.

    Und nun hatte Ismael, der in Costentz neben seiner Tätigkeit als Arzt auch die Aufgabe des Rabbiners innehat, diese Gäste zu einer geheimen Sitzung in der Synagoge zusammengerufen, in der Hoffnung, wie er sagte, dass sie uns helfen könnten, das Rätsel der teuflischen Morde zu lösen. Als er ihnen eingehend geschildert hatte, auf welche Weise die Tettingers und der Mailänder Übersetzer, aber auch der Pole und sein Mörder und schließlich der Burgunder zu Tode gekommen waren, schienen die anderen Rabbiner bestürzt und zunächst nicht sonderlich geneigt, uns beizustehen. In ihrem eigenwilligen Deutsch disputierten sie untereinander mit abweisenden Mienen und Gesten, bis Meister Ismael ihnen sagte, seine Bitte sei auch aus der Angst geboren, dass am Ende die schlimmen Taten des Unholds den Juden zur Last gelegt werden könnten. Da verstummten alle, und nach einem Augenblick der Stille fragte einer von ihnen, der Rabbi Seligman, wenn ich mich recht erinnere, wie Ismael sich ihre Hilfe denn vorstelle.

    Da sagte dieser: ›Es ist einer unter uns, der nicht sieht und dennoch ist er ein Seher. Jahwe hat ihm genommen das Augenlicht und ihn dafür erleuchtet mit seinem göttlichen Licht. Rabbi Eleazar soll auswählen mit Gottes Hilfe eine Stelle im Tanach, und wir alle werden darüber sprechen, was sie hat zu bedeuten. Vielleicht wird Jahwe uns so den Weg zur Klärung der Morde weisen.‹
    Nun huben erneute Diskussionen unter den Rabbinern an, einige wandten ein, dass Jahwe das Weissagen verboten habe, andere meinten, dass man überhaupt nicht weissagen könne, aber schließlich erhob der blinde Rabbi Eleazar selber seine Stimme. In heiserem, aber klarem Tone sagte er äußerst bescheiden, dass er in der Tat nicht fähig sei zu weissagen, dass Jahwe in seiner unendlichen Macht ihn aber vielleicht soweit erleuchten würde, eine Stelle des Tanach auszuwählen, aus der all die anwesenden weisen Männer die richtigen Schlüsse ziehen könnten.
    Da nickten die anderen Rabbiner beifällig, und so half Meister Ismael dem gebrechlichen alten Mann an das Lesepult, das vor dem Tora-Schrein stand. Auf dem Pult lag ein Buch bereit, wohl der Tanach, die Heilige Schrift der Juden. Alles wurde still, man hörte nur das Knistern der Kerzen.
    Der blinde Rabbi murmelte zuerst einige Gebete, dabei richtete er seine milchweißen Augen gen Himmel, sodass sie im Kerzenlicht unheimlich schimmerten. Dann griff er langsam nach dem Tanach, strich mit seinem langen rechten Daumennagel sachte über die Stirnseite des Buchblocks und fuhr wie spielerisch zwischen

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