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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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böhmischen Magister zum Vorwurf gemacht. Sein Landsmann Stephan Palec hat eine Reihe von Artikeln aus Hussens Schriften zusammengestellt, deren Widerrufung man von ihm verlangte. Doch so sehr Kardinal D’Ailly, Kardinal Zabarella und selbst der König in ihn drangen, ja ihn inständig beschworen, sich dem Konzil zu unterwerfen, dann werde man barmherzig mit ihm verfahren, so nützte es doch nichts, Hus weigerte sich zu widerrufen, mit der Begründung, dass er viele Artikel der Anklageschrift so gar nicht geschrieben habe. Als man ihm entgegenhielt, dann könne er ja dieser Artikel abschwören, wenn sie ohnehin nicht seine Meinung widerspiegelten, erwiderte er, ein solches Abschwören wäre kein wirkliches Abschwören, sondern eine Lüge, und er wolle nicht lügen, denn das wäre eine Sünde.
    Bei der Gefahr, die ihm droht – der Tod auf dem Scheiterhaufen – erscheint mir diese Spitzfindigkeit in der Begriffsdefinition ein wenig eigenartig. Mein Eindruck war, dass Jan Hus überhaupt nicht abschwören will, er sucht vielmehr nach einer Gelegenheit, seine Ideen vor den Konzilsvätern zu präsentieren und zu diskutieren, wohl wissend, dass sie ihn danach für seine Häresien verurteilen müssen. Seine Anhänger, die inzwischen zu des Königs Verdruss über Böhmen hinaus auch in Polen und in anderen Ländern zu finden sind, erwarten, dass Hus stark bleibt und sich opfert. Und wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird er dieses Opfer bringen müssen.

    Es grüßt Dich aus Costentz, der Stadt der verschlungenen Wege,

    Dein Poggio

    *

    Giovanni war nach ihrem Erlebnis in der Judenschule ganz aufgeregt und redete auf dem Heimweg in die Niederburg ununterbrochen.
    »Das ist doch klar, dass mit Jakob der Mailänder gemeint ist! Das Orakel hat recht, nur haben sie es nicht wirklich verstanden. Gott hat dem blinden Seher die Hand geführt und ihn auf Jakob Schwarz gebracht. Er ist der Gabelmörder, auch wenn er nicht von Anfang an in Costentz war. Auf jeden Fall hat er damit zu tun. Ein Mörder und Entführer! Und vielleicht ist er auch an den Anschlägen auf den König beteiligt. Wenn wir nur den König überzeugen könnten!«
    Cunrat hörte ihm zu, war aber ein wenig abwesend. Ihn beschäftigte etwas anderes, etwas, was er in diesem Orakel gehört hatte, etwas, von dem niemand gesprochen hatte. Doch immer, wenn er glaubte, den richtigen Gedanken gefunden zu haben, entwich er wieder, so wie wenn man versucht, Rauch in der Luft zu greifen.

    So fieberten sie dem 24. Juni, dem Tag des Heiligen Johannes, entgegen, an dem König Sigismund bei Herrn Richental eingeladen war. Doch schon einige Tage vorher gab der König bekannt, dass er in längstens einem Monat nach Nizza abreisen werde, und setzte Pfalzgraf Ludwig als seinen Stellvertreter ein.
    »Ihr werdet sehen, dass der Mörder an Johannis zuschlagen wird«, mutmaßte Poggio, als er zu ihnen an den Stand kam, um eine Pastete zu kaufen. »Jetzt steht er unter Zeitdruck, wenn er den König noch töten will.«

    Es war noch eine ganze Woche bis zum Johannisfest, als Cunrat und Giovanni mir ihrem Karren unterwegs zum Kornhaus waren, um Mehl zu kaufen. Während sie sich durch die Menge zwischen den Ständen an der Marktstätte drängten, hörten sie vor sich plötzlich Geschrei und Kreischen. Dann sahen sie, dass am Stand eines Tuchhändlers ein vornehm gekleideter Mann und eine junge Frau offenbar in heftigen Streit geraten waren. Die Frau beschimpfte ihr Gegenüber lauthals mit derben Schimpfworten, während der Mann, dessen Mantel elegant über den Rücken herabfiel, zwischen Verachtung und peinlicher Berührtheit zu schwanken schien.
    »Sie sagt, er hat ihr an den Hintern gegriffen«, erklärte ihnen ein Bettler, der neben ihnen stand und die Szene genüsslich beobachtete. Giovanni grinste.
    Da wandte sich der Beschuldigte um, wohl, weil er genug von dem Disput hatte und verschwinden wollte, doch als sie sein Gesicht sahen, hörte Giovanni auf zu grinsen.
    »Jakob Schwarz!«
    So laut hatte sein überraschter Ausruf durch die Menge geklungen, dass Schwarz ihn ebenso überrascht ansah. Da er den Venezianer jedoch nicht kannte, ging er einfach davon, Richtung Kornhaus und Fischmarkt, wo er ja bei den Salemer Mönchen zu Gast war. Doch Giovanni ließ sich diese Gelegenheit, den Entführer von Lucia zur Rede zu stellen, nicht entgehen. Cunrat wollte ihn zurückhalten, war aber nicht schnell genug. So ging er seufzend mit dem Karren weiter die Marktstätte hinab und ließ

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