In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
drei Menschen sich dem Galgen näherten. Nur eine blieb sitzen und beäugte sie misstrauisch mit schief gelegtem Kopf. Am Boden unter dem Rad sah man einzelne Knochen liegen.
Hug Strigel hielt den Blick gesenkt. Da packte ihn Giovanni am Kinn, während Cunrat von hinten seine Arme festhielt, und zwang ihn, nach oben zum Rad zu schauen, auf die traurigen Überreste von dem, was einst ein Mensch gewesen war.
»Dieser Mann«, sagte Giovanni eindringlich, »war unschuldig. Er ist eines grausamen Todes gestorben, und das ist auch Eure Schuld! Wollt Ihr, dass noch mehr Menschen sterben?«
Der Turmwächter wimmerte.
»Wollt Ihr, dass der König stirbt?«, schrie Giovanni.
Cunrat dachte, dass das Wohl Sigismunds Giovanni wenig interessierte, ihm ging es um Lucia, aber auf Hug Strigel machte der Hinweis auf den König großen Eindruck.
»Nein!«, rief er erschrocken mit weinerlicher Stimme und schüttelte heftig den Kopf. »Das will ich nicht! Ganz gewiss nicht! Hört auf! Lasst mich los! Ich sage Euch, was ich weiß.«
Cunrat lockerte seinen Griff, und auch Giovanni ließ den Wächter los.
Hug Strigel schlug die Hände vors Gesicht. »Ich wollte auch das hier nicht, das schwöre ich bei Gott!«
»Hör auf zu schwören und sag uns lieber, wer bei Jakob Schwarz war!«
»Das kann ich Euch nicht sagen.«
Giovanni packte ihn erneut am Hals, doch Hug Strigel wehrte ihn ab. »Ich würde es Euch sagen, aber ich kann nicht, weil ich ihn nicht gesehen habe! Er trug eine Kapuze!«
»Eine Kapuze? War es Egli Locher?«
»Nein nein, keine rote, eine schwarze Kapuze. Es war so unheimlich.« Der Turmwächter schauderte noch in der Erinnerung. »Er kam um Mitternacht, sprach kaum ein Wort, flüsterte nur und gab mir Zeichen, ihn einzulassen.«
»Und einen Beutel Münzen!«
»Ja, auch einen Beutel Münzen, das will ich gar nicht abstreiten. Aber ich wusste doch nicht, was er vorhatte! Euch habe ich damals ja auch eingelassen!«
Er sah Cunrat verständnisheischend an.
»Und ich hatte Angst. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Um Mitternacht, ein Mann mit schwarzem Gewand und schwarzer hoher Kapuze, wie ein Geist, wie der Teufel. Aber das Unheimlichste war …«
Er stockte erneut, als ob er sich zwingen müsste, diese Erinnerung in sein Gedächtnis zurückzuholen. Giovanni sah ihn drohend an.
»Das Unheimlichste war, dass die Kapuze nur ein Augenloch hatte!«
Sie ließen Hug Strigel mit seiner Angst in der Hütte zurück. Durch das Emmishofertor gingen sie zurück in die Stadt.
»Der Sänger Oswald von Wolkenstein hat nur ein Auge«, sagte Cunrat.
»Der hat Costentz doch schon vor einer Weile verlassen. Aber ich weiß einen anderen, der einäugig ist.«
»Der Diener des Conte!«
»Genau, der Diener des Conte!«
»Aber wie kann er der Mörder sein, wenn sein Herr selber überfallen wurde? Das passt doch nicht zusammen!«
»Vielleicht waren es doch Räuber, die den Überfall ausgeführt haben.«
»Sein Diener hat aber gesagt, dass auch er das Mal hatte. Er ist sogar extra zu Meister Ismael gegangen, um Hilfe für seinen Herrn zu holen. Auch wenn der dann ohne Hilfe überlebt hat.«
Da blieb Giovanni stehen und schlug sich an die Stirn.
»Und wenn er gar keine Hilfe holen wollte? Wenn sein Herr das Mal gar nicht hatte?«
»Aber er hat doch gesagt …«
»Ja, nachdem wir danach gefragt hatten! Aber wenn er der Mörder ist, dann hat er uns auf diese Weise geschickt von sich abgelenkt!«
Nun begriff auch Cunrat.
»Wir hatten den Conte im Verdacht, aber es ist sein Diener! Wenn er wirklich der Mörder ist, dann war es vielleicht ganz gut, dass Meister Ismael nicht da war, als der Einäugige zu ihm gegangen ist.«
»Das war nicht nur gut, sondern Meister Ismaels Rettung! Der Einäugige hat nicht nach ihm gefragt, weil er Hilfe wollte, sondern weil der Jude sein Geheimnis kennt und weiß, dass all die Menschen mit dem Schlangenmal sich nicht selbst umgebracht haben. Er wollte ihn gewiss auch töten!«
»Und wir haben ihn hingeschickt!«
»Ja, aber wir konnten ja nicht wissen, dass wir den Mörder vor uns hatten.«
Cunrat blieb stehen.
»Auch wir kennen sein Geheimnis, Giovanni!«
»Aber vielleicht ahnt er nicht, wie viel wir wissen. Wahrscheinlich hält er uns für dumme Bäckertölpel, vor denen man sich nicht in acht nehmen muss.«
»Herrn Ringlin hat er schon einmal angegriffen und er weiß, dass wir zu dessen Freunden gehören.«
»Ja, und zum Glück hat er ihn nur am Arm erwischt mit der Gabel, sodass
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