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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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dicht nebeneinander auf das Laubbett. Ihre Unterhaltung, die den Tag über vor sich hingeplätschert war, verstummte völlig. Langsam kroch in Cunrat wieder das Unbehagen hoch, das er schon bei ihrem Eintreffen in der Hütte angesichts des Galgens verspürt hatte. Um dagegen anzukämpfen, tat er etwas, was gar nicht seiner Art entsprach: Er versuchte, ein Gespräch anzufangen.
    »Giovanni, sag, w… wie ist V… venedig?«
    Giovanni ließ sich nicht zweimal bitten. Im Dunkeln erzählte er ihnen von der schönsten Stadt der Welt, und bei seinen Worten schien sich die Finsternis aufzulösen in helle Bilder, voller Farben und Wärme.
    »Sie schwimmt, nein, sie schwebt über dem Wasser! Wenn man zum ersten Mal mit dem Schiff darauf zu fährt, ist es wie eine Erscheinung!«
    »Wie Costentz!«, seufzte Cunrat verzückt.
    »Wie Costentz?« Giovanni lachte. »Armer Tor! Wie Costentz! Venedig hat so prächtige Paläste, so viele Kirchen, so zahllose Brücken und Kanäle, dagegen ist Costentz wie eine graue Gans gegen einen stolzen Schwan!«
    Und er schwärmte ihnen noch lange vor, von den Marmorpalästen und den prächtigen Schiffen, von den eleganten Kaufleuten und den feinen Damen, die ihre Haare auf den Dachterrassen an der Sonne blondierten, und von den Waren, welche die Händler aus dem Orient in die Stadt brachten, Gold und Samt und Gewürze, und dass allein im Arsenal – »Giovanni, w… was ist ein Arsenal?« – »Eine Schiffswerft!« – dass allein im Arsenal so viele Menschen arbeiteten wie ganz Costentz Einwohner hatte, und dass sie dort in nur zwei Tagen eine komplette Galeere bauen konnten, aber Cunrat dachte am Ende dennoch: wie Costentz! Und er schlief ein, noch während Giovanni erzählte, mit Bildern von Marmorpalästen und goldbehängten blonden Damen im Kopf, was auf jeden Fall besser war als die Bilder von Toten, die am Galgen baumelten.

    Mitten in der Nacht wachte Cunrat auf. Es war vollkommen dunkel, und als er mit dem Arm an Giovanni stieß, der dicht neben ihm schlief, glaubte er plötzlich, von draußen Stimmen zu hören. Zunächst war er nicht sicher, ob es nicht die blonde Frau aus seinem Traum war, die schrie, weil ihre Haare in der Sonne Feuer gefangen hatten, aber als er sich aufrichtete, wurde ihm klar, dass die Stimmen nicht in seinem Kopf waren. Sie kamen von draußen: ein Schreien, dann ein Winseln und Tuscheln, ein Flüstern und Stöhnen, wie von verlorenen Seelen. Cunrat wurde starr vor Schreck. Die Toten vom Galgenhügel! Ihre verdammten Seelen hatten die Gräber verlassen und kamen zu ihnen herab. In der Tat schienen sich die Stimmen zu nähern. Er fühlte, dass sich auch Giovanni neben ihm aufsetzte, während Joß weiterschnarchte. Giovanni rüttelte den Gesellen, damit er still war und sie besser hören konnten. Joß röchelte noch ein wenig, dann drehte er sich um und schlief ruhig atmend weiter.
    Doch die Stimmen waren nun ebenfalls verstummt. Angestrengt lauschte Cunrat ins Dunkel, und langsam stellten sich seine Nackenhaare auf.
    »Giovanni, d… die Toten!«, flüsterte er entsetzt.
    »Sei still, das sind keine Toten!«, zischte der zurück.
    »Was d… dann?«
    »Ich weiß es nicht, Räuber vielleicht. Sei endlich still!«
    Cunrat erschrak. Räuber? Daran hatte er überhaupt nicht gedacht. Man hörte zwar immer wieder Geschichten von Reisenden, die auf dem Weg zum Konzil überfallen worden waren, aber so nahe bei der Stadt? Auf den Mauern waren doch die Stadtwachen unterwegs, da würde sich kein Räuber herantrauen! Aber dann musste er an die Stadtwachen denken, die manchmal in der Weinstube Zur Haue saßen, und was man sich von ihnen erzählte, dass sie lieber in der Wachstube saßen und Karten spielten, als ihre Rundgänge zu machen, obwohl das natürlich streng verboten war. Ob die Räuber über diese Gewohnheiten auch Bescheid wussten? Und wenn! Was konnte man ihm und seinen beiden Kumpanen schon anhaben? Sie hatten ja nichts, was das Stehlen lohnen würde. Aber waren nicht auch schon Leute gefoltert und erschlagen worden, gerade weil sie nichts bei sich hatten?
    Da packte Giovanni seinen Arm. Die Stimmen waren wieder da, und man hörte, dass sie nicht vom Galgenhügel kamen, sondern aus der Richtung der Stadtmauer. Nun konnte man auch deutlich eine Männer- und eine Frauenstimme unterscheiden, die sich offensichtlich stritten. Der Mann schien auf die Frau einzureden, die ihm weinerlich antwortete, als würde sie ihn um etwas bitten. Cunrat bekam eine Gänsehaut, ihm

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