In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
wickelte ich fest um mich und zog mir die Kapuze über den Kopf.
Schon als ich das Predigertor passiert hatte und die ebenso benannte Gasse hinauf lief, war mir, als ob ich Geschrei hörte. Es waren nicht mehr viele Menschen unterwegs, wohl wegen des schlechten Wetters, dieweil sonst bis in den späten Abend hinein in der Niederen Burg allerlei Verkehr herrscht, führt hier doch die große Straße vom Rheintor hoch zur Burg des Herrn Bischofs. Viel Gesindel hält sich auch in diesem Teil der Stadt auf, gemeine Frauen, fahrendes Volk, unehrliche Leute. Kaum ein Haus, in dem man nicht eine Weinstube oder sonstige Freuden findet, und die Straßen werden, wie in der ganzen Stadt, gesäumt von den Ständen der Krämer, die alles feilbieten, was Orient und Okzident an Schätzen besitzen, sei es echt oder gefälscht. Doch heute waren die Buden verschlossen, denn kein Mensch wollte bei ihnen verweilen, um etwas zu kaufen, jeder trachtete nur danach, von seinen Erledigungen so schnell als möglich nach Haus und unter Dach zu kommen. Dafür waren die Wirtshäuser bereits um die sechste Stunde nach Mittag gut gefüllt, und so glaubte ich auch, das Geschrei komme ganz gewiss aus einem derselben. Weit gefehlt, mein lieber Niccolò!
Nun musst du wissen, dass der Römische König Sigismund mit einem ganzen Tross ungarischer Reiter nach Costentz geritten kam, die ihrem Gebieter treu ergeben, aber an Wildheit barbarischer sind als alle Nordmänner es jemals sein könnten. Allein schon ihre Sprache scheint mehr die von Tieren als von vernunftbegabten Menschen zu sein, und vielleicht ist dies ja auch ein Grund für ihr Gebaren, dass sie sich hier von niemandem verstanden fühlen und sowohl Freude wie Unmut mit keinem Menschen als ihresgleichen teilen können. So sammeln sich die Gallensäfte in ihnen an, bis sie zum Ausbruch kommen, und ebendies schien nun geschehen zu sein. Ich weiß nicht, ob einer von ihnen ein Weib nicht bekam, welches er begehrte, oder ob er sich von einem Wirt ungebührlich behandelt fühlte, in jedem Falle hatte sich die Wut eines dieser Ungarn entzündet, und wie eine Lunte, an eine Kanone gehalten, eine heftige Explosion hervorruft, so brach sich der angestaute Zorn der königlichen Soldaten Bahn in lautem Getöse und Geschrei, und in ihrer Raserei fielen sie über Unschuldige her, ja, sie begannen sogar, Jagd auf Frauen und Männer zu machen, die sie zu Boden rissen, wonach sie die Männer übel zurichteten, und was sie mit den Frauen taten, will ich lieber nicht näher beschreiben. So hat man mir jedenfalls heute berichtet.
Als ich von der Predigerinsel kam, ahnte ich noch nicht, welch eine Woge der Gewalt auf mich zurollte, ich hörte, wie gesagt, zunächst nur ein Geschrei, das ich für fröhlichen Wirtshauslärm nahm. Wie ich jedoch die Rheingasse erreichte, an der mich mein Weg nach links zur bischöflichen Burg führen sollte, sah ich im Halbdunkel von rechts Leute herbeilaufen, um Hilfe schreiend und verfolgt von den Mord schnaubenden Soldaten Sigismunds. Ich wollte nun ebenfalls davonrennen, zur Bischofsburg linker Hand, aber da kam plötzlich auch von dieser Seite ein Trupp Ungarn herangelaufen, sodass mir kein anderer Ausweg blieb, als mich den Fliehenden anzuschließen und geraden Wegs zum Bischofstörlein zu rennen. Mein schwerer Samtmantel war mir durchaus hinderlich beim Laufen, ebenso die hölzernen Trippen, die ich unter meine spitzen, roten Stiefel geschnallt hatte, die ich mir, wie du weißt, in Bologna gekauft und für die ich einen ordentlichen Batzen bezahlt habe. Aber da die Soldaten bereits recht stark dem Wein zugesprochen hatten und ihrerseits eine schwere Ausrüstung trugen, gelang es mir, mit einigen anderen bis zum Tor zu gelangen und nach links in die Straße zu biegen, die nach dem Heiligen Johannes benannt ist. Dort waren schwere Ketten gespannt, eben um solche Aufläufe zu verhindern, aber mit einiger Mühe gelang es uns, diese zu überwinden. Dicht hinter uns hörten wir die Ungarn grimmig ausrufen, und auch wenn ich ihrer Sprache nicht mächtig bin, so schien es mir doch, als ob sie mit jedem ihrer Worte unseren Tod beschrien. Ich schwöre dir, mein Niccolò, solche Angst habe ich seit unserer Flucht vor dem römischen Pöbel bei der Plünderung Roms durch den König Ladislaus von Neapel nie wieder gehabt! Aber Gottes Wege sind wundersam, und höre nur, wie es mir ergangen ist!
Als ich schon glaubte, dass mein letztes Stündlein geschlagen hätte, und ich bereits den Atem
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