In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
dieser Bestien in meinem Nacken zu spüren vermeinte, da öffnete sich plötzlich die Tür eines Bretterverschlages, der an das Gebäude neben dem Bischofstor angebaut war und den ich wegen seiner Unscheinbarkeit vorher gar nicht wahrgenommen hatte. Ein solches Gebäu wird zu normalen Zeiten als Schweinestall oder zum Stapeln von Feuerholz verwendet, nun aber ist keine normale Zeit, es ist Konzilszeit, und da vermieten die ehrbaren Costentzer Bürger jeden Raum, und sei er noch so klein, um teuren Zins, als ob es sich um das schönste Schlafgemach der Königin handle.
Unsanfte Hände packten mich, und ich fragte mich, ob ich nun vom Regen in die Traufe gekommen wäre, und statt von Ungarn erschlagen von einem gewöhnlichen Meuchelmörder erdolcht würde. Von der Wucht meines eigenen Laufs und dem kräftigen Griff des Unbekannten befördert, fiel ich der Länge nach in den Schuppen hinein und wäre unweigerlich zu Boden gestürzt, hätten mich nicht starke Arme festgehalten. Ich wagte mich nicht zu rühren vor Angst, als die Tür rasch und leise wieder geschlossen wurde. In diesem Augenblick hörte ich draußen die Soldaten aufschreien, denn offenbar waren einige von ihnen im Dunkeln gegen die Ketten gerannt und kopfüber in den Dreck der Gasse gefallen. Dann hatten sie sich wieder aufgerafft und ich hörte sie vorbeirennen mit Geschnaufe und Gebrüll, so nahe, dass ich kaum glauben wollte, eine feste Bretterwand zwischen uns und ihnen zu haben. Doch die List war gelungen, sie hatten die Witterung ihrer Beute verloren oder jagten einem anderen armen Wild hinterher.
Als alles wieder still war und ich nur noch meinen eigenen heftigen Atem hörte, begann ich mich zu rühren. Mein Retter, so muss ich ihn wohl nennen, zündete ein Talglicht an, und so sah ich, wo und in wessen Gesellschaft ich mich befand. Bot der Verschlag schon ein Bild der Armseligkeit, ausgestattet nur mit drei dürftigen Betten, einem Schemel, einer grob geschnitzten Truhe und einem alten Weinfass als Tisch, so war der Anblick des Bewohners geradezu erschütternd. Ich wäre wohl zurückgezuckt vor so viel Hässlichkeit, hätte dieser Mensch mir nicht gerade das Leben gerettet. Er war groß, ich sage besser, lang gewachsen, sodass er sich in der niederen Hütte ducken musste, um nicht an die Decke anzustoßen, aber so dürr, als ob nicht genug Fleisch für diesen langen Körper zur Verfügung gewesen wäre. Sein blonder Schopf war nach Bauernart rund um den Schädel geschnitten, seine Stirn und das Kinn fliehend, die Augen schweinegleich, die Nase wie eine Rübe und der Mund wie das Maul eines Pferdes, mit mächtigen Schaufelzähnen. Glaubst du mir nun, dass ich mich erschrocken habe, als ich mit dem Licht des Lämpchens ein solches Ungeheuer vor mir auftauchen sah? Auch schien er ein rechter Tölpel zu sein, er lachte mich an und sagte etwas auf Deutsch, das ich nicht verstand. So lächelte ich einfach zurück, um ihn nicht zu erzürnen, wusste ich doch immer noch nicht recht, ob er mir nicht gleich an den Beutel gehen würde, aber er lächelte immer weiter. Offenbar lag es nicht in seiner Absicht, mir Böses anzutun.
Da hielt ich es für angebracht, zumindest meinen Namen zu nennen und ihm zu danken. Er hatte wohl verstanden, denn er entblößte sein Pferdegebiss zu einem noch größeren Lächeln und stellte sich ebenfalls vor, mit einem langen, typisch deutschen Namen mit vielen harten Konsonanten, den ich schon wieder vergessen habe. Und nun fiel mir auch ein, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte, jedoch bei Tageslicht, das bekanntlich allen Dingen ein freundlicheres Antlitz verleiht als die nächtliche Finsternis. Er war einer der fahrenden Bäckergesellen, der einzige Deutsche in einer Gruppe von Italienern, bei denen ich mir hin und wieder eine Pastete nach italischer Art gönne. An ihrem Stand hatte ich am selben Morgen den Sänger Oswald von Wolkenstein getroffen.
Da draußen nun alles still blieb, wandte ich mich zum Gehen. So schnell als möglich wollte ich diesen ungastlichen Ort und diesen zwar gastlichen, aber ungehobelten Kerl verlassen. Er hatte mich verstanden und begleitete mich als ein Ehrenmann noch bis zur Tür seiner Behausung, das heißt, er machte einen Schritt in meine Richtung und, stell dir vor, dabei trampelte er auf meinen teuren Mantel, du weißt schon, den Pariser Mantel aus grünem Sammet! Kann man sich einen größeren Ochsen denken? Der Boden der Hütte war nur gestampfter Lehm, und seine Schuhe starrten vor
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