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In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.
Autoren: Ephraim Kishon
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Renana eingerichtet, und mein ältester Sohn Raphael übernahm es, die Beute zu ordnen.  
    Eine Trübung der festlichen Atmosphäre ergab sich, als ein zur Prunksucht neigender Geschäftsmann sich mit einem Scheck in der exhibitionistischen Höhe von 250 Pfund einstellte. Neben solchen Großzügigkeiten verblaßten sämtliche Kompasse und Enzyklopädien. Immer nachlässiger murmelte von da an der junge Vollbürger sein »danke... nicht notwendig...«, und bald darauf beklagte er sich bei mir über zwei Gäste, von denen er nichts weiter bekommen hatte als einen Händedruck, was wirklich nicht notwendig war. Ich behielt die beiden schamlosen Geizkragen scharf im Auge und sah mit hilfloser Empörung, wie sie sich am Büffet gütlich taten.
    »Nur Geduld«, tröstete ich meinen zornbebend neben mir stehenden Sohn. »Die kriegen wir noch. Geh auf deinen Kontrollposten.«
    Im allgemeinen durfte man jedoch mit den Geschenken zufrieden sein, obwohl sie von wenig Phantasie zeugten und zahlreiche Duplikate aufwiesen. Es wimmelte von Feldflaschen, Ferngläsern, Kompassen und Füllfedern, und die Expander vermehrten sich wie Kaninchen. Wer hätte gedacht, daß diese Instrumente so billig sind.  
    Wir empfanden es geradezu als Erlösung, als die Seeligs mit dem Minimodell eines zusammenlegbaren Plastikbootes ankamen. Amir vergaß sich und sagte statt des üblichen »Danke nicht nötig« mit anerkennendem Kopfnicken: »Nicht schlecht.«
    Ich selbst schlüpfte von Zeit zu Zeit aus meiner Rolle als freundlicher Gastgeber, um Inventur zu machen. Die Bücher hatten sich mittlerweile zu Türmen hochgeschichtet: wohlfeile Ausgaben der Bibel, Reisebeschreibungen, Bildbände mit schlechten Reproduktionen und ein Bändchen mit dem zunächst rätselhaften Titel »Hinter dem Feigenblatt«, das sich als Anleitung zum Geschlechtsverkehr für Minderjährige entpuppte. Und irgendein Idiot hatte sich nicht entblödet, meinem Sohn ein »Lexikon des Humors« zu schenken, in dem der Name seines Vaters nicht erwähnt war. Ich gab Auftrag, dem Kerl keine Getränke anzubieten.
    In einer Kampfpause versuchte ich mich an dem Expander und stellte befriedigt fest, daß ich ihn über zwei Stufen spannen konnte. Außerdem beschlagnahmte ich eine Füllfeder. Es waren ihrer sowieso schon zu viele. Amir sollte sich nach der Feier eine aussuchen, meinetwegen sogar zwei, und den Rest würden wir umfunktionieren.
    Im übrigen veränderte sich der Charakter meines rothaarigen Sohnes gewissermaßen unter meinen Augen. Er hatte längst aufgehört, die ankommenden Gäste zu begrüßen. Die stumme Gebärde, mit der er ihnen entgegensah, bedeutete unverkennbar: »Wo ist das Geschenk?«, und die Stimme, mit der er sich bedankte, klang je nach den gegebenen Umständen von herzlich bis kühl. Auch sonst benahm er sich wie ein Erwachsener.  
    Bei meinem nächsten Besuch im Lagerraum stieß ich auf zwei Flakons Toilettenwasser, für die der Junge keine Verwendung hatte. Die Leute könnten wirklich ein wenig nachdenken, bevor sie Geschenke machen. Auch einen goldenen Kugelschreiber und eine Mundharmonika nahm ich an mich. Dann wurde ich in meinen Ordnungsbemühungen gestört.
    »Um Himmels willen«, zischte die beste Ehefrau von allen.
    »Kümmere dich doch um unsere Gäste!«
    Ich postierte mich neben Amir, der den jetzt schon etwas spärlicher eintreffenden Gästen mit dem lüsternen Blick eines Wegelagerers entgegensah und sie erstaunlich richtig einzuschätzen wußte.
    »Höchstens achtzig«, flüsterte er mir zu; oder, verächtlich: »Taschenmesser.«
    Gegen zehn Uhr vertrieb er alle Familienmitglieder aus dem Abstellmagazin und versperrte die Türe.  
    »Hinaus!« rief er. »Das gehört mir!«  
    Als er auf Seeligs Plastikboot ein Preisschildchen mit der Aufschrift »Isr. Pfund 7.25«   entdeckte, ließ er sich's nicht verdrießen, den Spender in der Menge ausfindig zu machen, und spuckte ihm zielsicher zwischen die Augen.  
    Rätselhaft blieb uns allen ein Transistor mit Unterwasser-Kopfhörern, der keinen Herkunftsvermerk trug. Von wem stammte er? Wir gingen rasch das von meiner Tochter Renana angelegte Namensverzeichnis der Anwesenden durch. Es kamen nur zwei in Betracht, die auf der Geschenkliste nicht erschienen: unser Zahnarzt und ein Unbekannter mit knallroter Krawatte. Aber welcher von beiden war es? Die Ungewißheit wurde um so quälender, als wir uns bei dem einen bedanken und den anderen maßregeln mußten. Da bewährte sich Amirs Instinkt aufs neue.
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