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In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.
Autoren: Ephraim Kishon
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als 40 Shekel, und das summiert sich. Ein unbescholtener Vater, der aus der Diaspora in die alte Heimat zurückkehrt, bringt seinem darbenden Söhnchen ein Spielzeug mit - und die Furie am Schalter knöpft ihm dafür den Gegenwert von 640 Shekel ab, als ob Israel nicht sowieso von lauter Feinden umgeben wäre. Das zwingt den Israeli geradezu naturnotwendig zur Selbsthilfe. Er kauft also eine kleine Handtasche, in der er fünf Kokosnüsse als Wehzehrung unterbringt und das Fahrrad dazu. »Diese Handtasche, Fräulein? Nur Gebrauchsgegenstände für die Reise...« Aber in der gleichen Sekunde, in der du die Handtasche hochhebst - du darfst keine Anstrengung zeigen, es sind ja nur ein paar kleine Gebrauchsgegenstände drin, nicht wahr, Zahnbürste, Taschentücher, Kokosnüsse -, in der gleichen Sekunde wirft die röntgenäugige Dame einen Blick auf die Waage, die bereits etwas über 20 kg anzeigt, und säuselt mit engelsgleichem Lächeln:  
    »Stellen Sie die Handtasche neben Ihren Koffer, mein Herr.«
    Wie sich zeigt, wiegt die Handtasche mehr als der Koffer. Daran sind die beiden antiken Kerzenhalter schuld.
    Es empfiehlt sich deshalb, die Handtasche in einer Ecke der Abfertigungshalle stehenzulassen, bevor man zum Check-in an den Schalter tritt. Auf allen Flughäfen der Welt wimmelt es von vorübergehend verwaisten Handtaschen.
    Aber das Schlimmste kommt erst. Fräulein Röntgenauge händigt dir ein Spezialetikett mit Bindfaden ein, welches an deiner kontrollierten Handtasche zu befestigen ist; erst dann darfst du sie ins Flugzeug mitnehmen.  
    Erfahrene Übergewichtler begegnen diesem Sabotageakt durch die sogenannte Kästchenstrategie. Sie besteht darin, daß man in einem Garderobekästchen, wie es gegen geringes Münzentgelt auf jedem Flughafen gemietet werden kann, den Inhalt der Handtasche verstaut und mit der leeren Handtasche zum Schalter geht, wo man sie bereitwillig auf die Waage stellt und das unentbehrliche Etikett ausgefolgt bekommt. Zurück zum Kästchen - hinein mit dem Übergewicht in die Handtasche - hinaus mit der Handtasche zum Flugzeug -und das Leben ist wieder lebenswert.
    Schwitzende Israelis, die in fieberhafter Eile den Inhalt eines Garderobekästchens in eine etikettbewehrte Handtasche stopfen, gehören zu den Alltäglichkeiten des internationalen Flugverkehrs. Die Umgangssprache im Garderobenraum ist das Hebräische. Und wenn sich eine Boeing nach dem Aufstieg leicht seitwärts neigt, weiß man sofort, daß auf dieser Seite die israelischen Fluggäste sitzen.
    Um die Wahrheit zu sagen:
    Es gibt nichts Schöneres als unbezahltes Übergewicht. Neuere psychologische Forschungen haben ergeben, daß das Bedürfnis, für Übergewicht nichts zu zahlen, sofort nach dem Geschlechtstrieb kommt. Jedenfalls ist es ein unvergleichliches Hochgefühl mit einer Handtasche im Gewicht von 32 unbezahlten kg ein Flugzeug zu besteigen. Was mich betrifft, so fliege ich überhaupt nur deshalb.

Das Trinkgeld-Problem

    Der Schreiber dieser Zeilen darf sich schmeicheln, alle Probleme des Reisens, einschließlich verklemmter Reißverschlüsse, gelöst zu haben - bis auf eines: wieviel Trinkgeld man geben soll.
    Das hat nichts mit Inflation, Rezession, Konjunktur und dergleichen zu tun. Es ist ein rein psychologisches Phänomen. Wann und wo immer ich dem Boten einer Blumenhandlung oder der Garderobenhexe eines öffentlichen Lokals gegenüberstehe, treten kleine, kalte Schweißperlen auf meine Stirne und ich fühle mich einer Ohnmacht nahe. Dabei weiß ich ganz genau, daß ich in meiner Not nicht allein bin, daß alle Menschen von der Trinkgeldfrage bedrängt werden, seit jeher, seit Erschaffung der Welt, wahrscheinlich haben schon Adam und Eva der Schlange eine Kleinigkeit zugesteckt, zum Dank dafür, daß sie ihnen den richtigen Baum gezeigt hat... aber was hilft's. Jeder hergelaufene Kellner versetzt mich in Panik, wenn er, kaum daß ich mich über das Steak hermache, an meinem Tisch vorüberstreicht und mir zuflüstert: »Der Herr ist doch kein Amerikaner? Amerikaner sind nämlich sehr knausrig!« Nach solcherlei Andeutungen bin ich versucht, meine Brieftasche auf den Tisch zu legen und dem Kerl zu sagen, er möge sich doch bitte herausnehmen, was er für angemessen hält. Einmal, in einem Pariser Fischrestaurant, habe ich das wirklich getan. Ich mußte zu Fuß ins Hotel zurückkehren.
    Die Frage des Trinkgelds läßt sich schon deshalb nicht beantworten, weil sie in einem Niemandsland gestellt wird, zu dem nicht
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