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In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren.

Titel: In Sachen Kain und Abel. Neue Satiren. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Sie, mein Name ist Ben. Man hat mich von der Redaktion hergeschickt. Zu Ihnen. Das heißt: für ein Interview.«
    »Nehmen Sie Platz, mein Junge. Ich stehe zur Verfügung.«
    »Keine schlechte Bude, die Sie da haben. Höchste Klasse. Mein Ehrenwort. Unterkellert?«
    »Soviel ich weiß, ja.«
    »Und   mit   Vorgarten. Solche Hütten sind besonders teuer, nicht wahr?«
    »Allerdings.«
    »Ja, also wie gesagt. Ich soll Sie über den historischen Roman interviewen, den Sie geschrieben haben. Sie haben ihn doch geschrieben, wie?«  
    »Ich habe das Werk soeben fertiggestellt.«
    »Großartig. Also Sie sind fertig damit. Wie heißt es?«  
    »Du bist aus Staub.«
    »Warum duzt du mich plötzlich?«
    »Es ist der Titel meines neuen Buches.« »Ach so. Wird bestimmt ein Bombenerfolg. Wie alle Ihre Bücher. Sie schreiben ja lauter Bombenerfolge.«  
    »Ich tue mein Beste. Ob es mir glückt, haben die Leser zu beurteilen.«
    »Goldene Worte. Und warum, Herr Tola'at Shani, haben Sie diesen Staub, also diesen Roman oder was es ist, ich meine, warum haben Sie das Buch geschrieben? Gerade jetzt?«
    »Bitte drücken Sie sich etwas präziser aus, mein Junge.«  
    »Okay. Mir kann's recht sein. Macht keinen Unterschied für mich. Ich meine, was ich wissen will: Wovon handelt das Zeug?«
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie die Story meiner jüngsten Schöpfung kennenlernen.«
    »Die Story, ganz richtig. Hab ich ja gesagt.«  
    »Vielleicht sollten Sie sich Notizen machen, lieber Freund.«
    »Brauch ich nicht. Ich behält's im Kopf. Alles. Auch die Story. Was ist die Story?«
    »Mein Roman läßt ein Panorama menschlicher Schwächen und Leidenschaften erstehen. Er spielt im Zweiten Weltkrieg. Sein Held ist ein Soldat der Jüdischen Brigade. Die junge, hübsche Tochter des Bürgermeisters einer kleinen süditalienischen Stadt verliebt sich in ihn...«
    »Weil Sie >Soldat< sagen - da kommen doch bestimmt ein paar erstklassige Keilereien vor, nicht?«  
    »Wie bitte?«
    »Keilereien. Ich meine Kämpfe.«
    »Nun ja, ich beschreibe auch einige Kampfhandlungen, aber mehr nebenbei. In der Hauptsache geht es um den inneren Konflikt, den der grausame Krieg in der Seele unseres Soldaten auslöst.«
    »Was heißt das - unseres Soldaten? Wessen Soldat ist er?«
    »Der Soldat des Romans.«
    »Das sollten Sie deutlich sagen. Also was ist los mit ihm?«
    »In der Brust dieses Soldaten tobt ein Kampf zwischen seinem glühenden Patriotismus und seinen Haßgefühlen gegen die Unmenschlichkeit des Krieges.«  
    »Wer gewinnt? Und was ist das für ein Bild?«
    »Welches Bild?«
    »Das an der Wand dort drüben.«
    »Das ist kein Bild, junger Mann. Das ist mein Diplom.«
    »Diplom. Sehr gut. Ein Diplom für was? Macht nichts. Also, Ihr Buch über Italien ist eine wahre Geschichte.«
    »In gewissem Sinn. Die Szenerie ist authentisch, aber die Story als solche ist eine thematische Variation der >Antigone< von Sophokles.«
    »Wovon?«
    »Sophokles. Ein griechischer Tragödienschreiber.«
    »Kenn ich. Da haben Sie ganz recht. Aber Sie sagten vorhin etwas gegen den Krieg.«
    »Antigone war die Tochter von König Oedipus.«
    »Natürlich. Oedipus. Das ist der mit der Psychoanalyse. Nicht schlecht. Also das ist Ihre Story, sagen Sie.«  
    »Die Story selbst hat notwendigerweise lokalen Charakter. Aber ihre Botschaft ist universell. Eine Art Bestandsaufnahme unseres Zeitalters. Sollten Sie nicht noch ein paar Notizen machen, lieber Freund?«
    »Wozu? Ich merk mir alles. Machen Sie sich keine Sorgen. Was noch... ja, richtig: Sind Sie außer sich vor Freude?«
    »Worüber?«
    »Wenn einer etwas fertig geschrieben hat, muß er doch vor Freude außer sich sein. Sind Sie außer sich?«
    »Hm. Vielleicht. Ich glaube schon.«
    Das Interview, wie es erschien:
    »ICH BIN AUSSER MIR VOR FREUDE!« SAGT DER AUTOR DES ROMANS »DER STAUBSAUGER« UNSEREM MITARBEITER IN EINEM EXKLUSIVINTERVIEW
    Der bekannte Schriftsteller Tola'at Shani empfing mich in seinem Heim zu einem Exklusivinterview.
    Anlaß war das Erscheinen seines neuen Romans, dem der Autor einen Bombenerfolg prophezeit.  
    Ich sitze dem Dichter in seinem geschmackvoll möblierten Studio gegenüber und betrachte sein scharfgeschnittenes Profil, die hagere Gestalt, die schmalen, nervösen Finger. Durch das Fenster hat man einen guten Blick auf die umliegenden Häuser. Es ist später Nachmittag.  
    Tola'at Shani: »Wie gefällt Ihnen mein Haus?«  
    Ich: »Nicht schlecht.«
    T.Sh.: (stolz) »Es hat

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