In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)

Vampir packte alles zu sammen, während ich meine Glieder streckte. Die Jagdlust war aus seinen Augen verschwunden und nun bildeten sie wieder einen rubinroten See der Ruhe. Wir gingen langsam zurück und genossen noch einmal den Duft und die Ruhe des Waldes. Elias und ich ritzten unsere Initialen in eine Baumrinde und machten mit meinem Handy ein Foto von uns beiden davor. Danach machten wir uns einen Spaß daraus, uns gegenseitig beim Wandern zu fotografieren. Mein Bauch tat weh vor Lachen, als wir wieder am Haus ankamen. Drinnen entzündete Elias den Kamin. Hier unter der Erde war es doch etwas kühler.
    „Brauchst du etwas?“, fragte er und sein Blick glitt sehnsüchtig zum Badezimmer hinüber.
    „Nein, ich habe alles , was ich brauche. Geh duschen, mein kleiner Dreckspatz.“
    Er lachte mich herzerweichend an und gab mir einen Kuss auf die Stirn. So bald er im Badezimmer verschwunden war und ich die Dusche hörte, stand ich auf und ging auf Erkundungstour im Wohnzimmer. Ja, ja, so was tut man nicht, aber ich bin doch so neugierig! Ich öffnete alle Schubladen und betrachtete deren Inhalt. Meist waren es Dokumente, die in einer mir unbekannten Sprache verfasst waren, aber dann knackte ich in einer etwas kleineren Schublade den Jackpot. Ich fand zwei Fotoalben darin, eins war babyblau, das andere rosa. Ich holte sie beide heraus und verzog mich damit wieder auf das Sofa. Ich öffnete zuerst das blaue und fand den Namen meines Freundes in einer wunderschön geschwungen Schrift auf der Innenseite des Einbands. Elias Gabriel Groza, geb. 24.12.1990. Er hieß Gabriel mit zweitem Namen … wie ein Erzengel. Aber auch ein Todesengel. Der Engel mit dem Feuerschwert, der Gottes Zorn auf die Erde brachte.
    Ich schnappte mir das rosafarbene Buch. Anastasija Raphaela Groza, geb. 24.12.1990. Der Erzengel Raphael. Engel der He ilung, ein Schutzpatron.
    Da hörte ich, wie d as Wasser in der Dusche abgestellt wurde. Schnell zog ich Elias’ Buch wieder auf meinen Schoß und schlug es auf. Ein Foto von einem süßen Säugling zierte die erste Seite. Darunter stand geschrieben: Solange ich klein bin, gebt mir tiefe Wurzeln. Wenn ich groß bin, gebt mir Flügel . Ich wunderte mich darüber, dass es auf Deutsch geschrieben war, und blätterte dann ehrfürchtig weiter. Eine Haarlocke klebte neben einem Bild von Elias und Anastasija auf dem Schoß ihrer Großeltern. Wie zu erwarten, hatten letztere sich nicht im Geringsten verändert. Ich sah mir die beiden Babys an und Klein-Elias hatte in der Tat Löckchen als Kind gehabt. Wie süß! Er hatte das Gesicht für eine Zwiebackpackung.
    „Wie ich sehe …“, flüsterte Elias in meinen Rücken und ich schrie erschrocken auf. Er hatte sich ein Handtuch um den Nacken gehangen und beugte sich über die Lehne der Couch zu mir herunter. Juhu, freier Ausblick auf seinen perfekten Oberkörper! Mir lief das Wasser im Mund zusammen, denn nur das Schutzamulett von Hallow zierte seine Brust. „… hast du was zur Unterhaltung gefunden“, beendete er seinen Satz, nachdem ich mich beruhigt hatte.
    „Dein Babybuch“, stammelte ich und hielt es ihm entgegen.
    „Ja, ich weiß“, antwortete er mit einem unverschämten Lachen. Zärtlich strich er mir über den Kopf und sprang dann – nur mit einem Handtuch bekleidet – zu mir auf die Couch. „Ah .…“, sagte er und hob Anastasijas Buch hoch, „das Buch der Nervensäge hast du auch gefunden.“
    „Hey!“, protestierte ich. „Ein bisschen Respekt vor deiner Schwester.“
    Er schenkte mir ein Fangzahnlachen als Antwort. „Blätter es ruhig durch.“
    Ich sah ihm noch einmal ins Gesicht, um mich abzusichern, dass es wirklich in Ordnung war , und widmete mich dann dem Fotoalbum.
    „Was ist das?“, fragte ich, als ich auf der nächsten Seite eine Art Medaillon fand. Es war an einer Kette in das Album geklebt.
    Elias nahm den Anhänger zwischen seine Finger und öffnete ihn. Ich platzte fast vor Spannung.
    „Es ist eine alte vampirische Tradition“, begann er zu erklären und schüttete sich den Inhalt in seine Hand. Kleine glitzernde rote Steinchen schimmerten auf seiner blassen Haut. „Das sind meine ersten geweinten Tränen, eingefasst in kleine Diamanten.“
    Ich starrte mit offenem Mund in sein Gesicht und dann wieder auf das goldene, mit Ornamenten verzierte Medaillon und seinen Inhalt. „Wir glauben, dass wenn wir die Tränen in diesen harten Steinen einsperren, wir auf ewig glücklich bleiben.“
    „Das finde ich eine sehr