In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
bewusstlosen oder vielleicht bereits toten Körper an. Der Rasen um die beiden war schon mit Blut getränkt und Elias kniete mittendrin, sein Gesicht rot verschmiert. Meine Oma stand neben mir und seufzte .
„Kannst du damit umgehen , Miriam?“, fragte sie und beobachtete genau wie ich, wie Elias den leblosen Oberkörper anhob, um an der immer noch sprudelnden Kehle zu trinken. Bevor ich antworten konnte, hörten wir die Polizeisirenen in der Ferne und ich bekam Angst. Wenn die Polizei Elias so sehen würde, dann würden sie ihn bestimmt wegsperren.
Ich wollte gerade zu ihm hinlaufen, als ein großer , gräulicher Wolfshund an mir vorbei über den Gartenzaun sprang. Papa! Der Hund steuerte auf Elias zu und schnappte nach seiner Kleidung. Er zurrte so lange an dem Vampir, bis dieser ihm Aufmerksamkeit schenkte. Papa knurrte und deutete mit der Schnauze in die Richtung, aus der die Sirenen kamen. Elias erschreckte sich und starrte mich in der nächsten Sekunde verängstigt an. Seine Augen waren wieder normal. Ich öffnete meine Arme.
„Komm schnell her!“, rief ich ihm etwas ängstlich zu. Ich hatte ihm versprochen , nicht an ihm zu zweifeln und ihm zu vertrauen. Ich hielt mein Wort.
Elias huschte zu mir hin, blieb aber vor mir stehen. Bevor ich reagieren konnte, zog meine Mutter ihn am Ärmel ins Haus. Ich wollte hinterher, aber der Anblick, der sich mir dann bot, wurzelte mich am Boden fest. Mein Vater wälzte sich in seiner Hundegestalt im Blut des Mannes und knabberte an der Halswunde. Ich verstand erst, was er da tat, als die Polizei die Szene stürmte.
„Der Mann ist bei der Frau eingebrochen und ihr Hund ist wahnsinnig geworden. Es fielen Schüsse ; ich glaube, die Frau liegt oben – verletzt!“, schrie mein Opa den Beamten zu.
Mein Vater sah auf und knurrte, dann war er mit einem Satz ve rschwunden. Er hatte Elias’ Tat vertuscht, ihn gerettet. Tränen traten in meine Augen und meine Oma drückte mich fester an sich.
„Der Hund wollte sein Frauchen nur verteidigen“, schluchzte ich , als auch ich von einem Kriminalbeamten befragt wurde. Nachdem die Polizei keine Fragen mehr an uns hatte, gingen wir hinein.
Ellen war bereits mit einem Krankenwagen weggefahren wo rden. Ihr Zustand war schlecht, aber die Rettung kam noch früh genug.
Als meine Oma die Verandatür schloss, sah sie mir tief in die Augen. Mein Opa hockte auf einem Sessel, den Kopf in seine Hände gelegt.
„Wo ist Papa?“, fragte ich immer noch weinend. Was war gerade geschehen? War der Werwolf auf der Suche nach mir gewesen?
„Er kommt sicher gleich“, sagte mein Opa , ohne aufzusehen.
„Er wird sich eine Weile versteckt ha lten“, erklärte meine Oma mit dem Blick nach draußen in unseren Garten. „Aber du solltest jetzt besser nach dem Blutsauger schauen.“
Ich nickte gedankenverloren und ging die Treppe hinauf, da ich ihn in meinem Zimmer vermutete. Dort war er aber nicht. Doch als ich nach meiner Mutter rufen wollte, hörte ich Geräusche aus dem Badezimmer. Die Tür war nur angelehnt und ich sah den Rücken meiner Mutter – wie sie vor der Badewanne kniete.
Ich stieß die Tür einen Spalt weit auf und schaute hinein. Mein Vampir saß in der vollen, schaumigen Badewanne und meine Mutter bearbeitete sein Gesicht mit einem Waschlappen.
„Da hast du ja eine schöne Sauerei angerichte t!“, versuchte sie zu scherzen. Aber Elias’ Gesicht verzog sich nur zu einem schwachen Lächeln. Er sah so furchtbar traurig aus.
„Sie hasst mich jetzt“, sagte er und ließ den Kopf hängen.
Meine Mutter stoppte mit der Prozedur und legte den Waschlappen auf den Rand der Wanne. Elias hatte meine Anwesenheit noch nicht bemerkt, er musste sehr geschafft sein. Da hob Mama seinen Kopf mit einer Hand an und zwang ihn, sie anzusehen.
„ Nein, sie hasst dich nicht“, flüsterte sie. „Sie liebt dich viel zu sehr.“
Woher wusste meine Mutter das? Elias lie ß sich zurückfallen und versank im Badewasser. Ich nutzte die Gelegenheit und trat ein. Kurz darauf tippte ich meiner Mutter auf die Schulter und wir tauschten die Plätze. Mit einem Lächeln im Gesicht schloss sie die Tür hinter sich.
Ich nahm den Waschlappen in die Hand und wartete. Als Elias wieder auftauchte, rieb er sich den Schaum aus den Augen. Ich half ihm dabei und als er die Augen wieder öffnete, zuckte er kurz z usammen. Er musterte mich eingehend und wartete auf eine Reaktion.
„Du hast sie gerettet, ich bin so stolz auf dich“, lobte ich ihn und schenkte
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