In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
denn?“ Jetzt war ich verwundert.
„Nun ja, wenn der Mensch, von dem ich mich nähre, Viren oder Bakterien im Blut hätte, dann wäre die Krankheit auch in mir. Frag mich aber bitte nicht, wie sich das äußern würde.“
„Weißt du es nicht?“
„Nein, das ist bei jedem Vampir unterschiedlich. Einige zeigen keine Symptome, andere reagieren ähnlich auf die Bakterien und Viren wie Menschen und bei anderen zeigen sich nur einige Symptome. Vielleicht hängt es auch mit dem Alter zusammen. Viel wissen wir darüber nicht, keiner trinkt freiwillig von einem Kranken.“
„Elias?“, rief Anastasija von unten. „Kommst du?“
Elias nickte, stand auf und glitt die Treppe hinunter, als wäre sie gar nicht da.
„Bis morgen, Miriam!“, rief er mir noch zu , dann waren die beiden weg.
Ich trotte te die Treppe herunter. Es war erst zehn Uhr morgens, doch ich fühlte mich so platt, als wäre es schon zehn Uhr abends. Der Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass David schon seit acht Minuten am Ausgang auf mich wartete. Mist!
Ich beschleunigte mein Tempo und rannte geradewegs auf einen leicht angesäuerten David zu. Ich sah schon von Weitem an seiner Körperhaltung, dass er nicht glücklich mit mir war. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blitzte mich böse an. Neben ihm stand seine neue Flamme, die von allen und jedem Hallow genannt werden wollte. Sie hielt sich für eine Hexe oder so etwas. In Wahrheit hieß Hallow Sabine. Sie war groß und schlank. Mortisha Adams für Arme. Hallow hatte nur Augen für David und würdigte mich zunächst keines Blickes.
„Da bist du ja!“, sagte mein Bruder und rollte mit den Augen.
„Frau Piepenbrock hat mich gebeten, dem neuen Vampir in meiner Klasse den Raum für morgen zu zeigen“, trällerte ich fröhlich in dem Wissen, dass es Hallow fuchsteufelswild machen würde. Sie wollte nur zu gerne mal einen Vampir treffen. Wir beide hatten uns nie gut verstanden, aber diesen Wunsch teilten wir. Sie hielt sich immer für etwas Besseres, weil sie älter war und glaubte, dass sie Zauberkräfte hätte. Seit dem Outing der Vampire zweifelte ich nicht mehr an der Existenz von irgendwelchen Märchengestalten, aber eine echte Hexe würde sich sicher unauffällig verhalten und es nicht wie Hallow überall rumposaunen.
„Wow !“, staunte David. „Einer der beiden ist in deiner Klasse?“
Nun fokussierten mic h auch die mit Schwarz dick umrandeten Augen der Hexe. Sie hatten also schon von den Neuen gehört.
„Ja , Anastasija ist so wunderschön wie eine Leinwandgöttin und ihr Zwillingsbruder Elias … hach … da fehlen mir die Worte. Er sitzt neben mir.“
„Sind BEID E in deiner Klasse?“, entfuhr es David und seine hellblauen Augen leuchteten.
„Ne, nur Elias. Seine Schwester hab ich vor dem Unterricht getroffen – und eben noch einmal, als sie ihn abgeholt hat.“
„Wir haben die ganze Zeit Ausschau gehalten, ab er keinen von beiden gesehen.“ Mit „wir“ meinte er sich und die Hobby-Hexe.
„Hmm … komisch, sie müssten hier vorbeigekommen sein. Hast du keinen sechzehnjährigen Gott hier vorbeikommen sehen?“, fragte ich mit einem breiten Grinsen.
„Du spinnst!“, antwortete mein Bruder und zog mich zur Bu shaltestelle, wo wir uns auf eine Bank setzten, während Hallow es vorzog, anmutig in der Gegend zu stehen. Die dreckige Bank war ihrer nicht würdig. Was für ein Tag!
Kapitel 2
Es war unschwer zu erkennen, wo die beiden Vampire auf dem Schulhof auf das Klingeln warteten. Ein Menschenhaufen hatte versucht, sich „unauffällig“ um sie herum zu positionieren. Elias trug wieder seine weißen Turnschuhe, hellbraune Cargohosen und einen schwarzen eng anliegenden Pullover. Anastasija hatte ein kurzes Wickelkleid mit einem auffälligen 70er-Jahre-Muster in Braun- und Beigetönen an; dazu trug sie passende braune Stiefel, die ihr bis zu den Knien gingen. Beide versteckten ihre Augen hinter blickdichten Sonnenbrillen und lehnten an der Hauswand.
Ich wusste, dass mein Körper eine Menge Adrenalin ausstoßen würde, wenn ich ihn wiedersah, aber das hier grenzte an körperl iche Folter. Mit einem Schlag wurde ich zu einem absoluten Nervenwrack. Meine Hände zitterten unkontrolliert und ich hatte das Gefühl, in meinem Magen würde eine Ameisenkolonie Achterbahn fahren.
Durch die Sonnenbrille konnte ich es natürlich schwer sagen, aber es kam mir vor, als hätte Elias mir einen missbilligenden Blick zugeworfen, als er mich mit David
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