In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
bekommen.
David schenkte mir einen Blick, der irgendwo zwischen mahnend und Besorgtheit wankte. Als Elias sich uns wieder zugedreht hatte, sah er meinen Bruder fragend an.
„Klingel mich an , Miri, wenn ich dich heimbringen soll“, sagte David und nahm Hallow an die Hand. „Wir gehen jetzt rein.“ Dann drehte er sich dem Vampir zu. „Hab für mich ein Auge auf sie, ja?“
Elias nickte und ich hätte schwören können , er hatte „gerne auch zwei“ vor sich hingeflüstert. Super, somit hatte ich heute einen Vampir als Bodyguard. Elias seufzte und rieb sich seine Nase.
„Wir sollten reingehen“, sagte ich. „Wusstest du eigentlich, dass man dein Niesen au ch ‚photischer Niesreflex‘ nennt?“ Das hatte ich am Tag zuvor im Internet recherchiert.
„Entschuldige “, sagte mein Vampir und drehte sich wieder zum Niesen weg. „Nein, das wusste ich noch nicht“, fügte er anschließend näselnd hinzu. Dann stand er einfach nur da und starrte mich an. Auf was wartete er? Auf einen Startschuss? Dieser folgte zum Glück prompt in Form der Schulklingel.
„Komm, kraxeln wir hoch“, sagte ich mit bebender Stimme und ging voran.
Vor der Klasse warteten bereits meine beiden Freundinnen auf mich und sie staunten nicht schlecht, als sie sahen, wer mir da an den Fersen klebte. Mein Plan war es eigentlich gewesen, ihn hier wieder abzuschütteln und mich zu meiner kleinen Clique zu gesellen.
Ich wollte mich gerade zu ihm umdrehen und etwas sagen, als mich feuerrote Augen in ihren Bann nahmen. Oben im kühlen dunklen Flur hatte er die Sonnenbrille hochgezogen und sein Blick klebte hilflos auf mir. Mir wurde schlagartig bewusst, dass ich bisher sein einziger Bezugspunkt in dieser Welt voller Fre mden war.
Elias schluckte und sein Blick tastete schnell und vorsichtig die ihn anstarrenden Menschen im Flur ab. Er sah aus wie jemand, der von etwas verfolgt wurde, und die einzige Chance, die ihm blieb, war ein Sprung in ein Becken voller Haifische. Ironischerweise war eher er der Hai und wir anderen lauter Hochseeangler, bewaffnet mit Harpunen.
Elias seufzte und sah mich an. Wie von Geisterhand geführt , hob sich mein Arm und meine Hand streckte sich ihm entgegen. Sein rechter Mundwinkel zuckte zu einem Lächeln und er legte seine kühle Hand in meine.
„Komm!“, sagte ich und zog ihn zu meinen Freundinnen hi nüber. Ich begrüßte sie mit Küsschen und hockte mich zu ihnen auf den Boden.
Elias setzte sich elegant neben mich. Einen Moment lang herrschte peinliche Stille, in der keiner wusste, was er sagen sollte, dann aber kam Marianna zu uns herüber.
„Guten Morgen!“, flötete sie uns übertrieben laut zu.
Wir grummelten zur Antwort das Gleiche zurück.
„Und Elias? Bist du schon gespannt auf deinen ersten richtigen Schultag?“
Bevor er antworten konnte, schob sich Frau Waldvogel, unsere Chemielehrerin, an uns vorbei, um den Klassenraum aufzuschließen. Wir erhoben uns und belegten eine Viererreihe in dem hörsaalähnlichen Klassenraum. Elias links und Aisha rechts neben mir. Letztere grinste mich vielsagend an.
Ich spürte die Nähe des Vampirs in jeder Faser meines Körpers wie ein elektrisches Kribbeln, das sich vom Bauch aus in jedes einzelne Glied verbreitete. Wir packten die Bücher aus und ich fragte mich, ob irgendetwas in ihnen drinstand, was Elias noch nicht wusste. Es war allgemein bekannt, dass diese Wesen hochgradig intelligent sind. Frau Waldvogel begrüßte die Klasse und kam dann auf den Vampir zu.
„Hallo, du musst Elias sein“ , bemerkte sie und durchbohrte ihn mit ihrem Blick.
Elias nickte und schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln.
„Wenn du etwas von dem, was wir in diesem Unterricht machen, nicht verstehen solltest, dann melde dich einfach oder wende dich an deine Banknachbarin, okay?“, sagte die Lehrerin und brachte wieder Distanz zwischen sich und den Vampir.
Ich stützte meinen Kopf in meine Hände und folgte nur äuße rlich dem Geschwafel von Frau Waldvogel. Innerlich war ich damit beschäftigt, Elias Sonnenmilchgeruch zu verinnerlichen. Mandelblüte! Das Wort schoss mir durch den Kopf, weil Aisha mir gestern Abend am Telefon erzählt hatte, dass Elias für sie danach roch. Der Vampir neben mir starrte ungläubig in das Chemiebuch.
„Alles klar?“, fragte ich ihn und nutzte die Nähe, um einmal tief einzuatmen.
„Ja … ja alles klar.“ Er hob die Hand, offensichtlich hatte er bereits jetzt schon eine Frage.
Ich konnte ihm leider nicht helfen, f ür mich war
Weitere Kostenlose Bücher