In sanguine veritas - Die Wahrheit liegt im Blut (German Edition)
attraktiv mit seinen hellbraunen, kinnlangen Haaren und den großen eisblauen Kulleraugen. Klar, dass diese Meerhexe uns das als Allererstes unter die Nase reiben musste!
„Und wies o sollte uns das interessieren?“, fragte ich sie, doch bevor sie antworten konnte, wurden wir unterbrochen.
„Entschuldigung“ , hauchte eine weibliche samtweiche Stimme.
Wir drehten uns um und ließen synchron unsere Kinnlade runtersausen. Wären wir doch nur letztes Jahr beim Turnen im Sportunterricht so synchron gewesen, dann hätten wir was Bess eres als eine Drei bekommen!
Vor uns stand eine junge , wunderschöne Vampirin mit dunkelroten Augen. Sie stellte sich neben Marianna, welche in Kontrast zu dieser wunderschönen Gestalt wie eine graue Maus wirkte.
Die Vampirin sah aus wie ein Model. Eine Figur, bei der alle Mädchen neidisch wurden, dazu blonde lange Haare. Sie trug eine weiße Leinenhose und ein schwarz-weiß gestreiftes, ärmelloses Stricktop. Auf ihrem Kopf thronte eine Sonnenbrille, auf welcher der goldene Schriftzug eines bekannten Designers funkelte, und sie roch wunderbar nach Sonnenmilch. Nachdem sie mit uns Kontakt aufgenommen hatte, setzte sie die Brille wieder auf. Sicher litt sie unter der Sonne.
„Wir suchen das Zimmer des Direktors. Könnt et ihr mir bitte den Weg beschreiben?“, bat sie uns mit ihrer melodiösen Stimme und leicht osteuropäischem Akzent.
Wir sahen uns um. Wo war der männliche Vampir? Ich erblickte ihn nicht und die anderen anscheinend auch nicht. Als nach einer peinlichen Stille keiner etwas sagte, raffte ich all meinen Mut zusammen und beschrieb ihr den Weg, so gut ich konnte. Sie nickte zum Dank. Vampire schienen einem nicht gern die Hand zu reichen. Schade, ich hätte zu gerne ihre Haut gefühlt. Wie mochte sie wohl heißen? Und ihre Fangzähne, wie lang waren die?
Kaum hatte ich das gedacht, lächelte d ie Vampirin und zeigte uns ihre strahlend weißen Zähne. Dann streckte sie mir sogar die Hand entgegen. Ich ergriff sie, aber sie war so kalt, als hätten wir Winter und sie wäre ohne Handschuhe unterwegs.
„Ich bin übrigens Anastasija Groza“, sagte sie und huschte d avon. Unheimlich! Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Schließlich erklang die Stimme unseres Direktors über die Lautsprecher. Er forderte uns auf, in unsere Klassen zu gehen, und wir folgten schweigend der Anweisung. Vor dem Klassenraum angekommen, beugte Aisha sich zu meinem rechten Ohr herab.
„W ar sie sehr kalt?“
Ich nickte , immer noch vollkommen betäubt von der Begegnung. Zugleich aber hätte ich vor Freude schreien können. ENDLICH hatte ich einen Vampir gesehen und sogar berührt!
Die Tische in unserem Klassenraum standen in U-Form zur T afel. Die Badewanne des Grauens , wie ich diese Tischformation gerne nannte. Wir saßen gegenüber der Fensterwand an der linken Seite des Us. Der erste Tisch war frei – ein Sicherheitsabstand zum Lehrer – dann kam meine Mitschülerin Katja, dann meine Wenigkeit und schließlich kamen Eva, Aisha und ihr Bruder Cem.
Mari anna hatte sich uns genau gegenübergesetzt und strafte mich mit neidvollen Blicken. Sie hätte auch gerne der Vampirin die Hand gegeben, das spürte ich und musste in mich hineingrinsen.
Nach einigen Minuten betrat Frau Piepenbrock, unsere Klassenlehrerin, mit einem Stapel Kopien in der Hand den Unterrichtsraum. Sie war sehr klein und schlank. Ihre Hände wirkten knochig, ihr Gesicht eingefallen und ihre stumpfen braunen Haare hingen ihr heute wie Stroh vom Kopf.
„So! “, sagte sie und ließ mit einem Knall den Stapel Papier auf den Tisch fallen. „Ich hoffe, ihr hattet einen schönen Sommer!“
Ein Raunen ging durch die Klasse. Die meisten nickten und e inige – so wie ich auch – lächelten verträumt.
„Schön“ , sagte sie und holte dann Luft. „Ich habe eine Neuigkeit für euch. Wir bekommen einen neuen Schüler dieses Jahr.“
Aisha, Eva und ich starrten uns an. Anastasij a? Ihren Vampirfreund? Sie hatte „Schüler“ gesagt, also wohl eher der Junge. Eva grinste und wandte ihren Blick als Erste wieder zu Frau Piepenbrock. Ich fühlte, wie Adrenalin durch meinen ganzen Körper schoss, und hatte das Gefühl, dass mein Herz mir gleich zum Hals herausspringen würde.
„Er ist noch beim Direktor. Sein Name ist Elias Groza. Seine Familie ist im Sommer aus Rumänien hierher gezogen und … Nun ja … er ist ein Vampir. Ein Vampir aus Rumänien, ist das nicht
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