In seiner Hand
berührte den Teppich, benannte die Gegenstände in den Regalfächern. Ich ging durch das Haus meiner Eltern. Es gab seltsame Leerstellen. Den Gartenschuppen meines Vaters, die Schubladen von Terrys Schreibtisch.
Trotzdem. Es gab so viel in meinem Kopf. So viele Dinge.
Dort drinnen und dort draußen. Aber manchmal, wenn ich durch diese imaginären Räume wanderte, verschwand plötzlich der Boden unter meinen Füßen, und ich fiel.
Diese Gedankenspielchen würden mich vielleicht davor bewahren, wahnsinnig zu werden, doch es ging nicht nur darum, dem Wahnsinn zu entgehen. Ich musste vor allem am Leben bleiben. Ich musste Pläne schmieden und versuchen, meinen Wunsch, ihn zu töten, in die Tat umzusetzen. Ich wollte ihn verletzen, ihm die Augen auskratzen, ihn zu Brei stampfen. Alles, was ich brauchte, war eine Gelegenheit, aber ich sah keine Möglichkeit, wie sich eine solche ergeben sollte.
Ich versuchte mir vorzustellen, dass er doch noch niemanden umgebracht hatte. Vielleicht log er, um mir Angst zu machen. Es gelang mir nicht besonders gut, mir das einzureden. Ich hatte es nicht mit einem harmlosen, obszönen Anrufer zu tun. Ich war hier, in diesem Raum.
Er hatte es nicht nötig, Geschichten zu erfinden. Obwohl ich nichts über diesen Mann wusste, war mir instinktiv klar, dass er das hier nicht zum ersten Mal machte. Er hatte Übung. Er hatte alles unter Kontrolle. Meine Chancen standen schlecht. Egal, welchen Plan ich mir aus den Fingern saugte, es bestand keine große Aussicht auf Erfolg. Aber mir fiel sowieso nichts ein, was auch nur ansatzweise Erfolg versprochen hätte. Mein einziger Plan bestand darin, alles so lange hinauszuzögern, wie ich konnte. Dabei wusste ich nicht einmal, ob wirklich ich diejenige war, die da etwas hinauszögerte. Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass das alles zu seinem Zeitplan gehörte. Mein ganzes Gerede, all meine schwachen Pläne und Strategien waren bloß ein Surren in seinen Ohren, als würde eine Stechmücke seinen Kopf umschwirren. Wenn es an der Zeit war, würde er die Mücke einfach erschlagen.
»Warum tun Sie das?«
»Was?«
»Warum ich? Was habe ich Ihnen getan?«
Ein pfeifendes Lachen. Ein Lumpen in meinem Mund.
Wieder machte ich gymnastische Übungen, zog die Knie an den Körper. Mehr als sechzehnmal schaffte ich nicht.
Meine Kondition hatte deutlich nachgelassen.
Warum ich? Ich wollte mir diese Frage eigentlich nicht mehr stellen, aber ich konnte nicht anders. Ich hatte schon öfter Fotos von ermordeten Frauen gesehen, in der Zeitung oder im Fernsehen. Aber keine Fotos von ihren Leichen.
Zumindest konnte ich mich nicht erinnern. Nein. Auf den Fotos, die ich gesehen hatte, hatten sie noch nicht gewusst, dass sie mal in die Nachrichten kommen würden. Ich nehme an, die Familien wählen für die Leute vom Fernsehen immer die hübschesten und fröhlichsten Fotos aus. Meist handelt es sich dabei wohl um Aufnahmen aus Highschool-Jahrbüchern, die zu stark vergrößert werden und dadurch leicht verschwommen und gruselig wirken.
Die Frauen auf diesen Fotos wissen noch nicht, was ihnen zustoßen wird, aber wir wissen es.
Ich konnte nicht glauben, dass ich eine von ihnen sein würde. Terry würde meine Sachen durchsehen und ein Foto finden. Wahrscheinlich das unvorteilhafte, das ich letztes Jahr für meinen Pass hatte machen lassen, auf dem ich aussehe, als hätte ich etwas im Auge und gleichzeitig einen scheußlichen Geruch in der Nase. Er würde es der Polizei geben, und sie würden es vergrößern, bis es ganz verschwommen wirkte, und ich würde wegen meiner Ermordung berühmt werden. Das war unfair.
In Gedanken zählte ich die Frauen aus meinem Bekanntenkreis durch, die in letzter Zeit Schlimmes erlebt hatten. Da war beispielsweise Sadie, deren Freund sie hochschwanger einen Monat vor Weihnachten sitzen gelassen hatte. Oder Marie, die immer wieder zur Chemotherapie ins Krankenhaus musste und nur noch mit Turban herumlief. Pauline und Liz hatten ihren Job in der Firma verloren, als Laurence letztes Jahr alle überflüssigen Arbeitsplätze wegrationalisiert hatte. Er hatte es ihnen am Freitagabend gesagt, als alle anderen bereits gegangen waren, und als wir am Montagmorgen zur Arbeit kamen, waren sie schon weg. Obwohl seitdem ein halbes Jahr vergangen war, überfielen Liz deswegen immer noch Weinkrämpfe. Trotzdem hatten sie alle mehr Glück als ich. Im Laufe der nächsten Tage würde ihnen das klar werden. Sie würden von meiner Ermordung hören und
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