In tiefer Sehnsucht
inzwischen … vergessen hat, was zwischen euch vorgefallen ist?«
»Nein. Mendoza gehört nicht zu denen, die vergessen. Außerdem möchte er gern meine Geschäfte übernehmen. Nicht, dass er in der Lage wäre, sie zu führen. Um ehrlich zu sein, Mendoza ist nicht gerade der Hellste, aber leider macht er das, was ihm an Intelligenz fehlt, durch Grausamkeit wett. Er ist einfach total durchgeknallt.«
Schweigend hörte Isabelle ihm zu, ihren silberfarbenen Blick unverwandt auf ihn gerichtet.
»Aber du bist auf jeden Fall viel schlauer als er.«
Nicholas’ Kiefermuskeln zuckten. »Oh ja, das bin ich. Das ist auch nicht das Problem. Man muss nicht unbedingt ein Genie sein, um den Abzug einer Kalaschnikow zu betätigen. Man muss auch nicht besonders schlau sein, um Plastiksprengstoff in einem Auto zu deponieren, sodass es in die Luft fliegt, sobald der Zündschlüssel herumgedreht wird. Man muss nur hartnäckig und skrupellos sein. Und genau das ist Mendoza. Sobald er herausfindet, dass du mir etwas bedeutest, bist du so gut wie tot.« Er schloss kurz die Augen, um sie sofort wieder zu öffnen. Sie waren dunkler geworden und funkelten grimmig. »Das könnte ich nicht ertragen.«
Isabelle war weiß wie ein Laken geworden. Er wusste, dass sie nicht dumm war. Sie zweifelte nicht an seinen Worten und hatte genug Fantasie, um sich vorzustellen, was er meinte. Sie versuchte nicht einmal, die Situation schönzureden, und dafür respektierte er sie. Dennoch erschütterte ihn das, was sie als Nächstes sagte, zutiefst.
»Und was ist, wenn ich bereit bin, das Risiko auf mich zu nehmen?«, fragte sie ruhig.
»Nein!« Der Gedanke war so unerträglich, dass sich seine Muskeln vor Abwehr versteiften. Er packte ihren Arm fester. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Wenn es um deine Sicherheit geht, gehe ich kein Risiko ein. Wir müssen die Situation akzeptieren, wie sie ist. Das bedeutet, dass wir nicht mehr miteinander teilen können als eine kurze, leidenschaftliche Affäre – wir haben vielleicht zehn Tage, maximal zwei Wochen. Eine so kurze Zeitspanne erregt keine Aufmerksamkeit. Wir haben keine andere Wahl. Ab dem ersten Tag des neuen Jahres trennen sich unsere Wege.« Nicholas holte tief Luft. »Wir werden einander nie wiedersehen. Dafür werde ich sorgen. Aber ich werde dich immer im Auge behalten. Darauf aufpassen, dass deine Sicherheit gewährleistet ist. Und du wirst die Möglichkeit haben, mit mir Kontakt aufzunehmen. Wenn du jemals meine Hilfe brauchen solltest, wirst du sie bekommen, ohne dass ich Fragen stellen werde. Darauf hast du mein Wort.«
Er sagte ihr nicht, dass er alles dafür tun würde, dass es ihr nie wieder an etwas fehlte. Zweifellos würde sie sein Angebot ablehnen. Aber es linderte seinen Schmerz, zu wissen, dass er wenigstens das für sie tun konnte.
Am liebsten hätte er sie geheiratet und ihr Kinder geschenkt, aber er hatte vor langer Zeit gelernt, dass es sinnlos war, Dingen hinterherzuweinen, die man nicht haben konnte. Das führte nur zu Kummer und sonst gar nichts.
»Willkommen in der Realität.« Er ließ seine Stimme mit Absicht hart klingen. »Uns bleibt nicht viel Zeit. Ich bitte dich darum, bis Jahresende bei mir einzuziehen. Ich begleite dich zu deinem Sender und zu deinen Buchpräsentationen. Abends führe ich dich zum Essen ins Restaurant aus oder gehe mit dir in ein Konzert. Wir gehen überall hin, wo du gerne hinmöchtest. Wir tun alles, was du dir wünschst. Wir werden so viel Sex haben, wie zwei Menschen haben können, ohne ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Wir verbringen die Silvesternacht damit, uns zu lieben. Und am ersten Tag des neuen Jahres werden wir uns voneinander verabschieden. So lautet mein Angebot. Das ist alles, was ich dir geben kann. Was denkst du?«
Nicholas konnte ihren aufmerksamen Blick fast auf der Haut spüren. Ihre suchenden Augen sprühten silberfarbenes Feuer, wenn sich das Licht in ihnen brach, ihr Blick bohrte sich noch tiefer in seinen. Aufmerksam suchte sie jeden Millimeter seines Gesichts ab, als wollte sie seine Entschlossenheit prüfen.
Nicholas war daran gewöhnt, seine Gefühle zu verstecken. Bevor er Isabelle begegnet war, hatte er sich überhaupt keine Gefühle zugestanden.
Daher fiel es ihm nicht schwer, Isabelle die glatte, unnachgiebige Fassade seiner Entschlossenheit zu zeigen. Sie durfte sich keine Illusionen machen. Das wäre tödlich. Für sie und auch für ihn.
Er musste sie beschützen. Er hatte in seinem Leben viel Schuld
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