In tiefer Sehnsucht
war.
Sie fuhren mit dem Fahrstuhl nach unten, Nicholas’ Hand lag auf ihrer Taille. Er war ihr den ganzen Abend nicht von der Seite gewichen, hatte nie mehr als einen Handbreit entfernt gestanden. Bei jeder Bewegung hatte sie gespürt, wie sich ihre Brustwarzen an der schweren Seide ihrer Jacke rieben.
Er hatte recht behalten. Der Sex hatte ihren Körper so sensibilisiert, dass sie den ganzen Abend an nichts anderes hatte denken können, als daran, mit ihm zu vögeln. Sie spürte seine Hände immer noch auf ihrem ganzen Körper – auf ihren Brüsten, ihrem Bauch und zwischen ihren Schenkeln.
Sie hatte ihre Rede gehalten, und nach dem Applaus und den zufriedenen Blicken des Autors und seines Verlegers zu urteilen, hatte sie ihre Arbeit gut gemacht. Danach hatte sie mit zwei Lektoren über Literatur geplaudert und sich außerdem mit einem Journalisten, der für den
New York Times Book Review
Buchkritiken schrieb, einem berühmten Verleger und dem Chefredakteur der Lokalzeitung unterhalten. Sie hatten ihr ebenfalls aufmerksam und interessiert zugehört, auch wenn sie sich nicht mehr daran erinnern konnte, was sie ihnen eigentlich erzählt hatte. Es fiel ihr schwer, Interesse für Mailers altmodischen Machismo und die Struktur von Joyce Carol Oates’ letztem Roman aufzubringen.
Das war unmöglich, wenn Nicholas unablässig ihren Arm streichelte, wobei er so dicht hinter ihr stand, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Einen Arm hatte er um ihre Taille geschlungen.
Bei der kleinsten Bewegung spürte sie seinen kräftigen, muskulösen Körper in ihrem Rücken. Er brauchte ihr nur einen Blick unter halb geschlossenen Lidern zuzuwerfen und ihr Körper reagierte. Ihre Nippel wurden hart, und sie drückte unwillkürlich die Schenkel zusammen, als heißes Verlangen sie durchströmte. Der Gedanke daran, wie sie sich kurz vor dem Verlassen des Hauses geliebt hatten, ließ sie einfach nicht los, es war beinahe so, als könnte sie ihn immer noch in sich spüren, heiß und hart und tief in ihr.
Es war ihr den ganzen Abend unmöglich gewesen, sich auf etwas anderes als auf ihn zu konzentrieren.
Kurz vor Mitternacht hatte er vorgeschlagen, die Party zu verlassen, und sie hatte zugestimmt, erleichtert darüber, dass die Farce endlich vorbei war. Sie hatte sowieso keine Lust, sich mit jemand anderem als mit Nicholas zu unterhalten oder mit einer anderen Person Zeit zu verbringen.
In der Zukunft würde sie mehr als genug Zeit haben für zwanglosen Smalltalk mit Leuten aus ihrem großen Bekanntenkreis.
Den Rest ihres Lebens, um genau zu sein.
Aber sie würde deswegen nicht weinen.
Dieses Versprechen hatte sie sich selbst gegeben. Das würde sie nur noch unglücklicher machen, und Nicholas würde leiden. Das wollte sie auf keinen Fall. Sie liebte ihn.
Unter all den Leuten, die sie in dieser Nacht getroffen hatte – die bekanntesten und klügsten Köpfe der Stadt und des Staates –, gab es eigentlich nur eine Person, mit der sie sich unterhalten wollte: Nicholas.
Sie wollte wissen, was er von dem Buch hielt, das sie vorgestellt hatte. Was er über den übertrieben ängstlichen Autor dachte, ob er die zimperliche Frau des Senators genauso lächerlich fand wie sie, und ob er ebenfalls der Meinung war, dass der Champagner zu süß war.
Isabelle hätte den Rest ihres Lebens nur mit Nicholas verbringen können und wäre glücklich gewesen.
Leider würde sie nicht die Chance bekommen, herauszufinden, ob es wirklich so war.
Tränen brannten unter ihren Augenlidern, und sie hob den Kopf, weil sie sich nach einem Kuss von ihm sehnte – nein, verzehrte. Er musste sie beobachtet haben, denn er neigte sofort den Kopf, um ihren Wunsch zu erfüllen. Sie öffnete sich ihm, genoss seinen Geschmack, vertraut und doch aufregend, anders als alles, was sie bisher in ihrem Leben gekostet hatte.
Der Aufzug kam mit einem sanften Ruck zum Stehen, und Nicholas sah sie an, seine dunklen Augen glitzerten. »Isabelle«, sagte er mit leiser, belegter Stimme. »Ich …« Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Die Lichter des Kronleuchters erhellten den Raum, und Isabelle, deren Blick durch die Vorhalle gewandert war, stieß einen spitzen Schreckensschrei aus.
Nicholas stürmte an ihr vorbei, ein dunkler, tödlicher Schatten, der sich so schnell bewegte, dass er zu einem Farbklecks verschwamm.
Isabelle begriff kaum, was sie vor sich sah. Kevin – Nicholas’ rechte Hand – lag in einer Blutlache auf dem Marmorboden, sein halber Kopf war
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