In tiefer Sehnsucht
gab die Zahlen in die Tastatur ein und schob Nicholas durch die Tür nach draußen. Sie standen in der Einfahrt.
Irgendein Gott sah auf sie herunter und beschützte sie. Nicholas’ Lexus stand nur ein paar Meter entfernt.
Plötzlich stolperte Nicholas und fiel zu Boden. Isabelle fiel neben ihm auf die Knie. Schnell legte sie einen Finger auf seinen Hals und atmete erleichtert auf, als sie seinen Puls fühlte. Er war nur bewusstlos, nicht tot. Ihre Muskeln entspannten sich wieder.
Sie hielt immer noch ein Stück des Tischtuchs in der Hand und zerriss es zu einem langen, dünnen Streifen. Ächzend drehte sie Nicholas auf den Rücken und bemerkte erschrocken, wie bleich er war.
Bitte, lieber Gott, mach, dass er nicht stirbt,
wiederholte sie immer und immer wieder.
Sie verdrehte den Stoffstreifen zu einer festen Schlinge, um ihn widerstandsfähiger zu machen, und band Nicholas’ Handgelenke damit zusammen. Dann legte sie die Schlinge um ihren Hals und marschierte vorwärts, ihn hinter sich herziehend. Der Boden wurde von einer hohen Schneedecke bedeckt, und es waren mindestens zehn Grad unter null, dennoch schwitzte sie heftig, als sie ihn zum Auto schleifte.
Keuchend und halb ohnmächtig vor Angst schaffte sie es, ihn aufzurichten und auf den Rücksitz zu befördern. Sie rannte um den Wagen herum zur Fahrerseite und setzte sich just in dem Moment hinters Steuer, als die Tür des Geheimgangs sich öffnete und ihre Verfolger herausstürmten.
Mit quietschenden Reifen und offener Fahrertür fuhr Isabelle los, wobei sie hektisch an der Fernbedienung herumfummelte, um das Tor zu öffnen. Kugeln prallten funkensprühend von dem massiven Stahltor ab, als die Männer anfingen, auf sie zu schießen. Der Wagen rutschte über das Eis, eine Kugel flog durch die Heckscheibe und trat auf der Beifahrerseite durch die Frontscheibe wieder aus, während Glassplitter sich im ganzen Wagen verteilten. Die Schnitte in ihren Händen bemerkte sie kaum, als sie das Glas von ihrem Schoß fegte. Durch das Blut wurde das Lenkrad schlüpfrig, und sie musste fester zupacken.
Sie trat das Gaspedal durch und fuhr direkt auf das Tor zu. Sie wagte nicht abzubremsen und betete, dass ihre Verfolger nicht auf die Reifen zielten. Schluchzend hielt sie auf das immer noch geschlossene Tor zu, hämmerte dabei unablässig auf die Fernbedienung ein.
Endlich begannen sich die Torflügel zu öffnen. Eine weitere Kugel traf die Rückseite des Wagens und sie hätte beinah die Kontrolle verloren. Sie trat das Gaspedal durch und raste durch das Tor. Nur knapp entging sie einer Kollision mit den sich öffnenden Torflügeln.
Über die vereiste Straße schlitternd, kämpfte Isabelle mit dem Lenkrad, als der Wagen sich einmal komplett um sich selbst drehte. Sie hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie fahren sollte. Sie wusste nur, dass sie wegmussten.
Jetzt.
Die Räder drehten durch, trafen wieder auf soliden Boden, und sie raste die Straße hinunter. Im Rückspiegel sah sie, wie der erste von Mendozas Gehilfen aus dem Tor rannte. Er stand mitten auf der Straße und machte sich zum Schießen bereit, stellte die Füße hüftbreit auseinander und hob die Pistole, die er mit beiden Händen fest umklammerte. Sie behielt ihn im Rückspiegel im Auge, da sie wusste, dass sie noch in Reichweite seiner Kugeln war. Der Mann zielte.
In diesem Moment wurde die stille Nachtluft von einer Explosion zerrissen. Der Schütze wurde zur Seite geschleudert, und ein greller Lichtblitz blendete Isabelle. Eine Feuerwolke erhob sich in den Nachthimmel, dicht gefolgt von Rauchschwaden. Eine Sekunde später hörte sie ein lautes Dröhnen.
Isabelle konzentrierte sich auf die Straße und war verblüfft, als der Himmel vor ihr ebenfalls explodierte.
Sie fragte sich, ob sie Halluzinationen hatte, als sie plötzlich begriff, was die Sterne, Feuerräder und fröhlichen, bunten Farbexplosionen vor ihr zu bedeuten hatten.
Das Feuerwerk.
Es war Mitternacht. Das neue Jahr hatte begonnen.
Isabelle hielt auf die glitzernde Nacht zu.
Epilog
Hunderte von Menschen hatten Isabelle Summerby und Nicholas Lee zusammen bei dem Empfang des Arkana Verlags im Marriott gesehen, und es war ihnen auch nicht entgangen, dass das Paar die Party gemeinsam verlassen hatte. Da Isabelle Summerby danach nie wieder gesehen wurde, ging man davon aus, dass sie mit Lee zu seinem Haus gefahren und bei der Explosion ums Leben gekommen war.
Isabelles tragischer und viel zu früher Tod schockierte die Bewohner der
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