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In Todesangst

Titel: In Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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verengten sich zu Schlitzen. Offenbar überlegte er, wo er mich schon mal gesehen hatte.
    »Wenn Sie nächstes Mal ’ne Probefahrt machen«, schnauzte ich ihn an, »sind Sie hinterher gefälligst so freundlich, die Karre zu reinigen, verstanden?«
    Der Groschen fiel.
    Fletcher fuhr sich mit der Hand über den Schädel und sah mich wortlos an.
    »Sie haben sie wohl nicht mehr alle«, sagte ich. »Für wen halten Sie sich eigentlich? Merken Sie sich eins: Wir sind keine Autovermietung, kapiert?«
    Er öffnete den Mund, schien etwas antworten zu wollen, fand aber nicht die richtigen Worte.
    Die Haustür ging auf. Sie quietschte, als wären die Angeln schon seit Ewigkeiten nicht mehr geölt worden. Fletcher wandte sich um. Ein junges Mädchen stand in der Tür. »Essen ist fertig, Dad.«
    Sie war vielleicht zehn, zwölf Jahre alt. Viel konnte ich im Halbdunkel nicht erkennen, sah aber, dass sie eine Zahnspange trug.
    »Komme gleich, Spatz«, rief Fletcher.
    Er wandte sich wieder zu mir. »Entschuldigen Sie mich«, sagte er. »Ich muss jetzt mit meiner Tochter zu Abend essen.«
    Und damit ging er zum Haus, während ich ihm hinterher sah und mich plötzlich sehr, sehr klein fühlte.
     
    ***
     
    Kates silberner Ford Focus stand in der Einfahrt, als ich nach Hause kam. Sie lehnte an der Fahrertür, eine braune Papiertüte in der einen, eine Flasche Wein in der anderen Hand.
    Ich parkte, und als ich auf sie zutrat, ergriff ein Urinstinkt Besitz von mir. Ich brauchte sie, ihre Zuneigung, ihren Trost. Ich zog sie fest an mich, legte den Kopf an ihre Schulter. Sie erwiderte die Umarmung.
    »Ist ja schon gut«, sagte sie. »Ist ja schon gut.«
    Ich sagte kein Wort, sondern hielt sie einfach nur fest.
    »Ist etwas passiert?«, fragte sie. »Komm, lass uns reingehen.«
    Beinahe willenlos ließ ich mich von ihr zur Haustür führen. In der Diele sagte sie: »So, ich decke jetzt mal den Tisch, und dann erzählst du mir alles. Du meine Güte, du siehst aus, als hättest du fünf Kilo abgenommen.«
    Mir war selbst schon aufgefallen, dass mir meine Hosen zu weit geworden waren, ich hatte aber keine weiteren Gedanken darauf verschwendet.
    »Magst du ein Glas Wein zum Essen?«
    »Lass mich noch kurz etwas überprüfen«, sagte ich.
    Sie nickte. »Wenn du fertig bist, muss ich dir unbedingt erzählen, was für ein Chaos Edith bei der letzten Lieferung angerichtet hat.«
    »Bin gleich wieder da«, sagte ich.
    »O nein«, platzte sie heraus, als sie die Küche betrat. »Was ist denn hier passiert?«
    Mein kleiner Wutausbruch von vorhin. »Nicht der Rede wert«, sagte ich.
    Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte ich nach oben. Ich machte mir nicht mal die Mühe, mich hinzusetzen, sondern beugte mich nur über den Computer und checkte, ob es irgendwelche neuen Nachrichten auf unserer Website gab.
    Ich fand zwei Stück vor. In der einen stand, es gäbe ein Problem mit meinem eBay-Konto. Dabei hatte ich gar kein eBay-Konto. Ich löschte die Nachricht.
    Dann öffnete ich die zweite E-Mail.
    Sie begann:
    »Sehr geehrter Mr Blake: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Ihre Tochter gesehen habe.«
     
    ACHT
     
    Ich zitterte so sehr, dass ich mich erst mal setzen musste.
    Die E-Mail kam von einer Hotmail-Adresse, die sich aus den Lettern »ymills« und einer Reihe von Zahlen zusammensetzte.
    »Sehr geehrter Mr Blake: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Ihre Tochter gesehen habe. Ich arbeite bei einer Anlaufstelle für gestrandete Jugendliche in Seattle …«
    Seattle? Was, verdammt noch mal, sollte Syd in Seattle zu suchen haben? Doch dann hielt ich inne. Seattle hin oder her – entscheidend war doch, dass Syd offenbar noch lebte.
    Die Blutspuren in ihrem Wagen. Den ganzen Tag hatte ich an nichts anderes denken können.
    Ich las weiter: »Ich arbeite bei einer Anlaufstelle für gestrandete Jugendliche in Seattle, weshalb ich mir regelmäßig Websites über verschwundene Kids ansehe. Als ich auf die Fotos von Ihrer Tochter stieß, habe ich sie sofort wiedererkannt. Zumindest bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es war, auch wenn ich mich nicht an den Namen Sydney erinnern kann. Soweit ich mich entsinne, hat sie sich mir als ›Susan‹ oder ›Suzie‹ vorgestellt.«
    Also mit dem Namen ihrer Mutter. Einen Moment lang fragte ich mich, ob mit dem Computer etwas nicht stimmte, weil der Cursor ununterbrochen hin und her zuckte. Doch dann fiel mir auf, dass meine rechte Hand, mit der ich die Maus hielt, unkontrolliert zitterte.
    »Sie

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