In tödlicher Gefahr
großzügige Frau.“
„Es hat mich überrascht, als ich vom Verkauf ihres Hauses hörte. Sie hing sehr daran.“
Abbie wählte eine weitere Zitrone aus, begutachtete sie und schnitt sie in zwei Teile. „Sie behielt das Anwesen, solange es ging, doch irgendwann wurde es ihr zu viel. Sie hatte natürlich Hilfe. Aber Sie wissen, wie sie ist. Immer wollte sie alles allein machen.“
„Ich hätte vermutet, dass ein Bauunternehmer die Gelegenheit nutzt, um hier eine Reihe von Luxusherbergen hinzusetzen.“
„Das war auch geplant, glauben Sie mir.“ Sie langte über den Tresen nach einem Glaskrug, und John nahm wieder einen Hauch ihres Parfums wahr – ein leichter, femininer Duft, den er schon im Restaurant gerochen hatte. „Die Bauunternehmer hofierten sie seit Jahren und boten ihr irre Summen für das Land. Aber Catherine ist eine wohlhabende Frau, wie Sie wissen. Sie macht sich nichts aus Geld. Sie suchte jemanden, der die Schönheit des Anwesens bewahrte. Als sie hörte, dass ich mich nach einem Grundstück für ein Haus umsah, kam sie auf mich zu. Zunächst amüsierte es mich, weil ich annahm, ihren Preis nie zahlen zu können. Dann überraschte sie mich mit einem unglaublich günstigen Angebot. Als Gegenleistung verlangte sie meine schriftliche Zusage, dass ich nie einen Acre an Bauunternehmer verkaufe.“
John blickte zu der hohen Balkendecke hinauf, die früher nicht da gewesen war. Er hatte immer eine Vorliebe für Holz gehabt. „Hat sie gesehen, wie Sie das Haus umgebaut haben?“
„Catherine ist häufig unser Gast. Sie liebt jeden Winkel. Manchmal neckt sie mich damit, dass sie ihr Haus gern zurückhätte.“
„Ist so ein Anwesen nicht schwer zu erhalten?“
Amüsiert sah Abbie ihn an. „Sie wollen wissen, ob ich Rasen mähe, den Pool reinige, die Glühbirnen wechsle oder all die anderen Männerarbeiten am Haus erledige?“
Er lachte. „So ähnlich.“
„Der junge Mann, der bei meiner Mutter den Rasen mäht, hilft mir auch hier im Garten. Große Reparaturen werden von Handwerkern erledigt, und den Rest mache ich mit Bens Hilfe.“
„Sie scheinen sehr unabhängig zu sein.“
„Das klingt, als wären Sie überrascht.“
„Ein wenig, aber nicht so, wie Sie denken. Ich habe mich nur gefragt, warum jemand mit Ihrem Aussehen und Ihrem klugen Verstand nicht wieder geheiratet hat.“
„Vermutlich, weil ich nicht den Richtigen gefunden habe.“
„Suchen Sie ihn denn?“ Die Frage war heraus, ehe er es verhindern konnte.
Abbie erholte sich schnell von ihrer Verblüffung über die offene Frage und sah ihn neckend an. „Schwebt Ihnen jemand vor?“
„Kann man nie wissen.“
„Und warum haben Sie nicht wieder geheiratet?“
„Zu beschäftigt, zu wählerisch.“ Lächelnd zitierte er sie. „Ich habe nicht die Richtige gefunden.“
Aber vielleicht doch, vielleicht stand sie direkt vor ihm. Und plötzlich hatte das Wort Beziehung keinen so bedrohlichen Klang mehr. Er sah, wie sie mit raschen, präzisen Bewegungen den Saft in die Glaskanne füllte und einige Löffel Zucker, eine Hand voll Eiswürfel und Wasser hinzugab.
„Ich wusste gar nicht, dass man noch so ursprünglich Limonade herstellt.“
„In diesem Haus gibt es nur das Echte oder gar nichts.“ Sie stellte den Krug auf ein Tablett. „Ein Motto meiner Mutter, nach dem ich immer noch lebe.“
John erinnerte sich, gelesen zu haben, wie ihre Mutter sie geprägt und ihre Entscheidungen unterstützt hatte. „Sie stehen ihr wohl sehr nahe.“
„Ja, das stimmt.“ Sie deutete auf den Schrank. „Würden Sie mir vier Gläser vom oberen Regal geben? Die hohen mit den blauen Muscheln.“
Er holte die Gläser herunter und stellte sie auf den Tresen. „Sehen Sie sie oft?“
„Wen?“
„Ihre Mutter.“
„Ja“, erwiderte sie ein wenig kurz angebunden und reichte ihm das Tablett. „Sie können das hinaustragen. Ich hole noch ein wenig Eis.“
Überrascht von der brüsken Reaktion, wollte er etwas erwidern, unterließ es jedoch. Irgendetwas hatte sie verärgert. Vielleicht mochte sie es nicht, wenn man ihr Privatleben ausforschte. Wahrscheinlich war ihr auch die Erkrankung der Mutter unangenehm. Obwohl die Krankheit nun schon seit einiger Zeit bekannt war, fanden es nicht alle Leute einfach, darüber zu sprechen.
Doch sosehr er ihre plötzliche Veränderung auch zu rechtfertigen versuchte, blieb doch der nagende Verdacht, dass dies irgendwie mit dem Mord an ihrem Stiefbruder zu tun hatte. Er wusste nicht, wie, aber er
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