In tödlicher Gefahr
Hast du das kapiert?“
Ehe Arturo den Mund schließen konnte, stürmte Tony hinaus und wünschte sich, davonlaufen und den Bruder seinem Schicksal überlassen zu können. Doch Tony liebte den großen Halunken und schuldete ihm Dank, weil der ihn als Kind immer beschützt hatte.
Im
barrio
aufgewachsen, waren beide frühzeitig einer Straßengang beigetreten. Tony war vierzehn gewesen und Arturo neunzehn. Angewidert von der Gewalt hatte Tony vier Jahre später die Blades verlassen und im Lebensmittelgeschäft der Eltern angefangen. Er hatte sogar ein paar Kurse am örtlichen College belegt. Arturo hingegen spekulierte bereits darauf, der nächste Anführer der Bande zu werden. Kurz nach seiner Einsetzung als neuer
jefe
der Blades war Arturo von einem Mann angesprochen worden, der sich als mächtiger Drogenboss zu erkennen gab und jemanden mit Mut suchte, der sein Verteilungszentrum in Toledo, Ohio, führte.
Tony war besorgt gewesen, sein Bruder könnte eine kriminelle Laufbahn einschlagen, und hatte ihn zu überreden versucht, das Angebot abzulehnen. Arturo hatte ihn nur ausgelacht.
„Bist du verrückt, Tone? Sieh mich doch an.“ Auffordernd hatte er die Arme ausgebreitet, um sein Argument zu untermauern. „Ich bin nur ein lumpiger Bandenführer, ein hässlicher, gemeiner Mexikaner ohne Geld und Zukunft. Dass ich hässlich bin, kann ich nicht ändern, aber arm muss ich bestimmt nicht bleiben.“
In puncto Geld behielt er Recht. Innerhalb eines Monats verdiente Arturo tausend Dollar die Woche, steuerfrei, und lebte auf großem Fuß. Das Geschäft lief so gut in Toledo, dass er einen Partner hereinnahm, Ian McGregor.
Zwei Jahre später ging McGregor der Polizei ins Netz und wurde freigelassen, nachdem er dem Staatsanwalt Arturo auf einem Silbertablett geliefert hatte.
Obwohl Arturo geschworen hatte, sich an seinem früheren Partner zu rächen, hatte Tony immer gehofft, er würde den Verrat irgendwann vergessen und einfach sein Leben weiterführen. Pech gehabt. Nachdem Arturo durch die Buschtrommeln im Gefängnis gehört hatte, dass McGregor draußen war, begann er zu packen.
Leise fluchend ging Tony in sein Zimmer, holte seine Reisetasche aus dem Schrank und warf sie aufs Bett. Arturo davon abzuhalten, McGregor umzubringen, war keine Aufgabe, die ihn freute, doch wer sollte es sonst tun?
Abbie nannte die Küche des Campagne das Nervenzentrum, und jeder, der einmal dort gewesen war, würde ihr zustimmen. Es war ein emsiger, lauter, hektischer Ort, und die meisten Besucher dankten ihrem Schöpfer, dass sie hier nicht arbeiten mussten.
Abbie empfand es genau umgekehrt. Gleichgültig, wie viele Stunden sie in der Küche verbrachte und wie erledigt sie am Ende eines Tages war, die Hektik und die zu bewältigenden Herausforderungen wurden ihr nie zu viel.
Froh, dass die Küche mit der Effizienz und Präzision einer gut geölten Maschine lief, nahm Abbie ihre Schürze vom Haken und lächelte Brady an, der auf sie zukam.
„Wie ist es gelaufen?“ fragte er eifrig.
Ihr Souschef war ein ansehnlicher junger Mann mit dem Aussehen eines Filmstars: kurze, stachelige blonde Haare à la Brad Pitt und ein einnehmendes Lächeln. Ein gebrochener Ellbogen hatte seine viel versprechende Baseballkarriere beendet und ihn gezwungen, sich nach neuen Möglichkeiten für seinen Lebensunterhalt umzuschauen. Auf Anraten seiner Freunde, die seine Kochkünste liebten, hatte er sich in einer örtlichen Kochschule eingeschrieben und nach der Ausbildung einen Job als zweiter Assistent des Küchenchefs in einem Restaurant in Philadelphia bekommen. Als Abbie vor drei Jahren das Campagne eröffnete und einen Souschef suchte, hatte sie seine Bewerbung gelesen und sofort ein Vorstellungsgespräch vereinbart. Nach zehn Minuten war ihr klar gewesen, dass sie den Richtigen hatte. Sie verstanden sich so ausgezeichnet, dass sie dem Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis rasch entwuchsen und Freunde wurden.
Da Brady Ben stundenlang beigebracht hatte, seine Schlagtechnik zu verbessern, gab Abbie ihm einen ausführlichen Spielbericht, weil er das erwartete. Als sie von Bens spektakulärem ‚Triple‘ im letzten Inning erzählte und den drei ‚RBIs‘, strahlte Brady.
„Er ist ein Anwärter für das Allstar Team“, urteilte er mit überzeugtem Kopfnicken.
Abbie band sich die Schürze um die Taille. „Sag ihm das nicht, okay? Ich möchte ihm eine Enttäuschung ersparen, falls er nicht ausgewählt wird.“
„Falls er nicht ausgewählt wird,
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