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In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück

Titel: In Wahrheit wird viel mehr gelogen - Erben bringen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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unterdrückendes Bedürfnis, leider.
    »Der Mann, mit dem du verheiratet warst, hat zu seinen Lebzeiten leider vergessen, dir mitzuteilen, dass er nicht nur über sein mageres Dozentengehalt verfügt, sondern auch über nicht unerhebliche Einkünfte durch Mietshäuser und diverse Vermögensanlagen.« Mimis dunkle Augen funkelten. »Und das macht dich nicht wütend?«
    Ach so, das meinte sie. Nein, dann war ich wirklich nicht wütend. Ich zuckte mit den Achseln. »Geld ist mir immer schon total egal gewesen. Und Karl eben auch.«
    »Das ist das, was du denkst!«
    »Ja.«
    »Aber da liegst du falsch. Weißt du noch, letztes Jahr Weihnachten? Du wolltest gern nach Deutschland kommen, aber Karl hat gesagt, ihr könnt euch den Flug im Moment nicht leisten. Papa hat euch dann die Flugtickets bezahlt.« Mimi schnaubte. »Und die ganze Zeit über saß dieser Kerl auf einem dicken Vermögen und hat keinem was davon gesagt. Wenn ich nur an die Bruchbude denke, in der ihr in Madrid gehaust habt. Und diese winzige Wohnung in London mit derkaputten Heizung! Bohémien! Dass ich nicht lache. Der war kein Bohémien, der war einfach nur ein Geizkragen.«
    »Mimi!«, flüsterte Ronnie, aber wenn meine Schwester einmal loswetterte, konnte man sie so schnell nicht bremsen.
    »Er hat dir auch nicht verraten, dass er mit seinem Bruder über ein nicht unbeträchtliches Erbe im Clinch liegt«, fuhr sie unbeirrt fort. »Warum auch? Am Ende hättest du ja denken können, er hätte genug Geld, um dir mal einen neuen Wintermantel zu kaufen.«
    »Ich hatte alles, was ich brauchte.«
    »Ja, wie überaus praktisch für Karl, dass er für deine bescheidenen Bedürfnisse nicht an sein Vermögen musste. Und Papas Geld hat er auch ohne Wimpernzucken angenommen.«
    »Vielleicht solltest du diese Therapeutin aufsuchen«, schlug ich vor. »Du bist offenbar diejenige, die wütend auf Karl ist.«
    »Ja«, gab Mimi zu. »Und wie! Aber ich war nicht mit ihm verheiratet. Und mir gegenüber hat er sich ja auch nicht verhalten wie Ebenizer Scrooge.«
    Ronnie hatte unseren Wortwechsel mit wachsender Unruhe verfolgt, aber seine vielsagenden Blicke und sein Geflüster hatte Mimi einfach ignoriert. »Mimi, ich weiß nicht, ob das der richtige Moment ist, über Karls äh mögliche äh Schwächen zu sprechen«, sagte er jetzt lauter. »Es geht doch nur darum, dass Carolin sich Hilfe sucht. Und eine Gesprächstherapie ist immerhin ein Anfang.«
    Mimi schnaubte noch einmal, sagte aber nichts mehr.
    »Bitte, Carolin«, sagte Ronnie. »Wenigstens einen Versuch kannst du ja machen.«
    Ich beschloss, die Taktik zu wechseln und sagte: »Ich würde ja da hingehen, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist das alles so schwierig wegen der Krankenversicherung und dem Wohnsitz und überhaupt – so ohne Überweisung …«
    Da breitete sich auf Ronnies und Mimis Gesichtern ein Lächeln aus, und ich wusste, dass ich verloren hatte. Eigentlich hätte ich es mir aber auch denken können. Während ich meine Tage mit misanthropischen Gedanken (»alles Idioten!«), dem sinnlosen Wühlen in Umzugskartons (auf der Suche nach vergoldeten Schnupftabaksdosen) und dem Testen der Wirkung von Wein (gar nicht so übel – jedenfalls, wenn man weiß, wann man aufhören muss) gefristet hatte, war meine Schwester rührig gewesen und hatte sich meiner komplizierten Krankenversicherungslage angenommen. Und während ich meinen allerersten richtigen Rausch ausschlief, hatte Ronnie für mich eine Überweisung von seinem Hausarzt besorgt und einen Termin bei der Therapeutin gemacht. Der gleiche Hausarzt übrigens, der mir, ohne mich jemals persönlich kennen zu lernen, ein Rezept für Beruhigungsmittel und angeblich stimmungsaufhellende Pillen ausgestellt hatte. Das Rezept hatte ich noch nicht eingelöst. Egal, was ich auch schlucken würde – Karl wurde dadurch nicht wieder lebendig. Außerdem hatte ich zuerst die stimmungsaufhellende Wirkung von Wein ausprobieren wollen.
    Nun ja. Der Selbstversuch hatte zugegebenermaßen ein wenig unglücklich geendet. Besoffen auf dem Bürgersteig herumzuliegen war ein Tiefpunkt, den ich so nicht eingeplant hatte. Ich sah daher ein, dass ich auf Außenstehende wie jemand wirken musste, der eine Therapie benötigt. Aber ich wollte trotzdem keine. Schon gar nicht bei einer Person, die Kerstin K. Karthaus-Kürten hieß.
    »Ich hasse sie jetzt schon«, sagte ich zu Mimi, als ich die vielen Ks auf dem Edelstahlschild an der Praxistür eingraviert sah.
    »Das macht nichts«, sagte

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