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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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etwas ändern würde. Wie lang war er bereit zu warten? Er wusste es nicht. Trotzdem griff er zum Telefon und wählte ihre Nummer. Sie meldete sich nach dem zweiten Klingeln.
    »Hallo, Tino.« Ihre Stimme klang weich. Leise Musik war im Hintergrund zu hören. Norah Jones. Die CD, die er ihr geschenkt hatte.
The more I learn to care for you, the more we drift apart.
Vermutlich saß sie auf dem roten Sofa im Wohnzimmer.
Why can’t I free your debtful mind and melt your cold cold heart?
Es war einfach nicht die richtige Zeit. Weshalb hatte er angerufen? Die Hoffnung stirbt zuletzt, dachte er. »Wollen wir gemeinsam kochen?« Ihm fiel das Reden leichter, wenn er dabei etwas zu tun hatte.
    »Du kommst also?«
    Klang das erleichtert? »Es tut mir leid. Ich hätte dich längst zurückrufen sollen.« Er wollte keine faulen Ausreden verwenden und wusste im Moment nicht, was er sagen sollte.
    »Der Mord an dem alten Mann hält dich sicher auf Trab.«
    »Das auch, ja. Lass uns morgen darüber reden. Hast du Lust auf Jakobsmuscheln mit Gemüsejulienne und Wildreis?«
    »Klingt verlockend. Bringst du die Muscheln mit? Die bekomme ich hier draußen nicht.«
    »Gerne. Und dazu eine Flasche Pouilly Fumé?«
    »Warum nicht?«
    »Ich freue mich«, sagte er. Ich liebe dich, meinte er.
    »Ich mich auch. Also dann bis morgen.«
    »Bis morgen.« Bevor er auflegte, hörte er noch einige Takte Norah Jones.
Come with me, together we can take the long way home.
Vielleicht würde alles gut. Eine Weile spürte er noch diesem Gefühl nach, das wie leichte Dünung in ihm anbrandete.
    Als er vor das Präsidium trat, fuhr ihm ein eisiger Wind ins Haar und zerrte an seinem Mantel. Die Luft prickelte wie Champagner. Gut gelaunt ging er zu Feinkost Dallmayr.
    In der Confiserieabteilung kaufte er für Gina Orangentrüffel und Armagnac-Kirschen, in der Weinabteilung zwei Flaschen Pouilly Fumé, und in der Fischabteilung bestellte er für den nächsten Tag ein Dutzend Jakobsmuscheln. Als er das Geschäft verließ, kam ihm eine junge Frau entgegen. Er hielt ihr die Tür auf. Sie lächelte ihn an. »Cooler Song.« Erst jetzt bemerkte er, dass er eines der Norah-Jones-Lieder vor sich hin summte. Er erwiderte ihr Lächeln und überquerte die Straße, um am Marienhof in die Katakomben der U-Bahn hinabzusteigen. Als er den Bahnsteig erreichte, fuhr die U 6 nach Großhadern ein. Eine Viertelstunde später stieg er an der Station
Klinikum Großhadern
aus. Dort musste er sich erst orientieren und fand nach kurzem Suchen den richtigen Ausgang.
    Vor ihm lag die Universitätsklinik wie ein Ufo, das, vor Jahrzehnten aus fernen Galaxien kommend, hier auf diesem Acker gelandet war und nicht in die Weiten des Alls zurückkehren konnte. Es war in die Jahre gekommen; Schmutz hatte sich als graue Patina an der Aluverkleidung festgesetzt, schmucklose Fenster starrten wie wimpernlose Augen in die Nacht. Die am Haupteingang rotierende Drehtür schaufelte einen müde wirkenden Mann auf den Vorplatz. Dühnfort trat in die Schleuse und fand sich einen Moment später im neonhellen Empfangsbereich der Klinik wieder. Rolltreppen glitten lautlos nach oben und unten. In den Anmeldekabinen mit Nummerntafeln tat um diese Zeit niemand mehr Dienst. Es roch nach Putzmittel und Zigarettenrauch, das leise Brummen der Klimaanlage lag über der Stille. Ein älterer Herr saß hinter einer Glasscheibe mit der Aufschrift
Information.
Dühnfort fragte ihn, wo die Urologische Abteilung sei, und folgte seiner Wegbeschreibung in die vierte Etage. Dort ging er durch einen nach Putzmitteln riechenden Gang und betrat die Station H 4 .
    Die gute Stimmung war verflogen. Mit einem Mal fühlte er sich deprimiert. Ein Mann im Schlafanzug schob ein Metallgestell mit Infusionsflasche und Urinbeutel neben sich her. Eine Pflegerin kam aus dem Stationszimmer. Schwester Christine, stand auf dem Namensschild am weißen Kittel. Er fragte sie nach Gina Angelucci.
    »Zimmer 223 . Aber da ist sie nicht. Sie sitzt im Vorzimmer des Professors und arbeitet.« Schwester Christine grinste. »Ich lästere auch nie wieder über faule Beamte«, sagte sie und hob die Finger wie zum Schwur. Sie beschrieb ihm den Weg. Dühnfort dankte ihr verwundert und betrat zwei Minuten später das Wartezimmer des Professors, an das sich das Vorzimmer anschloss. Die Tür war angelehnt. Er hörte das Klappern einer Computertastatur und klopfte an.
    Gina rief: »Herein.« Sie klang munter und strahlte ihn an, als er die Tür öffnete. »He,

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