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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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am Dienstag. Zwei Schreibtische mit PCs, der Tisch mit Modellbaumaterial, Zeichnungen und Fotografien an den Wänden, Bertrams Acrylschreibtisch mit Telefon, allerdings ohne Laptop. Am Dienstag hatte hier ein Laptop gestanden. Dühnfort durchsuchte das ganze Büro danach, dann nahm er den Autoschlüssel aus einer Schale im Flur und ging auf den Garagenvorplatz. Weder im Kofferraum noch im Innenraum des Porsches lag der Laptop. Eine klamme Kühle breitete sich in Dühnfort aus. Er knallte den Kofferraumdeckel zu, Merde, kehrte ins Büro zurück und startete einen der PCs. Ohne Passwort gelangte er an die Festplatte. Sie war gelöscht. Dühnfort zog das Handy aus der Tasche und rief Alois an.
    »Habt ihr Bertrams Laptop mitgenommen?«
    »Warum hätten wir das tun sollen?«
    Im selben Moment fiel Dühnfort ein, dass er auch Bertrams Handy nirgends gesehen hatte. »Und sein Handy?«
    »Außer der Waffe haben wir nichts mitgenommen.«
    Ärger ballte sich in Dühnforts Magen zusammen wie erkaltendes Blei. »Ich weiß ja nicht, was du unter einerHausdurchsuchung verstehst. Offensichtlich etwas anderes als ich. Ich brauche dich hier, und bring Meo mit.«
    »Wenn du mir noch sagst, wo
hier
ist.«
    Immer wenn Dühnforts Ärger den Höhepunkt erreichte, wurde er ganz ruhig. »Finde es heraus«, sagte er und legte auf.
    Eine halbe Stunde später stand Dühnfort neben Alois in der Küche, steckte das Fitzelchen der Papiermanschette in einen Plastikbeutel und beschriftete ihn.
    »Du veranstaltest hier ein sinnloses Bohei. Bertram hat Selbstmord begangen.« Alois lehnte mit verschränkten Armen am Kühlschrank und beobachtete ihn.
    »Schön, dass du dir wieder einmal so sicher bist. Ich bin es nicht. Es fehlen außer den Daten auf dem PC eine Flasche, ein Laptop und ein Handy.« Dühnfort zog seines aus der Tasche und tippte die Nummer von Bertrams Handy ein. Schon nach dem ersten Klingeln erklang eine elektronische Stimme.
Der von Ihnen gewünschte Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar. The person
 … Bertrams Handy war ausgeschaltet. Dühnfort legte auf und ging ins Büro zu Meo.
    Meo Klein, der mit Vornamen eigentlich Romeo hieß und diese Namenswahl auch im Alter von fünfundzwanzig Jahren seinen Eltern noch übelnahm, saß an einem der Arbeitsplätze und untersuchte den zweiten PC. Als Dühnfort neben ihn trat, blickte er auf. Zwischen dem blonden Flusenbart leuchteten einige Pickel rot auf. Die langen Haare fielen ihm ins Gesicht. »Nada«, sagte er. »Alle Ordner gelöscht. Aber bis morgen habe ich sie wieder hergezaubert. Die Leute haben keine Ahnung, wie man das richtig macht.«
    »Weißt du, ob sich ein ausgeschaltetes Handy orten lässt?«
    Meo zog die Schultern hoch. »Ja und nein. Also
nein,
wenn es wirklich ausgeschaltet ist.
Ja,
wenn der User denkt, es sei aus, du es aber vorher per SMS so manipuliert hast, dass es anbleibt. Damit kannst du sogar die Freisprecheinrichtung aktivieren und mithören. Aber das dürfen wir alles nicht. Ist verboten.« Meo wackelte mit dem erhobenen Zeigefinger.
    Dühnfort ging zu Alois ins Wohnzimmer, der nachdenklich den Sessel betrachtete. »Hat die Befragung der Nachbarn etwas ergeben?«
    Alois sah auf. »Keiner hat was gehört oder gesehen. Allerdings haben wir das Ehepaar von gegenüber noch nicht befragt, die sind bereits seit Mittwoch verreist. Das können wir uns also sparen.«
    »Wie kommt ihr mit der Befragung der Hotelgäste voran?«
    »Die Liste liegt vor, und Sandra telefoniert sie durch. Aber bis jetzt …« Alois zuckte mit den Schultern. »Und hat der Zeugenaufruf in der Presse was gebracht?«
    »Bisher nicht.« Dühnfort stellte sich neben den Sessel und rief sich das Bild ins Gedächtnis. Bertrams Kopf, der auf der Lehne ruhte, den entspannten Gesichtsausdruck, das Lächeln. Seltsam, so zu sterben und dabei zu lächeln.
    * * *
    Als er ins Büro kam, lagen die Bänder der Verkehrsüberwachung auf seinem Schreibtisch. Obwohl der Zeitpunkt des Überfalls seit heute Morgen unklar war, sah er sie durch. Bertrams Porsche tauchte nirgends auf. Dühnfort nahm die Kassette aus dem Rekorder und holte sich einen Becher Kaffee. Zurück im Büro, startete er den Computer, vertiefte sich aber in die Akten, ohnezuvor seine E-Mails abzufragen. Agnes hatte sicher keine geschrieben. Sollte er sich entschuldigen? Aber wofür? Dafür, dass er sie liebte und Kinder mit ihr wollte und ihr das gesagt hatte? Er war einundvierzig Jahre alt, und wenn er den Traum verwirklichen

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