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Indigo (German Edition)

Indigo (German Edition)

Titel: Indigo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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haaaa ...
    – Welches denn?
    – Ach, da können Sie natürlich nichts dafür, Herr Setz, aber ... haaaa.
    Ich wartete.
    – Diese Jugendlichen waren wieder da, sagte Frau Stennitzer. Und sie haben ... aahh, wie soll man das am besten nennen ... sie haben sich eingemischt. Wieder einmal. Ichmuss mir die nächsten Schritte jetzt wirklich gut überlegen.
    – Was haben sie denn getan?
    – Hm. Wissen Sie, ich frag mich gerade, wie Sie das fragen können. Ich meine, Sie haben sie in Ihrem Artikel doch erwähnt, oder?
    – Ja, hab ich.
    Frau Stennitzer machte eine Pause. Es hörte sich an, als nähme sie einen Zug von einer Zigarette. Nur kurz Zigaretten holen. Unterirdische Gewölbe.
    – Als er hinterher nach Hause gekommen ist, sagte Frau Stennitzer mit einem verbitterten Ton in ihrer Stimme. Mit seinen nassen Haaren und dem Chlorgeruch überall, das hab ich einfach nicht glauben wollen! Das war richtig ... unwirklich war das. An Kenny.
    – An wen?
    – Uncanny. Kennen Sie das Wort nicht?
    – Ach so, ja, uncanny. Unheimlich.
    – Ja, wirklich unheimlich war das, sagte Frau Stennitzer. Ich hab ihn natürlich sofort wiedererkannt, aber er war insgesamt so verändert, in seinem Wesen.
    – Wo war er denn?
    Wieder machte sie eine Pause, in der sie all ihre Energie zu sammeln schien für die unangenehme Mitteilung, die sie leider machen musste:
    – In einem Schwimmbad.
    – In einem Schwimmbad? Das heißt, er war schwimmen.
    – Uncanny, sagte sie und lachte schnappend. Sie hätten sein Gesicht sehen sollen, Herr Setz! Christoph ist sonst nicht so.
    Ich konnte durchs Telefon hören, wie sie den Kopf schüttelte. Vielleicht hatte sie sogar die Augen geschlossen. Und vielleicht ruhte ihr Kopf auf der Lehne eines Stuhls.
    – Okay, Frau Stennitzer, sagte ich, ich muss dann leider los, aber – 
    – Sie haben ihn ins Schwimmbad mitgenommen!
    – Ja, das hab ich verstanden.
    – Und Sie finden nichts dabei?
    – Es war bestimmt nicht böse gemeint, sagte ich.
    Sie gab einen erschrockenen Laut von sich und schluckte. Als hätte ein zufällig vorbeikommender Passant ihr unvermittelt in den Mund gespuckt.
    – Sie haben nicht einmal gewusst, ob er schwimmen kann, sagte sie. Das war ihnen ganz egal. Denen geht es doch nur um ihre ... Mutproben, ihre Schwitzkur, das Aushalten-Können, immer aushalten, die Zone ... Das haben sie von ihren Eltern, mit Sicherheit haben sie es von ihren Eltern! Denn die Fassade täuscht. Die sehen nur so aus, als wären sie verwahrloste Jugendliche, mit Glatze oder mit Stehfrisur, aber in Wirklichkeit sind sie die Kinder von wohlhabenden Leuten hier. Sieht man an ihren Schuhen. Und das muss ich schließlich wissen, denn sie haben ihre Schuhe oft genug vor Christophs Häuschen liegengelassen!
    – Okay, sagte ich. Wahrscheinlich ist das so.
    – Schule schwänzen, Musik hören, unter der Zetschnbrücke herumlungern, das tun sie den ganzen Tag, und wenn sie nach Hause kommen, wartet dort die goldene Mastercard auf sie.
    – Mhm.
    – Ich weiß wirklich nicht, was die sich gedacht haben. Ihn derart vorzuführen wie ein Zirkuspferd! Und er, er lässt sich das alles gefallen! Seine Luftmatratze ... ist nass zurückgekommen. Sie ist vor seiner Tür im Gras gelegen und getrocknet.
    An dieser Stelle hätte sie ohne Weiteres in Tränen ausbrechen können. Aber sie tat es nicht. Ich hörte wieder nur das zigarettenartige Geräusch.
    – Die Luftmatratze ist doch fürs Wasser gedacht, sagte ich.
    – Wie bitte?
    – Die Luftmatratze ist – 
    – Er liest auf ihr! Es ist seine Lese-Matratze! Er konnte einen ganzen Tag nicht auf ihr lesen, weil sie nass war.
    – Frau Stennitzer?
    – Was?
    – Ich glaube, ich muss jetzt auflegen, da draußen ... warten Menschen auf mich.
    – Wo?
    – Bei mir im Garten. Irgendetwas brennt.
    Damit legte ich auf.
    Julia kam ins Zimmer.
    – Weißt du, wie deine Stimme klingt, wenn du lügst?, fragte sie.
    Sie ging zum Fenster und machte es auf. Draußen schien die Sonne.
    – Wie?
    – Als hättest du einen Löffel verschluckt.
    – Einen Löffel verschluckt.
    – Ja, stell dir vor, du isst ein Joghurt, ja? Und dann bist du zu gierig und schluckst aus Versehen den Löffel mit runter. Aber der bleibt dir in der Kehle stecken. So wie auf diesen Röntgenbildern. Weißt du? Wo irgendwelche komischen Amerikaner unmögliche Objekte verschluckt haben.
    – So klinge ich?
    – Ja. Ist dir das noch gar nicht aufgefallen?
    – Und wie

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