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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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waren wir alle wieder mit unseren Surfbrettern auf dem Wasser. Danach begann der Run auf die Duschen und die Clique machte sich schick für den Abend in Forks.
    Ich hatte das neue T-Shirt und meine helle Kakihose angezogen und mir zur Feier des Tages die Lippen dunkelrot angemalt. Jetzt saß ich mit meiner Kamera auf dem Stamm hinter meinem Zelt und schoss Fotos. Alecs und Janice’ Haare waren vom Salzwasser fast weiß ausgeblichen und bildeten einen starken Kontrast zu ihrer sonnenbraunen Haut. Alec hatte einen jugendlichen Dreitagebart und sah tatsächlich aus wie ein Wikinger. Der große dunkle Mark und die schlanke hellblonde Janice waren ein schönes Paar und ich sah, wie glücklich die beiden waren. Klick, klick, klick. Vielleicht gelang es mir, etwas von diesem Glück einzufangen.
    Josh in seinem hellen Leinenhemd und den schwarzen Jeans sah richtig gut aus. Laura war immer um ihn herum. Sie hatte sich besonders fein gemacht, mit einer meergrünen, hauchdünnen Bluse, unter der ihr schwarzer BH verlockend hervorschimmerte. Ihre roten Korkenzieherlocken hatte sie mit einem grünen Tuch aus Rohseide gebändigt und mit ihren Sommersprossen sah sie zum Anbeißen hübsch aus.
    Auch Brandee sah schick aus, mit engen Jeans und bauchfreiem weinrotem Top, einer Farbe, die ihr gut stand (wie eigentlich fast alle Farben). Aber ich sah auch die zartvioletten Schatten unter ihren Augen und dass sie noch schmaler wirkte als sonst. Außerdem war sie ungewohnt schweigsam. Vielleicht hatte sie sich ja vorgenommen, heute mal die geheimnisvolle Stille zu spielen.
    Natürlich hatte sich die Clique nicht für mich so in Schale geworfen, sondern um des Abends willen. In ihrem Glanz verblasste ich, aber das schien ihnen nicht weiter aufzufallen und mir machte es nichts aus. Irgendwann am Ende dieses verrückten Tages wartete Conrad auf mich. Ich konnte es kaum erwarten, ihn wiederzusehen – ihn wieder zu berühren.
    Der Italiener, den Alec vorgeschlagen hatte, war ein halbwegs gemütliches Restaurant an der Hauptstraße in Forks, nur ein paar Schritte vom »Timber Saloon« entfernt. Die Wände des Lokals waren mit den üblichen kitschigen Motiven bemalt: römi sche Säulen, Marmorbüsten, Amphoren und stechend blaues Meer. Aber die üppigen Pflanzen in den Fenstern und zwischen den Gipssäulen waren echt und die Bedienung schien das auch zu sein. Echt italienisch, vielleicht in der dritten Generation.
    Der Kellner war flink und ein richtiger Witzbold, sodass der Abend ausgesprochen lustig wurde. Es floss reichlich italienischer Rotwein und Josh kam bald wieder in Fahrt – er lieferte sich wahre Witzduelle mit dem Kellner, der mindestens doppelt so alt war wie er.
    Auch ich musste mehrmals herzlich lachen. Und das tat verdammt gut. Das Lachen spülte all den Unrat weg, der sich zwischen uns angesammelt hatte, und tatsächlich kam es mir für einen Moment so vor, als würde ich unter Freunden sein.
    Einmal verschwand Brandee auf die Toilette und kam lange nicht wieder. Ich merkte, dass Alec ab und zu verstohlen zur Tür blickte und immer nervöser wurde. Doch dann kehrte Brandee zurück. Ihren Augen war anzusehen, dass sie geweint hatte, das konnten auch die frisch gezogenen schwarzen Linien nicht verdecken. Aber niemand sagte etwas.
    Kurz nach neun verließen wir das Restaurant, und als wir in Joshs Bus stiegen, sah ich Milos’ mit weißem Funkenregen besprühten Pickup auf dem Parkplatz stehen. Ich blickte mich nach ihm um, aber Conrads Freund war nirgendwo zu sehen. Zum Glück. Nach dem, was er am vergangenen Abend von sich gegeben hatte, war Milo der Allerletzte, dem ich jetzt begegnen wollte.

21. Kapitel
    W ährend der Fahrt zurück ins Reservat dachte ich an Conrad. Ich hoffte, der Abend würde so unbeschwert weitergehen, wie er angefangen hatte. In meinen Adern kreisten zwei Gläser Rotwein und der Alkohol zerstreute meine Zweifel, aber irgendwo tief in mir meldete sich ein ungutes Gefühl. Es war ein wenig so wie an jenem Tag, an dem ich auf den Ozean hinausgeschwommen war: die herrliche Stimmung, der glatte Meeresspiegel, die trügerische Stille. Nichts hatte auf das Ungeheuer hingedeutet, das unter der Oberfläche lauerte.
    Ich hatte das Gefühl, als ob es unter der Oberfläche dieses glatten, amüsanten Abends brodelte, und fürchtete, dass das Ungeheuer irgendwann hervorbrechen und losschlagen würde. Nur wann und wie, davon hatte ich keinen blassen Schimmer. Heute war mein Geburtstag und niemand aus der Clique war

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