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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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das Herz gebrochen, hatte Janice gesagt.
    Ich wagte kaum zu atmen. Josh tat mir leid. Es ist schrecklich, in jemanden verliebt zu sein, der deine Gefühle nicht erwidert. Andererseits: Josh war betrunken und ich hatte mehr als einmal erlebt, wie aggressiv und unberechenbar er in diesem Zustand sein konnte. Ich traute ihm nicht mehr über den Weg.
    Deshalb schwieg ich einfach und wartete, bis ich hörte, wie sich seine Schritte auf dem Kies entfernten. Als ich zehn Minu ten später die Tür einen Spalt öffnete und vorsichtig hinausspähte, war Josh verschwunden. Erleichtert atmete ich auf.
    Ich schlug den überwucherten Pfad zum Strand ein, den ich von Conrad kannte, denn ich hatte keine Lust, dass Josh mir auf dem Weg ins Camp auflauerte. Der Pfad war dunkel und der Strahl meiner kleinen Taschenlampe glitt unstet über den Boden und die Sträucher. Als ich die Treibholzbarriere endlich erreicht hatte, war ich sehr erleichtert. Ich steckte die Taschenlampe ein und kletterte auf einen großen Stamm. Der Dreiviertelmond schien hell und das Donnern der steigenden Flut war ohrenbetäubend laut.
    Plötzlich packte mich jemand von hinten an der Schulter. Ich schrie erschrocken auf.
    »Hab dich.« Josh. Er musste sich bei den Duschräumen versteckt haben und mir gefolgt sein. Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden, aber er hielt mich fest.
    »Das ist nicht witzig, Josh.«
    »Smilla«, sagte er, ohne mich loszulassen, »es lief doch prima zwischen uns, bis dieser...«
    »Es lief gar nichts, Josh«, unterbrach ich ihn, bevor er etwas Gemeines über Conrad sagen konnte.
    »Du hast mich angemacht.« Wir schwankten. »Warum gibst du das nicht zu?«
    Meine Signale, dachte ich. Josh hatte von Anfang an meine Signale falsch gedeutet. »Ich war nett zu dir, weil ich dich nett fand. Nicht mehr, nicht weniger. Und nun lass mich los, okay?«
    »Smilla...«
    Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken und stieß ihm meine Ellenbogen in die Rippen. »Ich bin mit Conrad zusammen, Josh. Warum will das nicht in deinen Kopf?«
    Er lachte nur abfällig. »Was willst du mit dem, Smilla? Er ist ein Loser, die sind alle Loser hier. In der richtigen Welt kann er nicht überleben. Mensch, denk doch mal nach. In ein paar Tagen sind wir hier weg, dann siehst du den Typen nie wieder.«
    Das werden wir ja noch sehen, dachte ich und versuchte, mich von Josh loszureißen. Dabei rutschte ich auf dem feuchten Stamm aus, und weil Josh sich an mir festklammerte, riss ich ihn mit. Wir fielen in den Sand. Josh lag auf mir, sein ganzes Muskelgewicht auf meinem Körper, sein Gesicht an meinem. Sein Alkoholatem ekelte mich an. Plötzlich drückte er mir seine Lippen auf den Mund und schob seine Zunge zwischen meine Zähne. Ich zog den Kopf zur Seite und stieß Josh von mir. »Lass das, du bist ja völlig betrunken.«
    Er fluchte etwas Unverständliches und plötzlich waren seine kalten Hände unter meinem T-Shirt. Ich stieß einen empörten Schrei aus und versuchte, mich unter Josh hervorzuwinden, als sein Kopf plötzlich mit einem Ruck nach hinten gerissen wurde und er mit einem erschrockenen Aufschrei rücklings in den Sand flog.
    »Was soll das werden?«, hörte ich eine zornige Stimme aus der Dunkelheit. Conrad. Die Erleichterung, die ich spürte, hielt nur kurz an. Ein kaltes Gefühl durchzuckte mich, ein merkwürdiges Frösteln. Wie lange stand er schon da und was hatte er gehört?
    »Wonach sieht’s denn aus, Häuptling?« Josh versuchte ächzend, sich aufzurappeln, was ihm sichtlich Mühe bereitete.
    »Sie will dich nicht, du perverses Arschloch«, sagte Conrad. Seine Stimme klang schneidend. »Warum geht das nicht in deinen Schädel?«
    Josh kam auf die Beine. Er breitete die Arme aus und grinste boshaft. »Na gut, fick sie noch drei Tage, aber dann ist sie weg. Aus, finito, kapierst du das. Dann ist sie wieder in der richtigen Welt und du kannst sie nicht mehr beeindrucken mit deinem Hokuspokus.«
    »Hau bloß ab, Mann«, sagte Conrad kalt. »Verschwinde und komm nie wieder, hörst du, sonst...«
    »Was, sonst?«, brüllte Josh. »Willst du mir etwa drohen, du Schlappschwanz?«
    Das Wort wirkte wie ein Funke, der eine Explosion auslöste. Conrad holte mit der Faust aus und schlug Josh hart ins Gesicht. Joshs Kopf flog nach hinten und er landete wieder rücklings im Sand.
    »Wenn du sie noch einmal anfasst, mach ich dich kalt«, zischte Conrad.
    Das alles ging so schnell, dass ich erst begriff, was passiert war, als Josh ernüchtert stammelte:

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