Individuum und Massenschicksal
dazu, ihre Kinder zu mißbilligen, wenn sie ungewöhnliche Begabungen zeigen. Sie fürchten, daß ihre Kinder nicht mit den anderen auskommen werden. Sie sind beunruhigt, weil ihre Kinder nicht der Norm entsprechen - aber kein Kind entspricht je der »Norm«.
Viele Erwachsene, die ihre eigenen Begabungen auf dem einen oder anderen Gebiet spüren, spielen diese Fähigkeiten herunter, weil sie Angst davor haben, sich von »der Masse« abzuheben, oder weil sie fürchten, sich der Kritik ihrer Mitmenschen auszusetzen. Religion und Wissenschaft haben ihnen gleichermaßen eingeschärft, daß es besser sei, alles Hervorragende zu vermeiden. Doch jeder lebende Mensch birgt in sich ein Merkmal von Größe und, mehr noch, das Verlangen, seine inneren Begabungen optimal zur Reife zu bringen.
Ich spreche nicht von Größe im Sinne von Berühmtheit oder, wie üblich, nur im Hinblick auf künstlerische oder intellektuelle Fähigkeiten, sondern auch im Hinblick auf Menschen mit großem Gefühlsreichtum.
Auch spreche ich von noch anderen natürlichen Fähigkeiten wie der Traumkommunikation, dem bewußten Einsatz von Träumen und der Kreativität im Alltagsleben. Es gibt Dimensionen menschlichen Gefühlslebens und psychischer Erfahrung, die euch verborgen bleiben, einfach weil ihr den Radius eurer Aufmerksamkeit so sehr auf die Idee der »Norm« einengt. So muß (leise) jede Erfahrung, die sich nicht in das offiziell gebilligte Schema einfügt, als bizarr, exzentrisch und irrelevant erscheinen und von euren Wissenschaften ignoriert werden.
Viele Kinder, die bei ihren Lehrern als zurückgeblieben gelten, sind in Wirklichkeit hochbegabt. Das gleiche gilt für aufsässige Kinder, die überaktiv sind und auf medikamentöse Behandlung gesetzt werden. Ihre Rebellion ist ganz natürlich. Bei autistischen, also krankhaft selbstbezogenen und daher kontaktunfähigen Kindern handelt es sich in vielen Fällen um Menschen, deren sich schon früh die Idee bemächtigt hat, die Welt sei so voll von Unsicherheit, daß man besser gar nicht erst mit ihr kommuniziert, solange die eigenen Bedürfnisse erfüllt werden.
Wenn das Kind ernährt, gekleidet und versorgt ist, dann behält es sein Verhalten bei, und das Verhalten selbst dient seinen Bedürfnissen.
(Nach einer Pause um 21.46 Uhr:) Das Kind fühlt, daß es gefährlich ist, sich auf die Welt einzulassen. Nun wird zwar niemand einem Kind die Nahrung vorenthalten, doch kann es nützlich sein, wenn das Kind um Nahrung, vielleicht in Form besonderer Leckerbissen, bitten oder irgendwie zeigen muß, daß es eine Entscheidung getroffen hat.
Autistische Kinder haben Angst davor, Entscheidungen zu treffen. Oft wurde das, zumindest teilweise, von den Eltern übernommen, so daß das Kind deren eigene uneingestandenen Ängste zum Ausdruck bringt.
Dessenungeachtet kann das autistische Kind hochintelligent sein.
Man könnte sagen, ein solches Kind versinnbildlicht das, was geschieht, wenn ein Individuum sich für wertlos hält, wenn es den eigenen Impulsen nicht vertraut, wenn es verschiedene Möglichkeiten der Wahl eher als Probleme denn als Vorteile auffaßt und es für sicherer hält, seine Begabungen zu verleugnen, anstatt sie zu nutzen. Leben ist Ausdruck.
Ende des Diktats.
(21.52 Uhr.) Ich werde euch eine Antwort geben (auf meine Frage über die Beziehung zwischen Wirtsorganismus und Krankheit). Ihr gestaltet selbst eure Wirklichkeit. Das (humorvoll) sollte für euch die vollständige Antwort sein, ist es aber offensichtlich nicht.
Erstens einmal, falls krebsträchtiges Sperma in die Gebärmutter einer Frau gelangen würde und sie nicht die Absicht hätte, die Krankheit zu bekommen, würde ihre körpereigene Immunabwehr den Krebs völlig unschädlich machen. Zweitens jedoch - ich beziehe mich hier auf den erwähnten Artikel - kommt das sowieso nicht vor. Ich weiß nicht so recht, wie ich mich ausdrücken soll (Pause) ; doch will ich, so gut ich kann, eine Erklärung versuchen, obwohl diese in mancher Hinsicht den Erkenntnissen der Wissenschaft zu widersprechen scheint.
Auch wenn Wissenschaftler »Krebszellen« finden und auch wenn es den Anschein hat, daß Krebs durch ein Virus verursacht wird, so geht es doch in Wirklichkeit bei dieser Krankheit um eine Wechselbeziehung zwischen dem, was ihr etwa einen Wirtsorganismus und einen Parasiten nennen würdet, und in einem gewissen Maße gilt das für jede Krankheit, auch beispielsweise für die Pocken, obwohl die beiden Krankheiten völlig
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