Individuum und Massenschicksal
von einer Frau aufgrund ihrer Glaubensüberzeugungen vorweggenommenen Deformationen ausgelöst werden, wodurch es dann zu Deformationen der Wachstumsprozesse selbst kommen kann. In gewisser Weise spiegelt sich in den großen körperlichen Schmerzen, die durch den Krebs - durch manche Arten von Krebs - verursacht werden, die Glaubensüberzeugung der Kranken wider, daß das Leben nichts als Schmerz und Qual sei.
Zugleich gemahnt der Schmerz an Gefühl und Empfindung. (Pause.) Das ist alles für heute abend. Euch beiden herzlichst einen guten Abend.
(»Herzlichen Dank. Gute Nacht.«)
(Die Sitzung fand ihr Ende um 22.23 Uhr.)
Sitzung 867, Montag, den 23. Juli 1979
(Der Abend war sehr feucht, doch kühl nach einem Gewitter am späten Nachmittag. Jane empfand die feuchte Luft, als wir um 20.15 Uhr für die Sitzung Platz nahmen. Sie hatte keine Fragen an Seth; vielmehr erwartete sie, daß er sein Material vom letzten Mittwoch abend in Beantwortung meiner Frage über die Beziehung zwischen Wirtsorganismus und Krankheit fortführen werde. Nach dem Abendessen war ihr »ziemlich deutlich« der Gedanke gekommen: »Es wird kein Diktat. Ich glaube, es liegt wieder eine ganze Menge vor - aber es ist noch nicht ganz hier, weißt du«, sagte sie.
Doch dann kamen um 20.45 Uhr Nachbarn auf Stippvisite, und danach erklärte Jane, daß sich das Material ungeachtet der Kürze dieses Besuchs etwas aus ihrer inneren Wahrnehmung »zurückgezogen« habe. »
Also warte ich einfach, bis es wieder auftaucht«, sagte sie. Als das geschah, brachte Seth eine so gelungene Fortsetzung des nicht für das Buch bestimmten Teils der letzten Sitzung, daß wir sie in dieses Buch aufnehmen wollen. Endlich, um 21.28 Uhr:)
Nun: Guten Abend.
(»Guten Abend, Seth.«)
Ich kann in Verlegenheit geraten, und (mit schiefem Gesicht) meine Verlegenheit war es, die Ruburt empfand, denn da ist wirklich eine Fülle von Informationen, die ich euch in ganz bestimmter Hinsicht geben möchte. Und doch muß ich mich mit euren gewohnten Denkweisen herumschlagen, die es euch erschweren, bestehende Zusammenhänge zu erkennen.
Wie immer werde ich (lächelnd) mein Bestes tun und wenigstens zu Beginn nur Begriffe verwenden, die euch vertraut sind. Mir ist klar, daß die tägliche Erfahrung einigen meiner Ideen zu widersprechen scheint - habt also Geduld mit mir. Ich werde die Idee der Krankheit mit der Idee der Kreativität in Verbindung bringen, denn diese beiden sind eng miteinander verknüpft. (Pause.)
Erinnert euch der Analogien, die ich früher gebracht habe, als ich die Landschaft der körperlich-materiellen Erfahrung mit der Landschaft eines Malers verglich - die, obzwar vielleicht düster und unheildrohend, doch ein Kunstwerk sein kann. Tatsächlich ist jeder Mensch ein Künstler: er malt sein eigenes Bildnis in lebender Farbe - ein Bildnis eines Menschen freilich, der nicht bloß in ruhiger Haltung an einem Tisch sitzt, sondern handelt. Ihr, die ihr jetzt lebt, besucht gewissermaßen den gleichen Lehrgang des Lebens. Ihr blickt umher, um zu sehen, wie eure Zeitgenossen mit ihren Bildnissen vorankommen, und ihr findet alle möglichen Varianten: tragische Selbstbildnisse, heroische Selbstbildnisse, komische Selbstbildnisse. Und all diese Bildnisse haben ihr Leben und beeinflussen sich gegenseitig, und indem sie einander beeinflussen, gestalten sie das soziale und politische Massengeschehen eurer Welt.
Diesen Bildnissen kommt ganz offensichtlich eine biologische Wirklichkeit zu. Die Beteiligten malen mit den gleichen Farben - woraus sich eure Ähnlichkeiten ergeben - und mit größter schöpferischer Freiheit; dem Spielraum sind kaum Grenzen gesetzt. So tragen denn die zahllosen Bildnisse, indem jedes einzelne Einfluß auf jedes andere ausübt, mitgestaltend zur psychischen und physischen Realität der Menschheit bei, und so seid ihr auf eine Weise in die Gestaltung einer Unzahl von Bildnissen miteinbezogen. Behaltet einfach diese Analogie im Hintergrund. (Pause.)
Diese Bildnisse sind Ausdruck einer angeborenen und so wunderbaren Kreativität, daß sie ganz unwillkürlich entstehen - es ist unwillkürliche Kunst! Die Menschheit ist in schöpferischer Weise ständig damit beschäftigt, alternative Versionen ihrer selbst hervorzubringen. Die übergreifenden Muster bleiben dieselben. Die biologische Integrität wird aufrechterhalten. Bei dem jedoch, was ihr als Krankheit anseht, handelt es sich ebenfalls um kreative Schöpfungen, die auf vielen verschiedenen
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