Individuum und Massenschicksal
könnt die Sitzung beenden oder Pause machen, wie ihr wollt.
(»Wir werden Pause machen.«)
(23.17 Uhr. Janes Wiedergabe war durchweg sehr intensiv gewesen, wiewohl sie zahlreiche, zum Teil lange Pausen eingelegt hatte.
Anfangs hatte sie sich zwar gefragt, ob sie wirklich eine Sitzung abhalten wollte; aber wie schon bei anderen derartigen Gelegenheiten kam sie, nachdem sie erst einmal begonnen hatte, mit ausgezeichnetem Material durch. Wiederaufnahme des Diktats in gleicher Weise um 23.37 Uhr.) Ich werde also noch kurz fortfahren: Ihr lebt in einer Gemeinschaft von Körpern; vor allem aber lebt ihr in einer Gemeinschaft von Gedanken und Gefühlen. Diese sind es, die eure körperlichen Aktivitäten auslösen.
Sie beeinflussen unmittelbar das Verhalten eures Körpers. Anders ist die Erfahrung der Tiere; doch haben auch die Tiere auf ihre Weise individuelle Absichten und Anliegen. Ihre Gefühle sind gewiß nicht minder intensiv als die euren. Sie träumen, und sie gehorchen der Vernunft auf ihre Weise.
Sie machen sich keine »Sorgen«. Sie fürchten kein Unheil, solange in ihrer unmittelbaren Umgebung keine Anzeichen dafür sprechen. Sich selbst überlassen brauchen sie keine Präventivmedizin. Haustiere jedoch werden gegen Krankheiten geimpft. In eurer Gesellschaft ist das fast zu einer Notwendigkeit geworden. In einer »völlig natürlichen« Umgebung gäbe es gar nicht so viele lebende Welpen und Kätzchen. Es gibt unterschiedliche Stufen der körperlichen Existenz, und in dieser Hinsicht weiß die Natur, was sie tut. Wenn eine Art oder Gattung sich übermäßig vermehrt, treten zum Beispiel in vermehrtem Maße Epidemien auf. Das gilt für Mensch und Tier gleichermaßen.
Die Lebensqualität ist das oberste Kriterium. Neugeborene Jungtiere sterben entweder rasch, natürlich und schmerzlos, bevor sich ihr Bewußtsein voll auf diese Welt eingestellt hat, oder sie werden von ihren Müttern getötet - nicht weil sie schwach oder lebensunfähig wären, sondern weil die äußeren Lebensbedingungen nicht so beschaffen sind, daß sie jene Lebensqualität gewährleisten, die ein Überleben hier in Anführungszeichen - »lebenswert« macht.
Das Bewußtsein jedoch, das sich so kurzfristig verkörpert hatte, ist nicht ausgelöscht; es wartet, nach euren Begriffen, auf bessere Lebensbedingungen.
Es gibt auch »Probefahrten« der Gattungen bei Mensch und Tier, bei denen nur gleichsam ein rascher Blick auf das Leben im Körper geworfen wird, und mehr nicht. Epidemien, von denen Tierbestände hingerafft werden, sind also auch biologische und seelische Aussagen, wobei jedes Einzelwesen weiß, daß nur seine eigene höchste Verwirklichung der Lebensqualität auf individueller Ebene genügt und somit zum massenhaften Überleben der Gattung beitragen kann. (Pause um 23.55 Uhr.)
Leiden ist überhaupt nicht notwendigerweise gut für die Seele, und die Geschöpfe der Natur suchen es sicher nicht. Es gibt ein natürliches Mitgefühl, ein biologisches Urwissen, aus dem heraus eine Tiermutter weiß, ob die gegebenen Lebensbedingungen ihrem Jungen zuträglich sein werden oder nicht. Tiere begreifen instinktiv ihre Beziehung zu den großen Lebenskräften. Sie werden instinktiv ein Junges verhungern lassen, solange sein Bewußtsein noch diffus ist, anstatt es in widrige Lebensumstände zu entlassen.
Unter natürlichen Umständen käme es unter den Menschen aus den gleichen Gründen viel öfter zu Fällen einer Totgeburt oder eines spontanen Abortus. Zwischen allen Elementen der Natur besteht ein gegenseitiges Geben und Nehmen dergestalt, daß bestimmte Individuen sich beispielsweise Frauen zu Müttern wählen, die wohl die Erfahrung der Schwangerschaft, nicht aber die der Geburt zu machen wünschen, während sie selbst zwar die Erfahrung des Ungeborenen, nicht aber notwendigerweise die des Kindes machen wollen. In solchen Fällen handelt es sich oftmals um »Teilpersönlichkeiten«, die zwar eine Kostprobe von der körperlich-materiellen Welt erhalten wollen, aber noch nicht bereit sind, sich aktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Doch jeder Fall ist ein Einzelfall, daher sind dies lediglich allgemeine Aussagen.
Viele Kinder, die eigentlich allem Anschein nach an »
Kinderkrankheiten« hätten sterben sollen, überleben dennoch aufgrund ihrer anders gearteten Absichten. Die Macht der Gedanken und Gefühle ist zwar unsichtbar, doch gestaltet sie allein aktiv alle euch bekannten körperlich-materiellen Vorgänge.
Tiere wie Menschen können
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