Individuum und Massenschicksal
die Mittel verfügt, die Waren zu kaufen, die ihr verkauft. Man kann einen Lebensbereich vom anderen nicht trennen. Eure persönlichen Glaubensüberzeugungen, die ihr mit den Massen teilt, bilden eure kulturelle Wirklichkeit. Eure Gesellschaft ist nicht eine Sache für sich, die außerhalb eurer selbst existiert; vielmehr ist sie das Ergebnis der individuell gehegten Glaubensüberzeugungen jedes ihrer einzelnen Mitglieder. Es gibt keine Gesellschaftsschicht, die ihr nicht auf die eine oder andere Weise mitbeeinflußt. Eure Religionen stellen die Sünde in den Vordergrund, eure Mediziner stellen die Krankheit in den Vordergrund. Eure etablierten Wissenschaften stellen Theorien in den Vordergrund, denen zufolge die Welt aus Chaos und Zufall entstanden sei. Eure Psychologen stellen den Menschen als Opfer seiner sozialen Umwelt und Geschichte in den Vordergrund. Eure fortgeschrittensten Denker stellen die Schändung des Planeten in den Vordergrund, oder sie konzentrieren sich auf die der Welt bevorstehende Katastrophe, oder sie sehen die Menschen wieder einmal als Opfer der Gestirne.
Viele eurer neu zum Leben erweckten okkulten Schulen sprechen von einer erstrebenswerten Abtötung allen Wünschens und Wollens, von der wünschenswerten Vernichtung des Ego, von der Transmutation stofflich-materieller Elemente in subtilere Seinsformen des Geistes. Und allemal leidet darunter die klare spirituelle und biologische Unversehrtheit des Individuums, und die kostbare Unmittelbarkeit des Momentanen geht euch weitgehend verloren.
Das Erdenleben gilt dann als dunkle, trübe Übersetzung einer grandioseren Existenz und nicht als die einzigartige, schöpferische und lebendige Erfahrung eurer Existenz, die es doch sein sollte. Der Körper wird sabotiert und desorientiert. Die klaren Kommunikationswege zwischen Geist und Körper werden verschüttet; Krankheiten und Leiden, individuell und en masse, sind die notwendige Folge, damit ihr zu anderen Einsichten gelangt.
(Unvermittelt:) Ende der Sitzung.
(»Sehr gutes Material!«)
Meine herzlichsten Grüße.
(»Gute Nacht, Seth«, sagte ich um 23.59 Uhr. Ich hatte eigentlich angenommen, daß er noch eine Weile länger durchkommen würde.) Sitzung 8o6, Samstag, den 30. Juli 1977
(Dies ist die erste Sitzung für »Individuum und Massenschicksal« nach elf Wochen Pause. Und was haben Jane und ich während all dieser Zeit gemacht - im Verlauf dieses fast vollen Vierteljahres unserer körperlichen Existenz?
Nach Abschluß der Sitzung 805 legten wir eine sechswöchige Pause ein. Das war nicht geplant; es ergab sich einfach so, bis uns schließlich klar wurde, daß Jane einfach eine Veränderung ihrer Arbeitsroutine brauchte. Wir hatten eine Menge anderer Dinge zu tun.
Ich war immer noch tagtäglich damit beschäftigt, Anmerkungen und Nachträge für Band 2 der »›Unknown‹ Reality« zu schreiben. Jane erhielt am 4. Juni die Druckfahnen für »Cézanne« und machte sich an deren Korrektur. Am 14. Juni begann »unser« Bauunternehmer die Hälfte unserer Garage in ein Arbeitszimmer für Jane umzubauen und eine große rückwärtige Veranda anzufügen. Dieser Umbau war viel geräuschvoller und störender als die frühere Arbeit an der vorderen Veranda und nötigte uns zu einigen Änderungen unserer Tagesarbeit.
Vermehrte Nachtarbeit mußte uns um diese Störungen herummanövrieren.
Am 9. Juli erhielten wir von der Prentice-Hall unsere ersten Belegexemplare von Band 1der »›Unknown‹ Reality«. Das war für uns wirklich eine Freude, denn es bedeutete die erste Veröffentlichung eines Seth-Buches nach dreijähriger Pause [»Die Natur der persönlichen Realität« war 1974 herausgekommen]. Mitte Juli begann unsere Freundin Sue Watkins* die letzten Passagen des endgültigen Manuskripts der »Natur der Psyche« in die Maschine zu tippen. Jane hatte mit bei der Vorbereitung der ersten fünf Kapitel geholfen; aber da wir beide so beschäftigt waren, baten wir Sue um ihre Mithilfe für den Rest. Als es dann zu dieser 806ten Sitzung kam, hatte Jane den ersten handschriftlichen Entwurf zu »James« praktisch abgeschlossen. Sie hat auch schon die Einleitung dafür zu schreiben begonnen.
Um noch einmal auf das Ende unseres »Urlaubs zu Hause«
zurückzukommen: Am 25. Juni begann Jane mit einer Serie von zehn Sitzungen, die wir zur Abwechslung Montag und Samstag abends (statt in unserer gewohnten Montag-Mittwoch-Routine) abhielten. Wir beschlossen dann, diese Sitzungen als privat einzustufen oder
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