Industriepampe: Wie die Kunstprodukte unser Körpergefühl blenden (Ernährungs- und Bewegungsbibliothek)
Ausnahmeregelung. Bei Keksen, Gebäck, Bonbons und Kaugummis wird besonders häufig gegen das Eichgesetz verstoßen. Bei Tüten und Beuteln können Sie selbst nachfühlen, wie viel Luft enthalten ist. Die abgefüllte Menge Eiscreme wird in Volumen angegeben, nicht in Gramm. Man kann Eiscreme zusätzlich strecken, indem man mehr Luft unterschlägt, diese hält sich dank der Verdickungsmittel im Produkt.
Kann man das Produkt nicht durch Luft ersetzen, nimmt man Wasser: Fischkonserven enthielten früher hauptsächlich Fisch, heute wird ein Großteil des Fischs durch die künstlich angedickte, gezuckerte, aromatisierte und geschmacksverstärkte Sauce ersetzt. Hackfleisch wird gerne mit Wasser gestreckt. Dazu wird fettreiches Hack mit einer Mischung aus Wasser, Weizeneiweiß und Mehl gestreckt und dann als kalorienreduziertes Light-Produkt angeboten. Bei korrekter Deklaration ist das legal, trotzdem wird der Verbraucher getäuscht. Der Verbraucher erwartet Hackfleisch mit wenig Fett, er bekommt normales Hackfleisch, das gestreckt wurde. Das viele Wasser verdampft beim Braten, letztendlich hat der Kunde weniger Fleisch in schlechter Qualität erhalten.
Kauft der Großbauer Tierfutter ein, so wird der Anteil der enthaltenen Trockensubstanz angegeben, das ist der Teil des Futters, der nach dem vollständigen Verdampfen des Wassers übrig bleibt. Durch diese Angabe kann man Tierfutter nicht unauffällig mit Wasser strecken. Bei Lebensmitteln für den Menschen ist das Strecken Gang und Gäbe. Pangasiusfilet wird immer wieder mit wasserbindenenden Zusatzstoffen versetzt, um das Gewicht zu erhöhen. Mit Phosphaten und Zitronensäure kann bis zu 20 Prozent Wasser im Fisch binden. Es wurden sogar schon Fischfilets gefunden, die nur noch 60 Prozent Fisch enthielten. Die Tester beschrieben die Produkte als geleeartig und strukturlos im Biss. Auch bei Shrimps ist diese Vorgehensweise schon beobachtet worden. Ein solchermaßen manipuliertes Produkt kann man nicht mehr ohne immensen Qualitätsverlust zubereiten.
Statt Wasser verwendet man ebenfalls gerne Panade oder Füllstoffe: Fischstäbchen waren früher größer und dicker. Heute sind sie klein und sehr dünn, damit man möglichst viel billige und fettreiche Panade daran befestigen kann. Diese wird mit Aromen, Salz und Geschmacksverstärkern versetzt, damit das Produkt trotzdem noch schmeckt. Noch ist kein Hersteller auf die Idee gekommen, den Fisch gleich ganz wegzulassen. Lightprodukte werden mit kalorienarmen Füllstoffen gestreckt, wie sie in Tapetenkleister und in Haargel vorkommen. Diese unverdaulichen Substanzen kann man auf der Vorderseite der Verpackung sogar als Ballaststoffe bewerben.
Spiel mit der Verpackung
Die Verpackungsgröße wird mit allen Mitteln optimiert. Möchte ein Hersteller die Preise erhöhen, reduziert er die Produktmenge. Meist wird die Verpackung nicht verkleinert, sondern nur die Inhaltsmenge verringert. Der Verbraucher kauft Luft. Bis Anfang 2009 waren bestimmte Produkte wie Milch, Limonade, Zucker, Schokolade und Saft in einer festen Packungsgröße konfektioniert. Durch den Wegfall einer EU-Richtlinie haben die Hersteller bei Verpackungsgrößen heute mehr Freiheit. Diese wird genutzt, um den Verbraucher zu täuschen. Früher hatten Eiscreme-Verpackungen meist einen Liter Inhalt, heute oft 800 oder 850 Milliliter. Abhilfe verschafft hier nur der zeitaufwändige Vergleich der Grundpreise.
Manchmal ist es für die Hersteller auch von Vorteil, die Verpackung zu vergrößern: Zahlreiche als Zwischenmahlzeit beworbene Kindersüßwaren werden heute in Zehner-Gebinden verkauft. Vor vielen Jahren waren diese Produkte nur einzeln erhältlich, dann kam das Fünfer-Gebinde. Größere Verpackungseinheiten fördern hier den Mehrkonsum.
Abgepackte Wurstwaren werden nicht ohne Grund im Kreis aufgeschnitten. Mit dieser Technik kann man die kleine Menge von 80 Gramm Wurst ansprechend präsentieren. Es gibt praktisch keine Wurstverpackungen mehr, die scheibenweise aufeinander gestapelt verkauft wird. Durch diese Art der Verpackung kommt mehr Wurst mit der Plastikverpackung in Kontakt. Zahlreiche in Kunststoffen enthaltene Weichmacher sind hormonell aktiv, Bisphenol A steht sogar im Verdacht, Übergewicht mit auszulösen.
Die aufgehübschte Zutatenliste
Der Hersteller muss auf verpackte Lebensmittel ein Zutatenverzeichnis drucken. Die Fremdworte und Fachbegriffe auf dieser Liste verwirren viele Verbraucher, so dass sich einige kaum trauen, einen Blick in
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