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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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was es mit der Tür auf sich hat, schwor sie sich. Und ob sich Oma wirklich unsichtbar machen kann. Beim nächsten Besuch finde ich es heraus!
    Â 

5.
    Bestimme durch eigene Rechenarbeit die gemeinsamen Punkte von Parabel und Gerade: y = x
2
 – 3, y = 2x – 1 …
    Sonja legte ihren Füller hörbar auf dem Pult ab. Sie rollte mit den Augen und beugte sich zu Ines hinüber.
    Â»Mist, Kurvendiskussion! Dafür brauche ich immer eine Ewigkeit«, flüsterte sie. »Hast du gesehen, wie viele Aufgaben es sind? FÜNFZEHN! Wie soll man das in zwei Stunden schaffen?«
    Â»Ruhe dahinten«, mahnte von vorne Frau Wunder, die ein paar Informationen zur Klassenarbeit an die Tafel schrieb.
    Â»Das schaffst du«, ermutigte Ines ihre Freundin leise. »Ist piepleicht, haben wir doch geübt.«
    Â»Piepleicht für dich.« Sonja zog einen Flunsch. »Mensch, ich hasse Mathe! Das gibt eine Katastrophe.«
    Â»Ich helfe dir, wenn es eng wird«, wisperte Ines. Sie spähte vorsichtig zu Frau Wunder, die noch immer an der Tafel herumkritzelte. Die Lehrerin hatte ihre flachsblonden Haare streng nach hinten gebunden. Sie glänzten im Deckenlicht, als wären sie mit einer Lackschicht überzogen.
    Â»Na hoffentlich! Eine zweite Vier kann ich echt nicht brauchen.« Sonja griff wieder zum Füller. Ihr kirschroter Mund war vor Anspannung ganz verzogen. Matheklausuren waren für sie eine echte Herausforderung, allein beim Gedanken daran brach ihr der kalte Schweiß aus.
    Ines hatte kein Problem mit Mathe. Es war ihr Lieblingsfach, sie war gut darin und hatte sogar Spaß an den Hausaufgaben (allerdings
nur
in Mathe). Seit sie vor einem Jahr beschlossen hatte, Architektin zu werden, strengte sie sich in dem Fach besonders an. Wenn sie erst einmal erwachsen war, wollte sie Hochhäuser entwerfen, schwindelerregende Bauten aus Glas und und hellem Stein, solche, wie sie letztes Jahr in London gesehen hatte, im Urlaub mit ihrer Familie. Aber als Architektin musste man gut in Mathe sein, hatte Ines gelesen. Sie gab sich alle Mühe, dieses Jahr eine Eins zu bekommen. Wäre da nur nicht die blöde Wunder, ihre Klassenlehrerin. Die unterrichtete Mathe, Physik und Sport, drei Fächer, in denen Ines eigentlich gut war. Aber die Wunder konnte sie nicht ausstehen. Sie konnte viele ihrer Schüler nicht ausstehen, sondern hatte ein paar Lieblinge, die sie bevorzugte. Der Rest hatte nichts zu lachen. Frau Wunder war der Schrecken der ganzen Schule, selbst die älteren Jungs fürchteten ihren Unterricht.
    Ines machte sich an die Arbeit.
Bestimme die gemeinsamen Punkte von Parabel und Gerade
… Sonja hatte recht, es war eine knifflige Aufgabe. Eigentlich machte man so etwas erst ab Klasse neun. Aber Frau Wunder liebte es, ihre Schüler zu quälen. Oder »zu fordern«, wie sie es nannte. Zum Glück hatte Ines sich gut vorbereitet und kam rasch auf die Lösung. Auch die übrigen Aufgaben waren nicht außergewöhnlich schwer. Es waren eben nur sehr viele. Da würde es bestimmt ein paar Fünfen in der Klasse hageln …
    Neben ihr rutschte Sonja auf dem Stuhl herum. Sie war kurz davor, durchzudrehen. Ines warf einen kurzen Blick auf ihren Arbeitsbogen. Sonja hatte gerade mal vier Aufgaben geschafft und die erste Stunde war schon um.
    Â»Ines … ich brauche Hilfe!«
    Ines warf einen vorsichtigen Blick auf Frau Wunder. Die saß am Pult und goss sich aus einer Thermoskanne gelben Tee ein. Der herbe Geruch verteilte sich im ganzen Klassenzimmer.
    Brennsesseltee, dachte Ines, das passt zu ihr. Aber wenigstens ist sie abgelenkt.
    Sie schob ihr Blatt mit den Lösungen zu Sonja hinüber. Die ließ sich nichts anmerken, aber ihre Augen huschten in die äußeren Winkel, und sie schrieb ab wie eine Weltmeisterin.
    Eine halbe Stunde später hatte Ines die letzte Aufgabe erledigt. Zufrieden blätterte sie durch die Klassenarbeit. Alles schien richtig zu sein.
    Das gibt mindestens eine Zwei, freute sie sich im Stillen. Da wird die Wunder sich aber ärgern.
    Offenbar war sie die Schnellste gewesen. Ihre Klassenkameraden schwitzten alle noch über den Arbeitsblättern, Frau Wunder schlürfte ihren abscheulichen Tee, und es herrschte jene merkwürdige Stimmung, die es nur bei Klassenarbeiten gab: hier und da ein Hüsteln, emsiges Papierrascheln, das Geräusch kritzelnder Füller, ansonsten lähmendes Schweigen.

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