Ines oeffnet die Tuer
einfach herrlich!
»Aber jetzt«, sagte Vopelian und blickte Ines und Sonja streng an, »ist es an der Zeit, dass
ihr
in die Welt zurückkehrt. Man vermisst euch doch sicher längst. Lasst eure Familien nicht länger warten.«
Der Fasan zu seinen FüÃen hob den gefiederten Kopf und zeigte mit dem Schnabel zur Tür. Dann wandte er sich von den Mädchen ab und stolzierte mit erhobener Schwanzfeder davon.
Es sah aus, als hätte der Vogel ihnen eine Audienz gewährt und diese soeben beendet.
Â
58.
»Ines Larik und Sonja Schreiner! Was gibt es da bitte zu lachen?«
An der Tafel stand Frau Wunder und blickte durch ihre Brille auf die beiden Mädchen in der vorletzten Bank. Soeben hatte sie die Zeugnisse ausgeteilt. Es war der letzte Schultag, Mittwoch, vierte Stunde. Alle Schüler waren in heller Aufregung, zeigten sich gegenseitig ihre Noten, freuten sich über die guten und schimpften über die schlechten, während andere aus dem Fenster gafften, wo die Sonne auf den Parkplatz schien. Ihre Strahlen glitzerten auf den Kühlerhauben der Autos.
Eine glitzerte besonders prachtvoll â eine bronzefarbene Limousine. Sie stand seit einigen Tagen dort und hatte unter den Schülern für Aufsehen gesorgt. So ein schickes Auto! Und niemand fuhr es weg. Einem Lehrer gehörte es gewiss nicht. Vielleicht hatte der Besitzer es vergessen oder war verreist â¦
Aber Sonja und Ines kicherten nicht über die Limousine, sondern über ihre Zeugnisse. Genauer gesagt über ihre Mathenoten.
Sonja hatte ihre Vier bekommen, wie erwartet, aber die glich sie locker mit ihren Noten in Deutsch und Englisch aus. Und Ines staunte nicht schlecht über die fette Zwei, die Frau Wunder ihr verpasst hatte. Trotz ihres guten Schnitts in den Klassenarbeiten! Frau Wunder hatte ihr am Ende des Schuljahrs wohl doch noch eins auswischen wollen. Deshalb lachte Ines, weil es so lächerlich war. Und Sonja lachte mit ihr.
»Es freut mich ja, dass die Noten euch erheitern«, säuselte Frau Wunder und rückte ihren blonden Schopf zurecht. »Aber ich erwarte im nächsten Schuljahr eine deutliche Steigerung. Vor allem von dir, Ines. Grips allein reicht nicht. Man muss auch etwas dafür tun.«
Ines und Sonja warfen sich einen vielsagenden Blick zu.
Endlich wurden sie vom Klingeln erlöste. Lärmend packten die Schüler ihre Zeugnishefte ein. In allen Augen glänzte die Vorfreude auf die Sommerferien, auf Urlaub, auf Freizeit, auf lange Tage im Freibad und am Baggersee. Der Notenschnitt war längst vergessen.
»Das wurde auch Zeit!« Sonja schob ihr Zeugnis angewidert in die Tasche. »Ich habe die Schule so satt! Die kann mir in den nächsten Wochen gestohlen bleiben. Und die Wunder gleich zweimal.« Sie drehte sich zu Ines um. »Wollen wir heute Nachmittag gleich mal ins Freibad?«
»Machst du Witze?« Ines lächelte gequält. »Ich hab doch noch bis Sonntag Hausarrest. Schon vergessen?«
»Hm, stimmt ⦠eine ganze Woche, das ist wirklich bitter. Vor allem in den Sommerferien.« Sonja streichelte Ines tröstend über den Rücken. »Aber ich kann deine Eltern verstehen. Denen hast du doch den Schreck ihres Leben eingejagt.«
Das konnte Sonja laut sagen. Ines hatte Veith und Carmen noch nie so sauer erlebt wie an jenem Samstagabend, als sie um neun Uhr nach Hause zurückgekehrt war. Veith, der gerade mit der Polizei telefoniert hatte, hatte sie voller Zorn angeschrien, und Carmen war kurz davor gewesen, ihr eine zu scheuern.
»Sie glauben, ich hätte Detektiv gespielt«, seufzte Ines, »und auf eigene Faust nach Agnes gesucht. Mein Vater fragt mich immer wieder nach dem alten Herrn ⦠inzwischen glaubt er sogar, ich hätte mich heimlich mit ihm getroffen, damit er mir etwas über Agnes erzählt. Kannst du dir das vorstellen?«
»Na ja, irgendeinen Reim muss er sich doch auf die Sache machen. Sei froh, dass er nicht die Wahrheit kennt.« Sonja sah ihre Freundin nachdenklich an. »Hat eigentlich Julian deinen Eltern was erzählt? Ãber den alten Herrn oder das Zimmer? Oder die Entführung?«
»Nur zusammenhangloses Zeug. Er war ganz durcheinander, als Karol ihn an der Haustür abgesetzt hat. Meine Eltern haben ihm kein Wort geglaubt, weil er sich eh immer irgendwelche Geschichten ausdenkt. Sie dachten, ich hätte ihn dazu gebracht, für mich zu lügen. Den Ãrger, den ich
Weitere Kostenlose Bücher