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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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»Überlass mir das Refugium. Du musst nur laut aussprechen, dass ich sein Besitzer bin – dann sind wir quitt.«
    Sie hielt seinem Blick stand. »Erst wenn Julian in Sicherheit ist!«
    Seine Mundwinkel zuckten.
    Â»Nun gut. Ich warte im Refugium auf dich. Geh hinaus, sieh nach deinem Bruder …«
    Er ließ sie vorbei.
    Ines eilte in den halbdunklen Schulflur und blieb neben Karol stehen. Die grün lackierten Türen schimmerten im Zwielicht. Es war totenstill, außer ihnen war niemand im Gebäude. Der alte Herr musste sich heimlich Zutritt zur Schule verschafft haben.
    Karol tippte gegen ihre Schulter und deutete auf die Glastür am Ende des Flurs.
    Dort stand der große, glatzköpfige Fahrer der Limousine und starrte über Ines hinweg. Keine Regung war in seinem Gesicht zu erkennen.
    Seine Hände ruhten auf den Schultern eines kleinen Jungen.
    Julian hatte den Kopf gesenkt. Er wirkte verängstigt. Erst als er seine Schwester sah, leuchteten seinen Augen auf.
    Â»Ines …«
    Er wollte auf sie zulaufen, aber die Pranken des Fahrers hielten ihn fest.
    Â»Lass ihn los!«, schrie Ines.
    Â»Nicht doch«, hörte sie die tiefe Stimme des alten Herrn. »Denk an unsere Abmachung.«
    Sie musste sich beherrschen, nicht vor Wut auf ihn loszugehen. Aber dann nickte sie.
    Â»Komm zurück ins Refugium«, befahl der alte Herr. »Und du, Karol, führe meinen Fahrer herein. Serge kennt den Weg ja noch nicht.«
    Er drängte Ines zurück in den Raum. Sie wartete bang, was geschehen würde.
    Karol erschien wieder im Türrahmen, neben ihm die Gestalt des glatzköpfigen Mannes, der Julian noch immer an der Schulter festhielt. Julian blickte verwirrt in das Refugium, ohne zu verstehen, was hier geschah.
    Â»Du kannst ihn jetzt loslassen, Serge«, sagte der alte Herr.
    Der Fahrer ließ seine groben Hände sinken. Dann schritt er an Karol vorbei ins Refugium, stellte sich mit verschränkten Armen neben die Tür und beobachtete Ines. Er wollte sichergehen, dass sie nicht ausbüxte.
    Â»Und du, Ines, bleib vom Fenster weg. Wir wollen nicht, dass du ein zweites Mal hinausspringst.«
    Der alte Herr nickte, als lobte er sich selbst für seinen Scharfsinn. Dann wandte er sich an Karol.
    Â»Dich brauche ich nicht mehr. Nimm den kleinen Jungen und bring ihn zu seinen Eltern. Und kein Wort davon, was hier geschehen ist. Sonst siehst du deinen Vater nie wieder.«
    Karol zögerte und sah wieder Ines an.
    Â»Es tut mir leid«, sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf. »Geh schon. Kümmere dich um Julian.«
    Karol wich von der Tür zurück. Er stand nun neben Julian. Dieser blickte noch immer fassungslos in den fremdartigen Raum und auf Ines.
    Â»Das reicht, Serge. Schließ die Tür.«
    Der Fahrer streckte die Hand aus und warf die Tür des Refugiums zu.
    Ines war mit den Männern allein.

56.
    Der alte Herr ließ seinen Blick nachdenklich durch das Refugium schweifen.
    Â»Da wären wir also wieder, Ines. Wir stehen am selben Punkt wie beim letzten Mal. Hoffentlich haben wir diesmal mehr Zeit, uns zu unterhalten.«
    Er machte ein paar Schritte und lauschte den knarrenden Dielen unter seinen Schuhen.
    Â»Mit deinem Sprung in den Nebel hast du mich überrascht – und noch mehr damit, dass du ihm entkommen bist. Du bist wirklich ein außergewöhnliches Mädchen. Langsam verstehe ich, warum Agnes dir das Refugium so früh überlassen hat.«
    Er blieb vor dem Sessel stehen, summte leise und strich mit der wächsernen Hand über die Lehne. Der Bezug sträubte sich heftig. Ines sah, wie im schwarzen Fell etwas aufblitzte, kleine Krallen oder Zähne …
    Â»Autsch!«
    Der alte Herr zog die Hand zurück. Auf seinem Daumen glitzerte ein Blutstropfen. Er betrachtete die Wunde verärgert.
    Â»Bemerkenswert! Dieses Refugium ist dir außergewöhnlich treu, Ines – nach so kurzer Zeit. Ein weiteres Talent, das ich nicht hoch genug loben kann.« Er warf ihr einen anerkennenden Blick zu. »Eigentlich ist es ein Jammer. Wärst du älter, könnten wir ein anderes Arrangement treffen. Jemand mit deinen Fähigkeiten könnte uns dienlich sein, was meinst du, Serge?«
    Der glatzköpfige Fahrer gab keine Antwort. Er ließ Ines nicht aus den Augen.
    Â»Du könntest den Raum behalten und Teil unserer Gemeinschaft werden … eine Wissende, die die Geheimnisse der Refugien

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