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INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

Titel: INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Wegmann
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zu verstecken und zu versorgen war absolut unmöglich. Außerdem wäre er dann von Denise abhängig, denn nur sie hatte den Irren anscheinend im Griff. Würde die Gesellschaft einen freischaffenden Künstler wie ihn allerdings nicht jagen, könnte er alle diese Pläne in die Tat umsetzen. Wäre es andererseits legal was er machte, würde sein Werk auch schnell an Faszination einbüßen, musste er sich eingestehen. Er sollte also einfach zufrieden sein und seinen unvergleichlichen Erfolg genießen. Vielleicht würde er irgendwo und irgendwann nochmal etwas Ähnliches machen, d achte Richard. Aber zunächst wollte er es sich nach den anstrengenden letzten Wochen einfach gut gehen lassen und das Leben auskosten. Zuvor würde er Sid beseitigen müssen. Richard schaute auf seine Pistole. Und Denise? Da war er sich nach wie vor unschlüssig. Was er nicht vergessen durfte, war die Gewinner seiner Wetten heute Nacht noch auszuzahlen. Es wäre zwar kein Problem gewesen, sie um ihr Geld zu prellen, aber so was war schlechter Stil und nicht Richards Art. In dieser Hinsicht betrachtete er sich als fairer Geschäftsmann. Außerdem hatten eh nur einige wenige darauf getippt, dass Sarah Sid länger als eine halbe Stunde entfliehen konnte. Richard drückte seine Zigarette aus und öffnete mit ein paar Klicks eine Eingabemaske auf seinem Computer. Er begann zu tippen, um die Fingerfood-Wette vorzubereiten, die er gleich veröffentlichen wollte, sobald Sarah sich im Speisezimmer befand. Alleine diese Wetten brachten ihm am Ende der Show ein hübsches Sümmchen ein, überlegte er. Auch um den Reim-Wettbewerb musste er sich noch kümmern. Er hielt inne und klickte auf den entsprechenden Menüpunkt seiner Webseite. Überrascht zog er seine Augenbrauen hoch. Da hatten ja verdammt viele mitgemacht. Da die besten Sprüche zu küren, würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Er tippte eine Mitteilung ein, dass die Gewinner-Reime in den Tagen nach der Show ausgewählt werden würden. Richard überflog einige Sprüche und lachte plötzlich laut auf.
„Sid hat den Strullermann des Penners ausgespuckt, wäre er schwul, hätte er ihn geschluckt“, schrieb ein User mit dem Pseudonym „NormansBoots“.
Das alles machte Richard einen riesigen Spaß. Nun verspürte er aber doch auch ein aufgeregtes Kribbeln, denn es galt jetzt seine brillante Produktion mit einem denkwürdigen Finale zu krönen und den Zuschauern den blanken Horror zu servieren, nach dem sie schließlich durch die Buchung seiner Show verlangt hatten. Schiefgehen konnte aber eigentlich nichts mehr, überlegte er. Es war alles mit Denise abgesprochen worden und sie schien die Lage souverän im Griff zu haben. Er sah, wie Sarah das Speisezimmer betrat und spielte zur Begrüßung den Refrain des Songs „The Final Countdown“ ein.

 
    27
     
    Sarah wusste nicht genau, was sie erwartet hatte. Vielleicht doch eine Horde degenerierter Hinterwäldler, die sabbernd und gierig darauf warteten, sie zu zerfleischen. Was konnte sie Denise schon noch glauben? Oder eine verwahrloste Kammer, in der es nach Fäulnis, Exkrementen und Tod stank. Stattdessen fand sie sich in einem geräumigen, sauberen Raum wieder, der auf den ersten Blick wenig Erschreckendes an sich hatte. In den Ecken flackerten zahlreiche Kerzen in großen Ständern aus Chrom und sorgten für eine behagliche Atmosphäre. Es roch angenehm würzig; Sarah meinte Curry und Kurkuma ausmachen zu können. Zu ihrer Linken stand ein langer Tisch aus Edelstahl, auf dem sich ein großes, ovales Stövchen aus Metall befand, in dem jede Menge Teelichter brannten. Aufgrund der Größe dieses Untersatzes war Sarah sofort klar, dass es nicht dazu dienen sollte, eine Kanne Tee warmzuhalten und langsam ergriff der Schrecken doch Besitz von ihr. Am Kopfende des Tisches erregte ein überdimensional großer, hellblauer Kinderstuhl ihre Aufmerksamkeit, dessen Farbe so gar nicht zu dem restlichen – zumeist aus Edelstahl bestehenden – Interieur dieses Raumes passen wollte. Sarah schaute nach rechts und sah vor der Wand einen viereckigen Klotz aus Stahl, der Ähnlichkeit mit einer Sauna-Kabine aufwies.
„Na, wie gefällt dir unser gemütliches Speisezimmer, meine Liebe?“, fragte Denise. „Sid, halt sie fest, bevor sie noch auf dumme Gedanken kommt.“
In dem Moment, als der Wahnsinnige, begleitet von einem Grunzen, unsanft seine Pranke um ihren Nacken legte, sah Sarah an der rückwärtigen Wand, hinter einer großen Edelstahlwanne,

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