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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Berühmtheiten von Nachrichtensprechern bis hin zu Rockstars.
    Der Priester, ein überraschend junger Mann mit welligem schwarzem Haar und sonnengebräunter Haut, sprach das erste Gebet:
    Wir überantworten dir, gütiger Vater, ergeben dieses Kind, das dir so teuer ist. Nimm Brooke an, und führe sie in den Himmel, wo es keine Trauer, keine Tränen, kein Leid mehr gibt, sondern nur ewig währenden Frieden durch deinen Sohn und den Heiligen Geist.
    Mein Blick wanderte zu Maria, einer anderen Mutter, die ihr Kind durch einen Mord verloren hatte, und ich fragte mich, ob diese Verbindung oder irgendetwas, das innerhalb dieser vier Wände gesagt wurde, oder irgendetwas, das je irgendwo gesagt wurde, Julia wirklichen Trost spenden würde.
    Darwin Bishop sprach als Nächster ein Gebet. Ich musste die Zähne zusammenbeißen, während er die Stufen zum Altar erklomm. Er stützte sich mit beiden Händen auf das Lesepult und ließ seinen Blick langsam über die ihm zugewandten Gesichter schweifen, ganz so, als wäre dies eine Geschäftssitzung. Seine Augen waren vollkommen tränenlos. »Weisheit 3: 1–7«, sagte er, ehe er mit ruhiger Stimme zu lesen begann.
    Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand, und keine Qual kann sie berühren.
    In den Augen der Toren sind sie gestorben, ihr Heimgang gilt als Unglück, ihr Scheiden von uns als Vernichtung.
    Sie aber sind in Frieden.
    Brooke war eines schrecklichen Todes gestorben. Es schien eher Bishop, der in Frieden war. Ich spürte, wie mein Blutdruck stieg, als er fortfuhr:
    Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; doch sie empfangen große Wohltat. Denn Gott hat sie geprüft und fand sie seiner würdig.
    Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer.
    Beim Endgericht werden sie aufleuchten wie Funken, die durch ein Stoppelfeld sprühen.
    Ich drehte mich um und ging leise hinaus ins Vestibül, da ich Bishop weder sehen noch hören oder gar riskieren wollte, zuschauen zu müssen, wie er Julia küsste, wenn er zu seinem Platz zurückkehrte.
    Trotzdem wollte ich Julia mein Beileid aussprechen. Ich wartete bis zum Ende der Messe, als sich die Familie für die Trauergäste aufreihte.
    Die Bishops standen neben dem Altar und nahmen einen schier endlos scheinenden Strom an Beileidswünschen entgegen. Julia, in einem schlichten taillierten schwarzen Kleid, stand neben dem Priester, Darwin auf der anderen Seite von ihm.
    Zuerst schüttelte ich Garrets Hand. Sein Handschlag war fest, und als ich in sein Gesicht sah, fing ich einen gefassten, wenn nicht sogar kühlen Blick aus seinen graublauen Augen auf. Als Nächstes trat ich vor Julias Mutter, eine elegante, schlanke Frau von etwa fünfundsechzig, die sichtlich mit den Tränen kämpfte. Ich ergriff ihre Hand. »Mein herzlichstes Beileid zum Verlust Ihrer Enkelin«, sagte ich und erkannte im selben Atemzug, wie unzulänglich diese Worte zwangsläufig klangen.
    »Danke«, sagte sie, ohne meine Hand loszulassen. »Sie sind …?«
    »Frank Clevenger«, stellte ich mich vor, ohne zu erwarten, dass ihr der Name etwas sagte.
    »Das dachte ich mir schon«, erklärte sie und warf einen Blick zu Julia hinüber, die einige Schritte entfernt stand.
    Ich ging weiter zu Julia. Unwillkürlich empfand ich es als passend, dass ich ihre Mutter kennen gelernt hatte, da eine gewisse Chance bestand, dass ich sogar nach Abschluss dieses Falls eine wichtige Rolle in ihrer beider Leben einnehmen würde. Es war ein wohliges Gefühl, doch ich kämpfte dagegen an. Ich wollte mich nicht zu stark emotional engagieren, bis der Mord an Brooke aufgeklärt war. Doch in dem Moment, als ich Julias Hand ergriff, verflog all mein Gleichmut. Darwin Bishop war einige Schritte beiseite getreten, da er mir offenkundig nicht die Hand geben wollte, und so genoss ich unvermittelt einen intimen Moment mit seiner Frau bei der Beerdigung seiner Tochter und sah ihr tief in die Augen, während sie meinen Blick mit derselben Intensität erwiderte. »Es tut mir so …«, stammelte ich hilflos. Ich wollte nicht in Klischees verfallen.
    Sie ergriff meine Hand und strich mit ihrem Daumen über die Innenseite meines Handgelenks. »Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, ich habe damit viel von Ihnen verlangt.«
    »Sie können alles von mir verlangen«, flüsterte ich, trunken vom Glanz ihres schwarzen Haars, dem Funkeln ihrer grünen Augen und ihrer Haut, die samtener und leuchtender war als alles, was ich je gesehen oder berührt

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