Infantizid
Sicherheitsgründen möchte ich nichts weiter darüber sagen. Nur so viel: Zurzeit werden Manöver in der Nähe von Bornholm, nordöstlich von Rügen, abgehalten. Das ist der deutschen Marine bekannt und das U-Boot befindet sich auÃerhalb der Dreimeilenzone. Alles in allem nichts Ungewöhnliches. Sicher ist, dass mein Schwager auf meinen, und nur auf meinen Befehl die Marschflugkörper abschieÃen wird. Abwehrmöglichkeiten gibt es nicht, dazu ist die Flugzeit zu kurz.«
Die nächste Frage kam von einem der beiden Bundeswehrgeneräle, die in Zivil erschienen waren. General Klaffs war Chef einer Armeebrigade. »Schön, Herr General. Was für Waffen sind das und wo stammen sie her? Die insgesamt 6.000 Männer werden die Operation mit Erfolg beenden, davon bin ich überzeugt. Was ich nicht glauben kann, ist, dass diese vergleichsweise geringe Anzahl das Land bis zu seiner Stabilität in Schach halten kann. Dafür sind 6.000 Männer einfach zu wenig.«
»Nun, mit Ihren Panzern erhöht sich die Feuerkraft doch enorm«, antwortete Rybakow. »Natürlich haben Sie recht. Das ist der unsicherste Punkt. Wir müssen uns der Loyalität der Streitkräfte gegenüber der neuen Regierung sicher sein. Dann kann die Schwarze Division unterstützt werden. Und bedenken Sie, das Land ist von allen ehemaligen Führern befreit worden, die existieren nicht mehr. Bei den Waffen handelt es sich um AKS 74, eine Variante der Kalaschnikow für Fallschirmjäger. Diese und die restliche Ausrüstung bekamen wir von einem ehemaligen KGB-Major, der aus der Not eine Tugend gemacht hat. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stieg er in das Waffenhandelsgeschäft ein. Verbindungen hatte er genug. Einen widerlicheren Menschen habe ich noch nie gesehen, glauben Sie mir. Für Geld beliefert der in einem Krieg beide Seiten. Belassen wir es dabei.«
Die einzige Frau im Komitee, Staatsanwältin Heller, meldete sich zu Wort. »Können wir schon abschätzen, wie unsere Nachbarstaaten und Verbündeten reagieren werden? Mit der Errichtung eines Internierungslagers und dem Einsatz von Waffengewalt verstoÃen wir gegen alle Regeln und Abkommen der vergangenen 50 Jahre. Wir befinden uns mitten in Europa.«
General Rybakow wollte gerade etwas erwidern, als ihm Dr. Rose bedeutete, dass er selbst darauf antworten wollte.
»Es ist davon auszugehen, dass wir von Nachbarstaaten und anderen Ländern angefeindet werden, sehr massiv sogar. Und das aus dem einfachen Grund, weil die anderen Regierungen um ihre eigene Macht fürchten. Nicht weil wir gegen Abkommen verstoÃen haben, sondern aus Angst, dass sich in ihren Ländern Ãhnliches zutragen könnte. Ich werde in meiner ersten Regierungserklärung und in der Folge immer wieder betonen, dass Deutschland nicht die Absicht hat, ein Land zu unterdrücken oder zu expandieren. Wir werden keinen Krieg anzetteln. Wir werden unsere Bündnispflichten auch künftig erfüllen. Und wir wollen den Handel mit anderen Ländern weiterführen. Es geht ausschlieÃlich um die innere Angelegenheit eines eigenständigen, souveränen Staates. Nämlich um unser Land. Um nichts mehr oder weniger. SchlieÃen wir unsere letzten Vorbereitungen ab. Eine Frage noch: Sind die Entwürfe der Erstausgaben unseres Nachrichtenmagazins und der Tageszeitung fertiggestellt?«
Einer der beiden Verleger antwortete: »Beides wird am 25. Dezember erscheinen. Ihre Rede sowie das Regierungsprogramm sind auf unseren Laptops gespeichert. Eine Nacht vorher werden unsere Druckmaschinen in Gang gesetzt.«
Ein paar Stunden zuvor fuhr Hauptkommissar Bräunig allein in seinem Dienstwagen in Richtung Hotel âºHiltonâ¹. Die Ãberraschungen nahmen kein Ende. Nach mühsamen Ermittlungen hatten sie herausbekommen, dass Peter Arndt nicht tot war und jetzt stellte sich heraus, dass er keine zwei Kilometer Luftlinie von ihnen entfernt den Innenminister in seinem Hotel besucht hatte! Mitten in der Nacht, mit vorgehaltener Waffe! Arndt hatte vor dem Minister zugegeben, dass sein Unfall in Berlin nur inszeniert worden war, um seine Identität zu löschen.
Damit haben wir eine Zeugenaussage, die unsere Ermittlungen bestätigen kann, dachte Bräunig. Ob das bedauernswerte Opfer durch den Unfall getötet wurde oder ob es schon tot war, als der Lkw darüberrollte, konnte mit Sicherheit erst geklärt
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