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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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zusammensitzen, feiern und später vielleicht fernsehen. Und dann, gegen 22 Uhr, würden die Programme unterbrochen werden und auf den wichtigsten Sendern würde der neue Präsident eine Erklärung an das Volk abgeben. Er würde unter anderem sagen, dass eine neue Ära angebrochen sei. Mit der Machtübernahme durch verantwortungsvolle Menschen, die nicht weiter zusehen konnten, wie die Nation immer mehr verkümmerte, habe das Chaos ein Ende. Und dass die Bürger keine Angst zu haben brauchten. Diejenigen, die das bisherige Chaos zu verantworten hätten, würden allesamt neutralisiert werden. Die Nation solle jetzt Ruhe bewahren und gemeinsam an die hoffnungsvolle Zukunft denken. Ja, und über die weiteren Ereignisse würde man sie informieren. Gott mit den Menschen und gesegnete Weihnachten.
    Krieger, der Spediteur, war der Erste, der das Statement mit Beifall würdigte. Alle anderen folgten seinem Beispiel. Sie riefen: »Hurra«, »Bravo« und »Genial«, lautstark durcheinander, hatten sich von ihren Stühlen erhoben und pfiffen sogar. Nach ein paar Minuten kehrte wieder Ruhe ein und man ging zum nächsten Tagesordnungspunkt über. Der Bankdirektor, der seinerzeit den Finanzierungsplan aufgestellt hatte, stellte die erste Frage: »Wie viel wird uns das kosten? Ich meine nicht die Ausrüstung und die Charterkosten der Flugzeuge, das wurde von uns schon bezahlt. Nein. Ihre Kosten? Welche Gegenleistung erwarten Sie von uns?«
    Generalleutnant Rybakow schaute langsam in die Runde, ehe er antwortete. »In Ihrem Gesellschaftssystem dreht sich naturgemäß alles ums Geld. Nichts anderes ist so wichtig wie Geld. Schlagen Sie Ihre Zeitungen auf oder hören Sie Nachrichten. Alle Probleme wurzeln irgendwo im Geld. Es ist müßig, darüber zu debattieren. Ich bin in einer anderen Gesellschaftsordnung aufgewachsen. Für uns zählen Dinge wie Liebe und Treue zur Heimat, Ehre und Gewissen. Alles Dinge, die man nicht mit Geld kaufen kann. Leider hat ein mächtiger Mann vor fast 20 Jahren der westlichen Dekadenz Tür und Tor geöffnet. Die Menschen wurden schwach und aufsässig. Plötzlich wollte jeder Bauer einen Fernseher haben. Alle wollten mitreden und mitbestimmen. Das Wort ›Demokratie‹ war in aller Munde. Im Laufe der Zeit schien alles, wofür unsere Väter und Großväter gekämpft hatten, für die Katz zu sein. Perestroika und Glasnost gipfelten in der Abspaltung einiger Sowjetrepubliken. Die plötzlich an die Macht gekommenen Friseure, Gärtner und Lebenskünstler biederten sich dem Westen an und krochen jedem in den Hintern. Die Menschen glauben immer noch, dass es ihnen besser gehen wird. Geht es ihnen nach zwölf Jahren besser? Nein. Es dreht sich nämlich inzwischen auch nur noch alles ums Geld. Ohne Geld können keine Drogen und kein Alkohol bezahlt werden. Sicherlich kann sich jeder auf den Markt stellen und schreien, was ihm alles nicht gefällt, ganz demokratisch. Schade nur, dass er letztlich weiterhin unmündig und fremdbestimmt bleibt. Das werde ich ändern. Ihr Modell der präsidialen Republik scheint mir eine geeignete Alternative dafür. Nach erfolgreicher Mission in Ihrem Land möchte ich mit denselben Leuten und dem gleichen Know-how Litauen zur Russisch-Litauischen Republik machen. Ich betone, dass es keine Wiedereingliederung in Russland geben wird. Wir werden ein eigener, souveräner Staat nach unseren Vorstellungen. Und ich muss mir Ihrer wirtschaftlichen Hilfe und geistigen Unterstützung gewiss sein. Das ist mein Preis.«
    Der Bankdirektor zündete sich eine Zigarre an und sagte: »Dessen können Sie sicher sein. Wir vergessen keinen, der uns unterstützt hat, General. Ich denke, ich spreche im Namen aller hier Anwesenden.«
    Die Mitglieder des Komitees nickten zustimmend.
    Ein großer, schlanker Mann, Ende 60, mit blondem, schütterem Haar stellte die nächste Frage. Hauptberuflich war er Rechtsanwalt und hatte im Komitee die Funktion des Chefs der Rekrutierungsgruppe Mitteldeutschland-Ost inne. Er war es, der sich am vergangenen Sonntag mit Staatsanwalt Feller in Köln-Rodenkirchen getroffen hatte.
    Â»Um was für ein U-Boot handelt es sich vor der Küste Bornholms? Reagiert unsere Marine auf so etwas nicht?«
    Â»Es ist ein russisches U-Boot«, meinte General Rybakow. »Der Kommandant ist mein Schwager, er denkt genau wie ich. Aus

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