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Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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ist die große Mode“, mischte sich Ungerer ein. „Aber Modeerscheinungen sind kurzlebig.“
    „ Wir werden sehen.“
    „ Ich krieg Sie schon noch klein.“
    Er grinste freundlich und tat so als habe er nur einen rüffeligen Scherz gemacht, aber seine Augen spiegelten Böses, und auf einmal wurde mir etwas klar.
    „ Sie kriegen mich selbst dann nicht klein, wenn Sie mich weiterhin mit Scheinaufträgen schädigen.“
    Er verrenkte den Kopf heftig nach links und rechts und ließ seine Halswirbel knacken, eine bekannte Angewohnheit von ihm, wenn er sich in Verlegenheit fühlte.
    „ Ich weiß nicht, was Sie meinen.“
    Auf einmal war aus dem pseudofreundlichen Geplänkel ein Stellungsgefecht geworden. Forberig sah uns interessiert dabei zu.
    „ Zum Beispiel vor zwei Wochen, da wurde ich in die Elisenstraße 12 bestellt, Samstagabend, 18 Uhr, angeblich eine Geburtstagsfeier bei einem Herrn Gerold Wachter. Die Angaben stimmten alle, nur, dass Herr Wachter im Unterhemd öffnete und von nichts wusste.“
    „ Und?“, fragte Ungerer. Sein Blick verriet unterdrückte Genugtuung. Aber es konnte auch sein, dass ich das hineinlas.
    „ Ein Buffet für 20 Personen. Sie wissen genau, wie lang man da drüber ist und was es kostet.“
    „ Tja, mit telefonischen Aufträgen ist das eben so eine Sache“, meinte Ungerer gespielt gelangweilt. Er sah auf seine Uhr und wollte sich abwenden.
    „ Nichts für ungut, lieber Freund Ungerer, aber das würde zu ihnen passen“, sagte Forberig mit einem Lächeln und wandte sich dann mir zu.
    „ Wie haben Sie das vorhin gemeint?“
    „ Was?“
    „ Mein Auftrag an Sie sei ein seltsamer Zufall.“
    „ Ach... nichts.“
    „ Es war wirklich Zufall. Ich fand eines Ihrer Kärtchen: Veras Bioladen – Neu: Jetzt mit Partyservice. Und in Klammern: Bitte wenden!“
    Ich nickte. War wohl wirklich nur Zufall. Ich hatte einen Schwung meiner Kärtchen über die Stadt verteilt. Auch in dieser Spedition hatte ich am Schalter welche ausgelegt.
    „ Ja, ja, die Dinger fliegen überall herum“, grummelte Ungerer. „Solche Art von Werbung sollte verboten werden. Die reinste Umweltverschmutzung.“
    „ Und eines davon hatte sich in mein Telefonverzeichnis verirrt.“
    Jetzt stutzte ich und horchte auf, was er sofort merkte.
    „ Mein privates... Telefonverzeichnis. Vielleicht ein Zeichen?“, fragte er und zwinkerte mir zu. Was ihn betraf, war mir nun alles klar: Auf den Kärtchen war auch ein kleines Bild von mir. Da wollte jemand zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – dem Metzger eine reinwürgen und zum Nachtisch die Bioladen-Tussi verspeisen.
    „ Vor ein paar Wochen gab ich ein solches Kärtchen einem ehemaligen Mitschüler von mir“, begann ich zögernd.
    „ Oh“, machte er nur und lächelte immer noch in dieser Art dass mir fast die Hand ausrutschte.
    „ Sebastian Forberig heißt er. Könnte da ein Zusammenhang bestehen?“
    Die Reaktion war frappierend. Sebastians Vater machte augenblicklich dicht. Und Ungerer sprang vor Begeisterung auf wie eine Knospe. Er versetzte Forberig einen tröstenden Klaps auf die Schulter.
    „ Ihr missratener Sohn also, mein Freund, kann ja gar nicht anders sein. Soll der einzige an der ganzen Schule gewesen sein, der das Abitur nicht geschafft hat. Also das nenne ich wirklich einen Zufall.“
    „ Wie geht’s denn dem Sebastian?“, fragte ich dazwischen – um abzulenken und weil es mich wirklich interessierte.
    Sein Vater räusperte sich und schüttelte den Kopf.
    „ Der wird sich umschauen“, behauptete Ungerer und schnappte sich einen Olivenspieß.
    „ Wieso?“, fragte ich erschrocken.
    „ Also, das ist jetzt wirklich...“
    Forberig räusperte sich abermals und schaute auf die Uhr. „Hkhmh, es wird unruhig im Saal, ich glaube, wir sollten anfangen.“
    „ Na, weil er jetzt bald auf der Straße sitzt“, griff Ungerer meine Frage auf.
    „ Sie reden Unfug“, ging Forberig dazwischen. Aus seiner peinlichen Verwirrung wurde blanker Zorn.
    „ Ist doch so. Der Papa macht Karriere in Südamerika, die Mama, keine Ahnung... folgt ja wohl irgendwem sonstwohin. Und das Haus ist schon verkauft.“
    „ Sie gehen deutlich zu weit“, knurrte Forberig ihm zu. Ungerer lächelte verträumt, ließ die ausgestreckte Hand zwischen Grünkernbratlingen und Kartoffel-Broccoli-Snacks hin- und herwandern und entschied sich dann für einen Bratling.
    „ Wie man hört, plant er ja eine Weltreise“, amüsierte er sich mit vollem Mund.
    Forberig starrte ihn kurz

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